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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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ich? Warum packe ich nicht auf der Stelle meine Sachen und fahre nach London zurück?
    Während ich so zusammengesunken am Tisch sitze, dringt ein dezentes Klopfen an mein Ohr. Ich blicke auf und sehe Nathaniel in der offenen Hintertür lehnen, den Rucksack über der Schulter. Sofort muss ich an seine Abfuhr von heute früh denken. Ohne es zu wollen, drehe ich meinen Stuhl ein wenig von ihm ab und verschränke die Arme.
    »Hi«, sage ich mit einem leichten Schulterzucken, das ihm Folgendes zu verstehen geben soll: Falls du glaubst, dass ich was von dir will, Freundchen, bist du auf dem Holzweg.
    »Ich dachte, ich schaue mal vorbei, um zu sehen, ob du vielleicht Hilfe brauchst.« Sein Blick gleitet über die Platten voll unberührtem Essen. »Was ist passiert?«
    »Sie wollten es nicht. Sind zum Essen ausgegangen.«
    Nathaniel starrt mich einen Moment lang reglos an, dann schließt er kurz die Augen und schüttelt den Kopf. »Nachdem du den ganzen Tag in der Küche gestanden bist und dich für sie abgerackert hast?«
    »Es ist ihr Essen. Ihr Haus. Sie können machen, was sie wollen.«
    Ich versuche, es möglichst sachlich zu sagen, als würde es mir überhaupt nichts ausmachen, doch meine Enttäuschung ist so groß, dass ich sie nicht ganz verbergen kann. Nathaniel stellt seinen Rucksack ab, geht zum Fischbräter und inspiziert die Seebrasse. »Sieht lecker aus.«
    »Nein, sieht aus wie verkochter Fisch in geronnener Soße«, korrigiere ich ihn.
    »Genau wie ich ihn mag.« Er grinst, aber mir ist das Lachen vergangen.
    »Dann nimm dir ruhig.« Ich wedle mit der Hand in Richtung all der Platten und Töpfe. »Sonst mag es ja keiner.«
    »Also gut. Wäre eine Schande, all das gute Essen verkommen zu lassen.« Er nimmt sich von allem und häuft sich seinen Teller geradezu lächerlich voll, schenkt sich ein Glas Wein ein und nimmt mir gegenüber am Tisch Platz.
    Einen Moment lang sagt keiner von uns etwas. Ich schaue ihn nicht einmal an.
    »Auf dich.« Nathaniel erhebt sein Glas. »Gratuliere.«
    »Schon gut.«
    »Nein, im Ernst, Samantha.« Er wartet geduldig, bis ich mich dazu überwinde, ihn anzusehen. »Ob sie‘s nun gegessen haben oder nicht, das ist eine echte Leistung. Ich meine, verflucht noch mal.« Sein Mund zuckt. »Weißt du noch das letzte Essen, das du hier gekocht hast?«
    Jetzt muss ich doch ein wenig lächeln. »Das Lamm des Grauens, meinst du.«
    »Diese Kichererbsen. Die werde ich nie vergessen.« Mit einem fassungslosen Kopfschütteln probiert er vom Fisch. »Der Fisch ist übrigens sehr gut.«
    Ich muss an jene kleinen, verkohlten Kügelchen denken, an mich selbst, wie ich wie ein aufgescheuchtes Huhn in der Küche herumgeflattert bin, die verunglückten Baisers, wie alles auf den Boden tropfte ... unwillkürlich überkommt mich der Drang zu kichern. Ich habe seitdem schon so viel gelernt.
    »Also, wenn du nicht versucht hättest, mir zu helfen«, sage ich schließlich, »wäre das Ganze auch gut gegangen. Hatte alles unter Kontrolle. Bis du aufgetaucht bist.«
    Nathaniel legt kauend die Gabel beiseite. Einen Moment lang schaut er mich nur an, die Augenwinkel ein wenig gekräuselt ... als würde er sich über etwas amüsieren. Ich spüre, wie mir eine verräterische Röte in die Wangen kriecht, und als ich nach unten blicke, sehe ich, dass meine Hände mit den Handflächen nach oben auf dem Tisch liegen.
    Und ich habe mich vorgebeugt, wie ich mit jähem Entsetzen feststelle. Meine Pupillen haben wahrscheinlich inzwischen Untertassengröße. Ich könnte nicht klarer signalisieren, dass ich in ihn verknallt bin, als wenn ich mir mit Filzstift »ich liebe dich« auf die Stirn geschrieben hätte.
    Hastig lege ich meine Hände in den Schoß, setze mich gerade hin und lege einen frostigen Gesichtsausdruck auf. Ich habe ihm den Vorfall von heute Vormittag noch längst nicht verziehen. Im Gegenteil, ich hätte gute Lust, ein, zwei Bemerkungen dazu zu machen.
    »Also«, hebe ich an, gerade als Nathaniel ebenfalls etwas sagen will.
    »Bitte«, sagt er und nimmt einen Bissen Fisch. »Nach dir.«
    »Tja.« Ich räuspere mich. »Nach unserem ... Gespräch heute Morgen wollte ich nur sagen, dass du ganz Recht hast. Ich sollte mich nicht so schnell wieder auf etwas Neues einlassen. Ich bin weder bereit noch interessiert. Nicht im geringsten.«
    So. Das hat gesessen. Ich weiß zwar nicht, wie überzeugend das geklungen hat, aber zumindest habe ich auf diese Weise ein wenig Würde zurückgewonnen.
    »Und - was

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