Goettin meines Herzens
Situation zählte.
„Ebenso wie du mich gewiss ruinieren wirst, mein Schatz“, entgegnete er. Trotz seiner wütend kämpferischen Stimme stand seltsamerweise so etwas wie Furcht in seinen dunklen Augen.
„Falsch“, sagte sie ernst, plötzlich nicht mehr in der Lage ihre Zunge davon abzuhalten, all die Gedanken zu äußern, die ihr im Kopf herumgingen. „Du verachtest mich.“
„Wenn ich das nur könnte, Venus“, erwiderte er knapp, mit einem Anflug des maliziösen Lächelns, auf das sie insgeheim gewartet hatte.
Sie beobachtete, wie er sich besorgt ihre Verletzung besah und spürte, wie ein eigentümliches Gefühl der Gleichgültigkeit immer mehr von ihr Besitz ergriff. Wenigstens half es ihr, den Schmerz zu verdrängen, und sie fragte sich mit schwindenden Sinnen, ob es wahrhaftig Sorge war, die sie in seinen dunklen Augen las, dieweil er unendlich behutsam die blutige Wunde an ihrem Arm untersuchte.
„Du wirst es überleben, Miranda“, versicherte er ihr nach einem langen Augenblick der unerträglichen Qualen, die ihr diese Verletzung mittlerweile bereitete. „Wenn du das ganz gewiss auch nicht dir zu verdanken hast, würde ich meinen.“
„Warum muss immer ich an allem schuld sein?“, scherzte sie schwach, ehe sie sich widerwillig der lauernden Dunkelheit übergab, die sie in einen seltsamen Strudel der samtenen Schwärze zog.
Grimmig den Drang ignorierend, aus überstandener Angst und schierer Erleichterung unmännlich zu ihren Füßen in Ohnmacht zu sinken, versorgte Kit die Wunde mit dem vernünftig großen Stofftaschentuch, das er überraschenderweise in ihrer Tasche fand, und band die improvisierte Bandage mit seinem Krawattentuch fest.
Als er den unverwechselbaren Knall des Pistolenschusses vernahm und sie vom Pferd stürzen sah, hatte er gedacht, sein Herz müsse in tausend Stücke bersten, die Welt untergehen, wenn sie nicht mehr darin weilte, obwohl dies natürlich völlig ausgeschlossen war, da er sie dafür erst einmal in sein Herz lassen müsste. Dazu aber war er nicht bereit. Nein, er würde Miranda Alstone seine Leidenschaft schenken, seine Fürsorge, sogar seinen Namen geben, sein Herz aber gehörte ihm allein. Überhaupt wusste jeder, dass Kit Alstone kein Herz besaß, also lief er auch keine Gefahr, es an die Frau zu verlieren, die er zu heiraten gedachte.
Er betrachtete ihr blasses, starres Gesicht und fühlte, wie das Organ, das er gerade verleugnet hatte, rasend schlug, bevor es sich unvermittelt wieder beruhigte. Was nur zeigt, dass es nicht genug Worte gibt, um die komplizierten Empfindungen eines Mannes zu beschreiben, sagte er verstimmt zu sich selbst Er öffnete den obersten Knopf ihres Kleides, zog seine Reitjacke aus, rollte sie zusammen und legte sie als Kissen unter ihren Kopf. Die üppige Masse ihres glänzenden Haars löste sich bereits aus dem Netz, mit dem man sie vergeblich zu bändigen gesucht hatte.
Seinen Mund umspielte ein zärtliches Lächeln, als er die widerspenstigen Locken dieser ebenso widerspenstigen Frau betrachtete. Unwillkürlich beugte er sich vor und küsste ihre schneeweiße Stirn. Das Gefühl ihrer seidenweichen Haut genießend, wiederholte er behutsam die sanfte Liebkosung. Sie war keine dieser Frauen, die eine Ohnmacht vortäuschten, um den männlichen Beschützerinstinkt zu wecken und sie beide in eine kompromittierende Situation zu bringen, also würde sie auch niemals davon erfahren. Er sah, wie sie die Stirn runzelte, als ob sie das Bewusstsein wiedererlangen würde, und setzte sich neben sie. Sein Blick ruhte auf ihrem bleichen Gesicht, dem man den Schmerz selbst in der Ohnmacht deutlich ansah. Wie eine Welle überflutete ihn der Wunsch, sie zu beschützen, sodass er mit geballten Fäusten aufsprang, um nach dem Drachen Ausschau zu halten, den er für sie zur Strecke bringen wollte.
Sogleich besann er sich aber eines Besseren und versuchte, seine berüchtigte kühle Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. Wenn tatsächlich jemand sie als Zielscheibe auserkoren hatte, dann durfte er sie nicht in ihrer Ohnmacht hilflos allein zurücklassen, konnte es wegen ihrer Verletzlichkeit nicht wagen, den Ort nach dem Heckenschützen abzusuchen, um ihn dingfest zu machen. Versucht, sich mit verschränkten Armen über ihren ohnmächtig darniederliegenden Körper zu stellen und unzivilisiert laut für jeden, der es hören wollte, „Sie ist die meine!“ zu schreien, sank er wieder neben ihr auf den Boden. In gewissen Situationen muss man seinen
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