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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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g’wusst hätt’, ich wär ihm zu Hilfe gelaufen und …«
    »Wer weiß, wann genau der Mord passiert ist«, versuchte Berenike zu trösten, auch wenn das nie ein Trost sein konnte. Die Verkäuferin nickte trotzdem.
    Die Regale waren voll mit Stoffballen in den typischen Ausseer Farben. Fotos von lächelnden Kundinnen und Kunden hingen dazwischen. »Man weiß nur, wann Ihr Chef tot aufgefunden wurde. Zu welchem Zeitpunkt er getötet wurde, ist noch Gegenstand der Ermittlung.« Sie hörte sich schon wie ein Kriminalpolizist an!
    »Sie haben recht. Wahrscheinlich hätte ich gar nichts mehr machen können. Oder ich wäre selbst … Ach, wie kann jemand so etwas Böses tun?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Berenike, weil sich diese Frage ihrer Meinung nach jeglicher Vorstellungskraft entzog. »Was Anderes. Ich habe keine Ahnung, ob Sie mir helfen können, in dieser Situation. Es wäre wirklich dringend. Ich brauche ein Dirndl.« Na ja. »Für eine Trachtenhochzeit«, schob sie nach.
    Die Verkäuferin schniefte weiter. »Ich weiß nicht. Wenn es tatsächlich um einen Notfall geht … Wie Sie sehen, die Stoffe sind da und die Schneiderinnen auch.«
    »Meinen Sie, wird jemand die Werkstatt übernehmen?«, fragte Berenike, während die Verkäuferin bereits ihre Hände über die Stoffballen gleiten ließ. »Hatte Ihr Chef Kinder?«
    »Nein. Ich weiß es nicht, ob es Interessenten geben wird. Ob das überhaupt Sinn macht heutzutage.«
    »Die Menschen gehen hier in Tracht.«
    »Natürlich kaufen die Menschen immer noch Handgefertigtes!« Die Grauhaarige straffte sich. Augenblicklich wirkte sie einen halben Meter größer. »Tracht ist etwas Besonderes. Vor allem bei uns im Ausseerland. Hier trägt man das G’wand ganz normal im Alltag, nicht wegen der Touristen. Das wird auch so bleiben. So ein Ensemble hat man ein Leben lang, mitunter.« Sie stockte und riss ihre Hand vor den Mund. »Oh. Das war jetzt …«
    »Ich versteh Sie schon. Hat nicht jeder so ein ungeplant kurzes Leben wie Ihr Chef.«
    »Ja-haha«, heulte die Verkäuferin auf.
    »Gibt’s noch viele Handwerkstätten in der Gegend?«, versuchte Berenike, die Arme abzulenken.
    »Immerhin ein paar.« Die Verkäuferin zog die Nase hoch. »Eine Sache wie das Narzissenfest auszustatten, da hatte unser Herr Bernd die Nase vorn, wenn ich das mal in dieser Form sagen darf.«
    »Gab es Neider?«
    »Wer hat die nicht, wenn er erfolgreich ist? Zumal der Herr Bernd die Werkstatt in der dritten Generation führt. Also geführt hat. Seine Großeltern haben das Geschäft aufgebaut.«
    »Eine tolle Sache, diese Tradition.«
    »Die Familie war immer stolz drauf. Seit den 30er-Jahren haben sie die Werkstatt geführt.«
    »Würde denn jemand so weit gehen und ihn aus Neid …?« Berenike sah der Verkäuferin in die Augen. Schöne graublaue Augen, wenn sie nicht so gerötet gewesen wären.
    »… umbringen? Noch dazu auf so grausame Art und Weise? Ich bitte Sie, wer macht das.« Heftig schüttelte die Verkäuferin den Kopf. Eine Nähmaschine begann irgendwo hinten zu rattern. »Also, was haben Sie sich vorgestellt für Ihr Dirndl? Haben Sie eine Idee, welche Farben es werden sollen?«
    »Ich weiß nicht …«
    »Gibt es eine Kleiderordnung bei Ihrer Hochzeit? Wann ist es denn so weit, wann heiraten Sie?«
    »Nein, das ist ein Irrtum!« Berenike spürte den kalten Fels in ihrer Brust. »Nicht ich heirate. Eine – ähm – Freundin.«
    »Ach so.«
    »Ja … ähm … rosa darf es nicht sein, das ist der Braut vorbehalten.«
    »Verstehe.« Die Verkäuferin legte den Kopf schief, betrachtete Berenike, kniff die Augen zusammen und kletterte dann auf eine Leiter, holte Stoffballen aus Regalen, breitete sie vor ihr aus. Saftiges Grün mit kleinen weißen Blümchen, Violett mit zartem Muster. Baumwolle, Seide. »Grün würde Ihnen besonders schmeicheln zu Ihren dunklen Haaren!« Die Verkäuferin holte geschäftig einen Stoffballen nach dem anderen, rollte auf, zeigte einen Spiegel, hielt die Stoffbahnen neben sie. Wie ungewohnt, diese Vorstellung, sie nach all den Jahren wieder in einem Dirndl!
    »Ich kann mich nicht konzentrieren, Entschuldigung«, murmelte Berenike. »Diese Todesfälle … die Freundin von Ihrem Herrn Chef soll auch tot sein. Man fängt an, sich nicht mehr auf die Straße zu trauen.«
    Das hätte sie besser nicht sagen sollen. Die Verkäuferin schlug ihre Hände vor der Brust zusammen. Neue Tränen schossen ihr in die Augen. »Die Frau Monika, ja. Der Herr Bernd

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