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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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zu werden, wenn sich Eurydike erst mal entspannte und etwas Selbstsicherheit gewann. Lina fragte sich, was dem Mädchen in seinem kurzen Leben zugestoßen war, das ihm solche Schmerzen bereitet hatte, und nahm sich vor, einmal mit dem kleinen Geist darüber zu sprechen, wenn er sich etwas sicherer fühlte.
    Eurydike hob den Kopf. »Wirklich? Ich darf bei Persephone bleiben?«, fragte sie Hades.
    »Wirklich. Darauf hast du das Wort des Gottes der Unterwelt«, erwiderte Hades feierlich.
    Ihr Gesicht sprühte vor Freude. »Oh, vielen Dank, Hades! Ich verspreche, meiner Göttin wohl zu dienen.«
    Lina hob das Kinn der Kleinen an. »Freunde dienen einander nicht, Eurydike.«
    Das Mädchen dachte kurz nach, ehe es antwortete. »Wenn du mir nicht erlaubst, dir zu dienen, erlaubst du mir dann, auf dich aufzupassen und sicherzustellen, dass du gut versorgt bist?«
    Lina öffnete den Mund, um dem Mädchen zu versichern, dass sie durchaus in der Lage war, für sich selbst zu sorgen, doch Eurydikes verzweifelter Gesichtsausdruck ließ sie innehalten. Offensichtlich brauchte die Kleine eine Aufgabe. Vielleicht war es am besten, zumindest fürs erste, wenn sie beschäftigt war.
    »Ich würde mich geehrt fühlen, wenn du dich um mich kümmern würdest, Eurydike«, sagte Lina und erwiderte die freudige Umarmung. »Meine Mutter hat schon oft gesagt, dass ich einen Aufpasser brauche.« Tatsächlich war es ihre Großmutter gewesen, die diese Bemerkung gemacht hatte, als Lina sich zum zigsten Mal mit Essen bekleckerte – und sie hatte diesen Satz auf Italienisch gesagt, doch Lina unterließ es, den Rest der Geschichte mit Eurydike zu teilen.
    »Wie du sehen wirst, mein Kind, gibt es viele Zimmer in meinem Palast. Du sollst eines in der Nähe deiner Göttin bekommen.« Mit einer ausholenden Handbewegung wies Hades’ Arm nach vorn, und die beiden Frauen schauten auf. »Seht, der Palast des Hades!«
    Sie hatten eine Stelle erreicht, wo es nur noch nach links und rechts ging. Links führte die Straße bald in einen dichten Wald, Hades hatte jedoch auf den Abzweig nach rechts gewiesen. Dort schwang sich der Weg elegant zu einem herrlichen Schloss empor.
    Lina fiel die Kinnlade herunter. Sie befahl sich, den Mund zu schließen, konnte aber nicht anders, als wie ein Bauer Maulaffen feilzuhalten. Das Schloss war aus demselben schwarzen Marmor gebaut wie der Weg, den sie genommen hatten. Es erhob sich über ihnen, reckte eindrucksvolle spitze Türme und seine geschwungenen Dächer mit ihren Brüstungen in den violettblauen Himmel. Auch dieser Palast schien aus einem einzigen Marmorblock gearbeitet zu sein. Große Rundbogenfenster mit Sprossen wurden von innen fröhlich beleuchtet und verliehen dem gewaltigen Bauwerk eine einladende Atmosphäre. Auf der Spitze des höchsten Rundturms flatterte eine große schwarze Flagge. Lina kniff die Augen zusammen und überschattete sie mit der Hand, um zu erkennen, welches Wappen in blitzendem Silber dargestellt war. Auf der einen Seite war ein schmuckvoller Helm abgebildet, auf der anderen ein steigender Hengst. Lina lächelte. Der Hengst kam ihr sehr bekannt vor.
    »Eines der Streitrösser?«, fragte sie Hades und wies auf die Flagge.
    »Ja, das ist Orion.« Hades nickte in Richtung des Leitpferdes, das sich beim Klang seines Namens umdrehte und die Ohren spitzte. »Er ist tatsächlich eines meiner Streitrösser, auch wenn er heute nur in der Theorie streitlustig war.«
    »Ich finde ihn äußerst streitlustig«, bemerkte Eurydike.
    »Da hörst du es«, rief Lina dem schwarzen Hengst zu. Orion schüttelte den Kopf und wieherte als Antwort. »Dein Ruf ist gesichert.«
    Hades stieß ein genervtes Geräusch aus, das Lina ignorierte.
    »Dein Palast ist wundervoll. Ich kann es nicht erwarten, ihn von innen zu sehen«, sagte sie.
    »Er ist ein Wunder, in dessen Genuss nur wenige Unsterbliche gekommen sind.«
    Hades klang wie ein liebevoller Vater, der voller Stolz über sein bevorzugtes Kind sprach, und der Grund leuchtete schnell ein. Lina hatte noch nie etwas Vergleichbares gesehen. Weder unter den alten Herrenhäusern von Tulsa noch in den ehrwürdigen Gebäuden von Florenz.
    Der Gott steuerte den Streitwagen die Straße entlang, die sich um den Palast wand, und als sie um die Ecke bogen, verschlug es Lina die Sprache. Hinter dem Palast erstreckte sich ein terrassenförmig angelegter, wunderschön gepflegter Park. Hübsche Brunnen murmelten fröhlich. Hecken waren in perfekten geometrischen Formen

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