Goettin in Gummistiefeln
Ben«, sagt Iris leise.
»Sonntags trinken wir immer auf Dad«, erklärt Nathaniel.
»Ach.« Nach kurzem Zögern erhebe ich ebenfalls mein Glas.
»So, dann wollen wir mal.« Iris Augen glänzen feucht, als sie ihr Glas abstellt.
»Der Augenblick der Wahrheit.« Sie probiert vom Hähnchen. Nervös beobachte ich, wie sie kaut.
»Sehr gut.« Sie nickt. »Wirklich sehr gut.«
Ich strahle, ich kann nicht anders. »Echt? Ist es gut?«
Iris erhebt ihr Glas. »Der Groschen ist gefallen. Zumindest in puncto Brathähnchen zubereiten.«
Ich genieße das warme Licht der Abendsonne und rede nicht viel, höre hauptsächlich den anderen beiden zu. Sie erzählen mir alle möglichen Geschichten über Trish und Eddie, wie sie einmal das örtliche Kirchlein kaufen und in eine Pension umwandeln wollten, und ich kann nicht anders, ich muss lachen. Nathaniel beschreibt mir, was er noch aus dem Garten der Geigers machen will. Später zeichnet er eine Skizze von der Lindenallee, die er auf Marchant House angelegt hat. Wenn er in Fahrt kommt, werden seine Striche schneller und der Bleistiftstummel wirkt in seiner Pranke geradezu zwergenhaft. Iris fällt auf, wie ich ihm bewundernd zusehe, und deutet auf ein Aquarell an der Wand, auf dem der Dorfteich zu sehen ist.
»Ben hat das gemalt.« Sie weist mit einem Nicken auf Nathaniel. »Er schlägt seinem Vater nach.«
Alle sind so entspannt, so locker, ganz anders als bei den Mahlzeiten bei uns zu Hause. Niemand hängt am Telefon. Niemand muss schnell weg zu irgendwelchen Terminen. Ich könnte den ganzen Abend hier sitzen.
Als sich das Essen dann schließlich doch dem Ende zuneigt, räuspere ich mich.
»Iris, ich möchte dir noch einmal von ganzem Herzen danken.«
»Ach, hat mir Spaß gemacht.« Iris schiebt sich ein Stück Pflaumenkuchen in den Mund. »Ich finde es herrlich, wenn ich jemanden rumkommandieren kann.«
»Nein, ehrlich, ich bin dir so dankbar. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.«
»Nächstes Wochenende machen wir Lasagne. Und Gnocchi!« Iris nimmt einen Schluck Wein und tupft sich den Mund ab. »Ein italienisches Wochenende. Das ist die Idee.«
»Nächstes Wochenende?« Ich starre sie erstaunt an. »Aber -«
»Du glaubst doch wohl nicht, dass du schon ausgelernt hast?« Sie lacht laut auf. »Wir haben gerade erst angefangen!«
»Aber ... ich kann doch unmöglich deine ganzen Wochenenden ...«
»Ich lasse dich noch nicht von der Leine«, erklärt sie fröhlich. »Dir bleibt nichts anderes übrig. Also, wo brauchst du noch Hilfe? Beim Putzen? Beim Waschen?«
Verlegen druckse ich herum. Offenbar hat sie von dem gestrigen Fiasko gehört.
»Ich weiß nicht, wie man mit der Waschmaschine umgeht«, gestehe ich schließlich schamrot.
Sie nickt. »Okay, ich komme vorbei, wenn sie aus dem Haus sind, und sehe mir das Ding mal an.«
»Und ich kann keine Knöpfe annähen ...«
»Knöpfe.« Sie nimmt Papier und Bleistift zur Hand und schreibt sich alles auf. »Und kannst du nähen? Einen Saum umnähen?«
»Äh ...«
»Nähen«, schreibt sie auf. »Was ist mit bügeln?« Sie blickt gespannt auf. »Du wirst doch sicher bügeln können. Oder wie hast du dich da rausgewunden?«
»Ich bringe die Wäsche zu Stacey Nicholson«, gestehe ich. »Aus dem Dorf. Sie nimmt drei Pfund pro Hemd.«
»Stacey Nicholson?« Iris legt empört den Stift weg. »Diese Göre?«
»In ihrer Anzeige stand, sie hätte langjährige Erfahrung im Bügeln.«
»Sie ist fünfzehn!« Iris schiebt empört den Stuhl zurück. »Samantha, du wirst nicht Stacey Nicholson dein Geld in den Rachen stopfen, damit sie dir die Bügelwäsche abnimmt! Du wirst selbst bügeln.«
»Aber ich habe noch nie -«
»Ich bring‘s dir bei. Jeder Idiot kann bügeln.« Sie greift in eine kleine Abstellkammer und holt ein altes Bügelbrett mit Blümchenmuster heraus. »Was hast du zu bügeln?«
»Hauptsächlich Mr. Geigers Hemden«, sage ich, mit einem nervösen Blick aufs Bügelbrett.
»Also gut.« Sie steckt das Bügeleisen an und dreht am Temperaturschalter. »Heiß für Baumwolle. Warte, bis das Licht ausgeht. Es hat keinen Zweck, mit lauwarmem Bügeleisen anzufangen. Also, ich zeige dir jetzt, wie man ein Hemd bügelt ...«
Stirnrunzelnd wühlt sie in dem kleinen Kämmerchen in einem Haufen Bügelwäsche herum. »Hemden ... Hemden ... Nathaniel, zieh mal kurz dein Hemd aus.«
Ich erstarre. Nathaniel wirkt ebenfalls entsetzt.
»Mum!« Er stößt ein verlegenes Lachen aus.
»Ach, jetzt hab dich nicht
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