Göttin des Lichts
Gebrechlichen. Himmel, du hast sogar noch alle Zähne. Wenn ich irgendwas über Frauen weiß, dann weiß ich, dass du reif bist für etwas Neues – und dir ist hoffentlich klar, dass ich eine ganze Menge über Frauen weiß.«
»Glaubst du vielleicht, ich stürze mich in irgendeine kitschige Vegas-Wochenend-Affäre?«
V brauchte Pamela nicht mit eigenen Augen zu sehen, um sich ihren streng zusammengepressten Mund vorstellen zu können. »Zur Hölle, nein! Ich mach mir ja keine falschen Hoffnungen. Aber im Ernst, Pammy, ich meine doch nur, es ist Zeit, dass du dich locker machst und dem anderen Geschlecht zumindest mal eine Chance gibt. Bis Montagmorgen hast du nichts zu erledigen, und ich mach dir einen guten Vorschlag: Flirte ein bisschen.«
»Ich soll flirten?«
»Ja, du sollst flirten. Flirten, das heißt schlagfertig und verführerisch mit einem Dreibeiner Konversation machen.«
»Darf ich ihn Dreibeiner nennen?«, kicherte Pamela.
»Nur wenn du dich meinem Team anschließen möchtest.«
»Wäre vielleicht einfacher.«
»Noch so ein heterosexueller Mythos über homosexuelle Beziehungen. Aber wir reden jetzt nicht über mein erbärmliches Liebesleben, sondern über dein nicht vorhandenes. Pammy, du bist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Du sollst ja nicht gleich mit einem ins Bett hüpfen, sondern nur in deiner Einstellung ein bisschen freier werden. Sehen, ob du nicht wenigstens mit einem einzigen Mann anders als nur geschäftlich zu tun haben möchtest.«
Natürlich hörte Pamela die Sorge im Ton ihrer Freundin. Hatte sie seit ihrer Scheidung mit Männern wirklich ausschließlich als Geschäftspartner kommuniziert? Sie brauchte die Frage in Gedanken nicht mal fertig zu formulieren, sie kannte die Antwort nur allzu gut. Während sie darüber nachdachte, spürte sie, wie sich plötzlich Wut in ihr breitmachte. Duane wäre begeistert, wenn er wüsste, dass sie sich in eine asexuelle Workaholic-Frau verwandelt hatte. Dann hätte er sie von fern immer noch unter Kontrolle.
»Flirten«, sagte Pamela.
»Flirten«, wiederholte V streng.
»Okay, du hast wahrscheinlich recht.« Pamela zwang sich, fröhlich zu klingen. »Ich hab zu viel gearbeitet. Ich werde dieses Wochenende als kleine Flucht vor der realen Welt nutzen und diesen Job als ein Abenteuer ins Reich der Phantasie.«
»Und vielleicht sogar ein bisschen zocken?«, drängelte V.
»Vielleicht … ein bisschen.«
4
»Moderne Sterbliche sind seltsam«, sagte Artemis zu ihrem Bruder, während sie zusah, wie eine Reihe älterer, nicht sonderlich eleganter Damen die Hebel an einer Reihe von Maschinen bedienten, die blitzten und klickten und alberne Dinge wie »Glücksrad« blökten. »Es sieht fast so aus, als würde das Glitzern und Funkeln der Kästen sie verhexen.«
»Das sind Spielautomaten«, korrigierte Apollo sie.
Fragend sah Artemis ihn an.
»Erinnerst du dich nicht, was Bacchus gesagt hat? Diese Kästen nennt man Spielautomaten.«
»Spielautomaten oder blinkende Kästen, was macht das für einen Unterschied? Überlassen wir es doch Bacchus, sich nach den Gebräuchen der Sterblichen zu richten.«
Eine Frau mittleren Alters in Leggings und einem applizierten Sweatshirt hielt inne, um der Göttin einen grimmigen Blick zuzuwerfen, ehe sie ihre Maschine erneut mit Geld fütterte. Apollo führte seine Schwester am Ellbogen außer Hörweite der Automatenreihe.
»Du solltest so was nicht sagen, wenn jemand dich hören kann. Und sei nicht so streng mit Bacchus! Du weißt doch, dass Zeus ihm befohlen hat, uns die Sitten der modernen Sterblichen zu erklären, damit wir uns leichter unter sie mischen können.« Apollo machte eine Pause, um zu beobachten, wie ein Mann in einem protzigen, mit Glitzersteinen besetzten weißen Jumpsuit eine Gruppe von Frauen in begeistertes Kreischen versetzte, indem er die Hüften schwang und etwas davon sang, dass er »
All shook up
« war. Er sah tatsächlich etwas durcheinander aus.
»Ich bin jedenfalls froh, dass Bacchus diese Welt versteht, denn für mich ist hier vieles ein Rätsel.«
»Na schön. Wenn du dann aufhörst zu schmollen, bekommt die Frau von mir ein Geschenk, das meine Unfreundlichkeit mehr als aufwiegen müsste.« Mit einem leichten Schnipsen ihrer langen, schmalen Finger brachte Artemis die Bilderleiste des Automaten dazu, in einer einheitlichen Reihe von Kirschen stehenzubleiben. Prompt quietschte die Frau vor Freude und sprang auf, während der Apparat blinkte und ein Sirenengeheul sie als
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