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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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Überlassen Sie alles mir!«
    O nein. Das wird ja immer schlimmer.
    »Ich will aber gar keine zusätzlichen Abschlüsse, Sir«, brumme ich mit hängendem Kopf. »Ich bin zufrieden, so wie ich bin. Aber trotzdem vielen Dank.«
    »Ich werde ein Nein nicht akzeptieren!«, ruft Eddie erregt aus.
    »Sie müssen nach Höherem streben, Samantha!«, sagt Trish mit jäher Leidenschaft und packt mich am Arm. »Sie müssen die Chancen ergreifen, die Ihnen das Leben bietet! Greifen Sie nach den Sternen!«
    Ich blicke von einem Gesicht zum anderen und ich kann nicht anders - ich bin tief berührt. Die beiden wollen wirklich nur das Beste für mich.
    »Ah ... na ja ... vielleicht.« Verstohlen mache ich mir die Glitzeranhänger und den sonstigen Christbaumschmuck ab und schmuggle ihn ins Schmuckkästchen zurück. Dann schaue ich Nathaniel an, der geduldig auf der Türschwelle gewartet hat. »Sollen wir gehen?«
    »Also, was war da eben los?«, erkundigt er sich, als wir die Dorfstraße entlangschlendern. Die Luft ist mild und warm, meine Haare wippen und mit jedem Schritt kann ich meine Fußnägel sehen, die ich mit Trishs rosa Nagellack lackiert habe. »Du bist ein Mathematikgenie?«
    »Nein.« Ich lache unwillkürlich auf. »Natürlich nicht!«
    »Was dann? Was hast du so gemacht?«
    »Och ... das willst du gar nicht wissen.« Ich schenke ihm ein wegwerfendes Lächeln. »Alles furchtbar öde.«
    »Das kannst du jemand anders weismachen.« Sein Ton ist leichtfertig, aber beharrlich. »Hattest du einen anderen Beruf? Ich meine, bevor du hierher gekommen bist?«
    Ich gehe ein Stück, ohne etwas zu sagen, die Augen auf den Weg geheftet. Ich überlege, was ich sagen soll. Ich kann Nathaniels bohrende Blicke fühlen, doch ich drehe den Kopf von ihm weg.
    »Du willst nicht drüber reden«, sagt er schließlich.
    »Es ist ... nicht so leicht.«
    Nathaniel stößt geräuschvoll die Luft aus. »War es so schlimm?«
    O Gott, er hält mich noch immer für eine geprügelte Ehefrau.
    »Nein! Das ist es nicht.« Ich fahre mir erregt durch die Haare. »Es ist ... einfach eine ziemlich lange Geschichte.«
    Nathaniel zuckt die Achseln. »Wir haben den ganzen Abend.«
    Als ich in seine Augen schaue, so ruhig, so verlässlich, empfinde ich das plötzliche Bedürfnis, mich ihm anzuvertrauen, ihm alles zu sagen. Wer ich bin, was passiert ist, wie schwer alles war. Wenn es einen Menschen gibt, dem man vertrauen kann, dann ihm. Er würde zu niemandem etwas sagen. Er würde mein Geheimnis hüten.
    »Also.« Er bleibt mitten auf der Straße stehen, die Daumen in die Jeanstaschen gehakt. »Wirst du mir jetzt sagen, wer du bist?«
    »Vielleicht«, antworte ich schließlich mit einem kleinen Lächeln. Nathaniel lächelt zurück, wobei seine Augen wieder diese schönen Lachfältchen bekommen.
    »Aber nicht jetzt.« Ich blicke mich auf der im goldenen Abendlicht daliegenden Straße um. »Es ist ein zu schöner Abend, um ihn mit Schauergeschichten zu verderben. Ich werde es dir ein andermal erzählen.«
    Wir gehen weiter, kommen an einer über und über mit Kletterrosen bewachsenen Mauer vorbei, und als ich den köstlichen Duft tief einatme, überkommt mich ein Gefühl unbändiger Freude. Auf der Straße tanzen goldene Sonnenflecken und die letzten Strahlen der Sonne berühren warm meine Schultern.
    »Tolle Haare übrigens«, bemerkt Nathaniel.
    »Oh, danke.« Ich lächle bescheiden. »Ist nichts weiter.« Flick.
    Wir schlendern auf die Steinbrücke und bleiben einen Moment stehen, um auf den Fluss hinunterzublicken. Moorhühner tauchen im Schilf unter, und das Wasser glitzert bernsteinfarben in der tief stehenden Sonne. Ein Touristenpärchen macht Fotos, und ich bin plötzlich richtig stolz. »Ich wohne hier«, hätte ich am liebsten zu ihnen gesagt, »hier an diesem herrlichen Ort. Ich bin kein Besucher«.
    »Also, wo soll‘s hingehen?«, erkundige ich mich beim Weitergehen.
    »Ins Pub«, antwortet er. »Wenn‘s dir recht ist?«
    »Klar!«
    Beim Näherkommen sehe ich, dass vor dem Bell schon eine Menge Leute rumstehen. Einige haben sich an die Holztische gesetzt, die vor dem Pub stehen.
    »Was machen die?«, frage ich ratlos.
    »Warten«, antwortet er. »Der Wirt hat sich verspätet.«
    »Ach so.« Ich blicke mich um, aber die Tische sind schon alle besetzt. »Wir können uns hier hinsetzen.«
    Ich setze mich auf ein altes Fass - aber Nathaniel ist schon auf dem Weg zur Tür des Pubs.
    Und dann ... wie eigenartig. Alles weicht zurück, um ihn

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