Goettin meines Herzens
Junge mehr, und keinesfalls ähnelte er seinem Vater. Dafür hatten die Jahre, in denen er stets darauf achtete, das Gegenteil von dem zu tun, was Bevis Alstone getan hätte, gesorgt.
Möglicherweise hatte auch sein verzweifeltes Verlangen nach ihr in der Nacht ihrer ersten Begegnung den Gedanken an Liebe viel zu lange aus seinem Kopf verdrängt. Jetzt aber hatte er sich seine wahren Gefühle für sie endlich eingestanden und die tapferste, aufrichtigste Frau der Welt erwiderte seine Liebe! Hingerissen zwischen Frohlocken, Wut und Angst schlenderte er weiter, versuchte seine Empfindungen zu ordnen. Wie konnte er anders als frohlocken, wenn eine Frau, die in jeder Hinsicht begehrenswert war, zugab, ihn zu lieben? Andererseits, wie konnte er keine Wut verspüren, bei dem Gedanken, wie brutal man sie behandelt hatte, oder welch finstere Ränke ihre Widersacher gegen sie schmiedeten?
Dann war da noch die dunkle Furcht, sie zu verlieren, die ihn nicht mehr verlassen wollte, seit man sie bei ihrem gemeinsamen Ausritt angeschossen hatte. Er spürte die Kugel so deutlich, als wäre sie in sein eigenes Fleisch gedrungen. Ach, hätte sie es nur getan. Er rieb sich über den Arm, als ob er dadurch Mirandas Schmerz auf sich übertragen könnte, während er wie ein Tiger in Gefangenschaft den Gartenweg auf und ab lief.
Hatte er ihren Angreifer erst einmal entlarvt, würde er sie schon von ihrem törichten Entschluss, ihn um seines Besten willen zurückzuweisen, abbringen, denn er wusste, dass er sich ohne sie nie wieder wohlfühlen würde.
Zu viel stand auf dem Spiel, er hatte keine Zeit, hier herumzuspazieren, während jemand entschlossen schien, dem Leben seiner Liebsten ein Ende zu setzen! Soeben wollte er in sein Schlafgemach gehen, um einen ungeduldigen Brief an seinen Freund und Geschäftspartner zu schreiben, als Coppice auf ihn zukam.
„Sie haben Besuch, Mylord“, sagte er zögernd.
„Dann nennen Sie mir seinen Namen, und sagen Sie mir, wo ich ihn finde, damit ich ihn begrüßen kann.“
„Wenn es nur so einfach wäre, Mylord. Der Gentleman, wie ich ihn vermutlich nennen sollte, bestand darauf, zunächst selbst sein Pferd abzusatteln und zu versorgen.“
„Dann weiß ich nur zu gut, um wen es sich handelt. Der Spitzbube ist mir sehr willkommen. Führen Sie ihn in die Bibliothek, sobald er damit fertig ist, und sorgen Sie dafür, dass wir nur gestört werden, wenn das Haus einstürzt oder es einen weiteren Anschlag auf Mrs. Braxton gegeben hat.“
„Sehr wohl, Mylord“, sagte Coppice zurückhaltend und wandte sich ab, um seinen Auftrag gewissenhaft auszuführen, denn einen Gentleman, der liebt, muss man mit Nachsicht behandeln, erklärte er später der Haushälterin mit bedeutungsvoller Miene.
16. KAPITEL
„Zeit aufzustehen, Miss Miranda“, verkündete Leah munter, während sie ihre Herrin so unbarmherzig aufweckte, wie sie zuvor darauf bestanden hatte, dass sie versuchen sollte, etwas Schlaf zu finden.
Mit lautem Rasseln, das selbst Taube hätte wecken können, zog sie die Bettvorhänge zurück, worauf Miranda sich ins Unvermeidliche fügte. Sich im Bett aufrichtend, wunderte sie sich darüber, dass sie tatsächlich mehrere Stunden tief geschlafen hatte.
„Ich wollte doch nur kurz ausruhen“, sagte sie schläfrig.
„Nach dem gestrigen Tag haben Sie einige Stunden Schlaf bitter nötig gehabt“, entgegnete Leah unbekümmert.
Miranda fügte zu ihrer Liste von Gründen, warum der Abschied von Wychwood diesmal noch schmerzvoller sein würde als das letzte Mal, den Grund hinzu, dass sie ihre Freundin sehr vermissen würde. Über trübseligen Gedanken zu brüten und daran zu denken, dass ihr eine Zukunft voller guter Taten und aufgesetzter Fröhlichkeit bevorstand, versetzte sie nicht gerade in die richtige Stimmung, ihre aufgewühlten Gefühle vor Tante Clarissa und Cousine Celias kalten musternden Blicken zu verbergen. Sie schüttelte den Gedanken an die einsam vor ihr liegende Zukunft so gut wie möglich ab, rekelte sich ausgiebig und stieg aus dem Bett, um sich auf einen weiteren anstrengenden Abend mit der lieben Verwandtschaft vorzubereiten.
Celia und Lady Clarissa nach dem gestrigen Tumult gegenüberzutreten, versprach eine wahre Tortur zu werden, besonders in Anbetracht der dunklen Vermutungen, die gegen die beiden in ihr keimten. Den Augenblick so lange wie möglich hinauszuzögern, war feige, wenn auch sehr verlockend, befand sie, und widmete ihre Aufmerksamkeit der kritischen Frage des
Weitere Kostenlose Bücher