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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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die Müdigkeit in jeder Zelle ihres Körpers. Am liebsten hätte sie sich hingelegt und nur noch geschlafen. Stattdessen stolperte sie ein ums andere Mal bei der Abrechnung über die Zahlen, musste noch mal von vorn zu zählen beginnen. Und über all dem Bargeld eine Leere, düstere Leere.
    Müde schob sie endlich Münzen und Scheine in den Tresor. Schon dreiviertel sieben. Um halb acht sollte die ›geistreiche‹ Buchpräsentation beginnen. Einmal durchschnaufen, noch einmal. Ooooom! Und los! Alles wird gut!
    Ein schneller Rundgang durch den Literatursalon. Alles war vorbereitet, mit Lieselottes Hilfe, trotz der knappen Zeit. Das kleine, erhöhte Podium, Kerzen, die Leselampe. Berenike knipste sie an und aus. Perfekt. Ein Glas und ein Krug frisches Wasser, in das sie besondere Kristalle gelegt hatte, um es von Umweltgiften zu reinigen und energetisch aufzuladen. Tische mit Plätzen für an die 50 Gäste – mal sehen, wie viele an diesem Abend den Weg herfinden würden. Sylvie kannte eine Menge Leute, ›Pessoas Erben‹ hatten ihre Fans. Das Wetter war ideal, trocken und kühl, jedoch nicht allzu kalt. Es würde nicht vom Kommen abhalten.
    Hinten im Raum das Buffet, Sandwiches, Teetassen, Teller. Daneben, auf demselben Tisch, Sylvies Bücher, zu einer hübschen Pyramide aufgebaut. ›Sechster Sinn – siebter Himmel‹, ein nachtblaues Cover mit rosa Sternen auf violettem Tischtuch – hübsch. Nur dass man den Buchtitel schwer lesen konnte, weil er zu dunkel war.
    Und da war schon Sylvie, allein, in einen blauen Kaftan gehüllt, passend zum Buch. Sie ließ ihre Fingerspitzen über ihren Roman gleiten. Ihr Blick schien dunkel zu werden wie das Blau auf ihrem Buch. »Das sind alle Exemplare?«
    »Ja«, sagte Berenike und streckte die Hand aus. Dabei versetzte es ihr im Kreuz einen plötzlichen Stich. Sie stützte sich am Tisch ab.
    »Schmerzen?«
    Berenike nickte. »Der Rücken. Kennst du sicher. Wird bestimmt bald gut.«
    »Du solltest zu Anniko gehen. Eine unglaubliche Masseurin und echte Zauberkünstlerin. Sie deckt die verstecktesten Probleme auf und die seelischen Hintergründe für unsere Leiden.«
    »Ja?«
    »Ja. Unbedingt. Sie macht sogar Rückführungen. Viele Unannehmlichkeiten haben mit einem früheren Leben zu tun, weißt du.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, unbedingt.« Sylvie wiederholte sich.
    »Mal schauen«, sagte Berenike, »wenn’s nicht bald besser wird, mach ich das. Danke für den Tipp.«
    Sylvie blickte Berenike noch einmal lange an und wandte sich der Bücherpyramide zu.
    Hinter ihr tauchte Stefan auf, Sylvies Liebster. Der Geschichten schreibende Bademeister war mit seinen ausgefransten Jeans wie immer leger gekleidet – zu leger für einen Abend wie diesen. Und ganz besonders im Vergleich zu seiner Freundin Sylvie. Das spiegelte sich in Sylvies Augen, wurde zum Vorwurf darin, den diese jedoch nicht aussprach. Er nahm wie nebenbei ein Exemplar des Romans in die Hand, ein kleiner dunkelblauer Ziegel in seinen großen Händen. Ließ die Seiten durch die Finger gleiten, ohne zu lesen. Er musste das Buch kennen – zumindest nahm Berenike das an. Erwartungsvoll lächelte Sylvie ihn an.
    »Hübsch«, sagte er und sah sich um, die Mundwinkel herabgezogen. Legte das Buch schief auf den Stapel zurück, wandte sich ab. Stefan gehörte von Anfang an zur Autorengruppe. Aber seit er vor Jahren ein Hörbuch rausgebracht hatte, das er Berenike aufgedrängt hatte (und bei dem sie immer einschlief …), war es still um ihn geworden.
    Berenike korrigierte die Anordnung der Bücher. Der Schmerz im Rücken ließ langsam ein wenig nach. Lächeln, Berenike, lächeln!
    »Ich bin schon gespannt, wer aller kommt«, überlegte Sylvie laut und sah weiter Stefan an. Der antwortete nicht.
    »Schau«, sagte Berenike, halb aus Mitleid, zu Sylvie, »gefällt dir dein Leseplatz?« Sie ging langsam mit ihr zu dem Pult. Stefan blieb zurück.
    »Danke, das sieht fein aus.« Sylvie betrachtete eingehend den Sessel, den Tisch, das Wasser, drehte sich nach Stefan um.
    »Da bist du ja, Sylvie!« Alma war die erste Besucherin. Die Glöckchen an der Tür bimmelten leise hinter ihr. »Gelungener Roman, Sylvie, ich gratuliere! Ich habe ihn an einem einzigen Tag verschlungen. Stefan muss stolz auf dich sein, nicht wahr?«
    Sylvie lächelte. Lächelte und lächelte. Sie wusste auch, dass man sich auf diese Weise Freunde schuf, sich sympathisch machte, das hatte sie gelernt. Der Salon füllte sich schnell. Franziska trat ein. Ach!

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