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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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herumdrehte, bauschte sich ihr blauer Kaftan. Sie bat Berenike, den Raum abzudunkeln. Gesagt, getan. Alle tuschelten wie die Teenies im Kino, eine hohe weibliche Stimme quietschte auf, ging in Kichern über. Sylvie entzündete mit großer Geste mehrere Kerzen. Man merkte ihr direkt an, was sie dachte: Ich werde den Mörder präsentieren. Und berühmt werden . Und tausende Bücher verkaufen. Stefan an der Seite des Podiums, angeleuchtet von den Kerzen, verschränkte die Arme und drehte sich zu Alma.
    Sylvie bat mit ihrer jugendlichen und doch reif wirkenden Stimme um sechs Freiwillige. Gemeinsam mit ihnen wollte sie die Geister der Ermordeten, Monika und Bernd, beschwören, erklärte sie ihrem Publikum. Nach einem kurzen Moment meldeten sich einige Leute, darunter Franziska und Helena. Sylvie bat sie, vorn um einen Tisch Platz zu nehmen. Sie zeigte einen großen Bogen Papier her, beschriftete ihn mit allen 26 Buchstaben des Alphabets und den Zahlen von 0 bis 9, den sie in die Mitte der Tischplatte legte. Dann ergriff sie ein leeres Glas und stellte es umgedreht auf den Tisch, auf das beschriftete Papier.
    »Gut«, erklärte Sylvie, »diese Menschen werden mit mir die Geister der Toten willkommen heißen. Ihr haltet bitte jeweils einen Finger über das Glas, ohne es zu berühren, seht ihr, so.« Sylvies Zeigefinger schwebte knapp über dem Glas. Alle taten es ihr nach. Raunen im Literatursalon.
    »Sobald einer oder beide Geister erscheinen, werden wir sie fragen, wer sie umgebracht hat. Als Geistwesen haben sie besondere Kräfte, besonderes Wissen. Wenn sie uns gewogen sind, können sie uns ihre Antwort mitteilen, in dem sie dieses Glas auf die jeweiligen Buchstaben oder Zahlen bewegen.«
    »Ahs« und »Ohs« im Raum, irgendwo klirrte eine Tasse, ein Handy klingelte leise, jemand sprach flüsternd.
    »Tischerlrücken halt«, murmelte jemand hinter Berenike abfällig.
    »Und jetzt«, Sylvie senkte ihre Stimme, »bitte ich um Ruhe. Absolute Ruhe!« Sie wartete eine geraume Weile, bis endlich alle still saßen.
    »Monika«, rief Sylvie dann und hob die Arme in ihrem dunkelblauen Kaftan. Die Kerzenflammen flackerten im Lufthauch. »Bernd! Verzeiht, wenn wir euch belästigen, nach allem, was ihr durchgemacht habt. Ihr habt eure sterbliche Hülle zurückgelassen, viel zu früh, durch fremde Hand. Wir rufen euch!« Sie machte eine kleine Pause. »Möget ihr für heute Abend aus dem Astralraum hierher zurückkehren. Gemeinsam wollen wir euren Mörder benennen, damit Gerechtigkeit eintreten kann. Monika, Bernd, seid ihr hier?«
    Sie wartete, wedelte mit den Armen. Die sechs Helferinnen saßen sehr aufrecht am Tisch, den Zeigefinger reihum über dem Glas. Nach einer Weile ruckelte es, das Glas bewegte sich langsam, ganz langsam zum Buchstaben J. Raunen im Publikum.
    »Oh«, murmelte Sylvie. Das Glas bewegte sich zum A. »Also, ja, ihr seid da. Das ist schön, das ist sehr schön. Monika, Bernd, wer hat euch getötet?«
    Eine Weile passierte gar nichts. Im Salon wurde gehustet, Sesselbeine scharrten über den Boden. Dann bewegte sich das Glas ein winziges Stück, blieb stehen, schier endlos. Nach einer Weile ein Stück Bewegung – in Zeitlupe. Es kam auf dem S zu stehen. Wieder ein langer Stillstand, dann zum Buchstaben C. Bei Z verblieb das Glas. ›SCHWARZ‹. »Schwarz«, sagte Sylvie. »Die Geister haben uns den Hinweis ›Schwarz‹ gegeben.«
    Raunen im Saal, ein paar Menschen rutschten auf ihren Sitzen herum, jemand blitzte mit einem Fotoapparat. »Bitte nicht!«, stieß Sylvie hervor und ihre Stimme klang zornig. »Auf diese Weise vertreiben wir die Geistwesen! Keine Fotos und keine Handys.«
    Doch die Stimmung war verändert. Sylvie stellte eine weitere Frage: »Monika und Bernd, wir brauchen eure Hilfe, um den Mörder zu fangen. Gebt uns einen Hinweis darauf, wo wir ihn finden können.«
    Stille. Das Glas blieb an seinem Ort. Alle warteten. Nichts geschah.
    »Das ist Humbug!«, erklang eine tiefe Bassstimme, die Berenike bekannt vorkam.
    »Wer spricht da?« rief Sylvie. »Ist das einer von euch, Monika? Bernd?«
    »Wir brauchen keinen solchen Firlefanz hier, der den Ort schlecht macht. Schlimm genug, dass wir eine Mordserie haben. Dass wir dann noch so tun, als ob der Täter einer von uns wäre …«
    »Wer spricht da?«, wiederholte Sylvie, bekam aber keine Antwort.
    Berenike drehte das elektrische Licht im Salon an. Sie konnte nicht mehr sagen, wer zuletzt gesprochen hatte. Die Leute blinzelten, Franziska stand

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