Goettlicher Thor 1
die Nieren. Francesko gab jedoch keine Antwort, sah mich aus dunklen Augen lange an und nahm mich dann spontan in den Arm. Ich wusste gar nicht wie mir geschah, denn – auch wenn wir gute Freunde waren – hatte es bei uns nie dieses blöde Bussi-Bussi-Gehabe oder innige Umarmungen gegeben.
„Hey! Gehst dir so schlecht?“, seufzte ich und drückte den breiten Kerl fest an mich. Francesko war nicht so groß wie andere, aber doch ein paar Zentimeter größer als ich und – wie gesagt – wirklich super trainiert. Die Umarmung fühlte sich überraschend gut an. Bis ich bemerkte, dass er wieder weinte.
Ach, mein Gott ... seufzte ich im Stillen, weil ich gar nicht wusste wie ich diesen Berg von Mann beruhigen und trösten konnte, ohne gleich selbst wieder das heulende Elend zu werden.
„Nein ... es ist anders“, schluchzte er und er schluchzte wirklich! Mein Herz zog sich vor Mitgefühl zusammen.
„Anders?“, fragte ich und streichelte seinen Rücken, wollte noch etwas über Roman sagen und über Trauerarbeit, doch Francesko fing sich wieder und löste die Umarmung. Er schob mich sogar ein Stück von sich, um mir besser in die Augen sehen zu können. Er starrte so intensiv, dass ich Gänsehaut davon bekam.
„Du bist ein Engel“, sagte er und das mit einer Überzeugung in der Stimme, die mich total überrollte. Ich schluckte hart und konnte mir gar nicht erklären, warum mich das so betroffen machte. Francesko war ein Freund, er würde niemals mehr sein und er wollte es auch sicher nicht. Oder? ... der kleine Quergedanke entsprang meiner Angst, beziehungsgestört zu sein und ihn als Freund zu verlieren.
„Wieso?“, krächzte ich, weil ich es nicht leiden konnte Angst zu fühlen.
„Du hast ihn gerettet“, antwortete er und das was ich nun ganz klar in seinen Augen sehen konnte, war Liebe. Reine, freundschaftliche Liebe. Ich fing ebenfalls an zu heulen.
„Aber woher weißt du das? Ich meine ... ICH spüre das immer, aber woher du?“ Schlagartig war mir klar geworden, dass er meine Arbeit mit Roman meinte. Doch ich konnte gar nicht begreifen, woher er das wusste. Gut, er war offenbar doch empathischer als herkömmliche Männer, aber meine spirituelle Reise zu Romans Seele war nur mein Ding gewesen und einen anderen Menschen hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht gespürt ... bis auf die tausenden Fans vielleicht, die ihn festgehalten hatten. Aber das konnte Francesko doch nicht wissen, oder?
„Ich war dabei.“
„Was?“ Meine Stimme krächzte immer noch, als wäre ich heiser.
„Ich war einfach dabei, Schätzchen, als du ihn befreit hast. Verstehst du nicht? Ich war eines der Arschlöcher, die ihn festgehalten haben, ich habe ihn ...“ Seine Stimme brach und er wischte sich ein paar Tränen vom Gesicht. „... ich habe ihn mit meiner Liebe gequält.“ Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Francesko musste einer aus der Masse gewesen sein, einer der vielen Anhänger von Roman, der ihm unabsichtlich den Aufstieg in höhere Ebenen verwehrt hatte. Und irgendwie hatte der gute Francesko das ganze Ritual voll mitbekommen. Sofort zog ich ihn wieder in meine Arme.
„Ach, du Dummkopf! Dich trifft doch keine Schuld! Komm her du lieber, lieber Mann.“ Francesko stürzte sich förmlich in meine Arme und begann erneut zu heulen.
„Aber ich habe ihm weh getan. Ich war Ursache seines Leids! Kannst du dir das vorstellen? Mann, ich habe den Kerl vergöttert und dann tue ich ihm DAS an.“
„Gott, sei nicht so blöd, Francesko!“ Das kam freilich schneller heraus als beabsichtigt, aber ich wollte ihm einen raschen Stopp verpassen. Ich hasste Selbstzerfleischung, denn davon hatte ich in den letzten Jahren selbst genug geliefert. „Du hast diesen wunderbaren Menschen angehimmelt und daran ist nichts verwerflich. Hörst du? NICHTS! Du konntest doch nicht ahnen, dass ihn das auf seinem Weg behindert. Und warum glaubst du hat er wohl gerade DIR diesen Traum geschickt? Er wusste einfach was für ein netter Kerl du bist!“ Francesko stöhnte und löste sich aus meiner Umarmung.
„Meinst du echt?“ Seine dunkelbraunen Augen sahen traurig zu mir herab, suchten nach der Wahrheit. „Meinst du er hat erkannt, dass ich ihm helfen könnte?“
„Natürlich! Entschuldige mal ... habe ich etwa von ihm geträumt oder du?“, fragte ich schnippisch und er schnaubte.
„Du kanntest ihn ja nicht mal.“
„Na und? Er hat trotzdem DICH erwählt und das ist eine Ehre, denn er hat dein Potential erkannt. Du hast
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