Gold in den roten Bergen
ein zusätzlicher Ersatzreifen, eine Lichtmaschine, zwei Stoßdämpfer, Radlager, je einmal Vorder- und Hinterfedern, eine Wasserpumpe, zwei Werkzeugkoffer, zwei zusätzliche Wagenheber, Kanister mit Bremsflüssigkeit, Spaten, Schaufeln, Hacken, und an den Seiten hängen die Benzin- und Wasserkanister an Ständern.« Und plötzlich brüllte Chick: »So viel Dusseligkeit gehört in eine Anstalt!«
»Da hast du's«, sagte Cher etwas weinerlich. »Genau wie ich geahnt habe.«
»Der irrsinnige Gedanke kam also von dir?« Wolf warf Sally einen langen Blick zu. Sie nickte stumm. »Vier Personen in einem Wagen ins Outback, wo noch niemand war … Das ist unmöglich. Das muß bei einigermaßen vernünftigem Denken doch jeder wissen. Und gerade du, Sally. Du weißt doch, wie das rote Land aussieht, bist oft genug darüber hinweggeflogen. Wenn wir da durch mangelnde Ausrüstung liegenbleiben, hilft uns keiner mehr. Jeder von euch weiß, wie das Land genannt wird: Never Never. Nichts. Nichts … und im Never Never hilft uns niemand.«
»Und wir fahren quer hindurch, abseits aller Pfade, wo noch nie ein Wagen hingekommen ist.« Chick faßte sich an den Kopf. »Wir werden die ersten und die letzten sein …«
»Eben drum.« Sally legte die Hände, zu Fäusten geballt,in den Schoß. »Wir sind so dumm zu denken: Wir gehören zu diesen Männern, gerade jetzt.«
»Aber rechnen könnt ihr nicht!« schrie Chick, obgleich diese versteckte Liebeserklärung an sein Herz griff. »Wir brauchten pro Tag mindestens sieben Liter Trinkwasser, und das mal vier … Das sind achtundzwanzig Liter Wasser, wenn ihr mitkommt. Und im Never Never gibt es keine Wasserhähne, die man einfach aufdrehen kann. Soll ich mit 'nem Tankwagen hinterherfahren? Und wo kommen die Schlafsäcke hin, das Zelt, die anderen Klamotten?«
»Warum lange reden, Chick?« Wolf machte eine Handbewegung, als wische er etwas vom Tisch. »Das Thema ist ausdiskutiert …«
»Dann fahrt ihr auch nicht«, sagte Sally ganz ruhig.
»Wir haben übrigens etwas vergessen.« Wolf griff nach seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck. »Wir brauchen am Tag fünfunddreißig Liter Wasser! Boabo ist ja bei uns.«
»Ach, du Scheiße … ja! Ohne den läuft gar nichts im Outback. Wollt ihr den vielleicht auf den Schoß nehmen, ihr tollen Weiber?«
»Dann nehmen wir einen größeren Wagen.« Sally war nicht aus der Fassung zu bringen. »Einen Allrad-VW-Bus …«
»Dazu reicht unser Geld nicht.«
»Ich habe ein wenig gespart.« Sally lächelte Wolf und Chick ungerührt an. »Ich weiß, wo man einen gutgepflegten Allrad-Bus bekommt. Die Shell Oasis Service Station hat ihn stehen – für knapp viertausend Dollar.«
»Viertausend Dollar!« schrie Chick und schlug die Hände zusammen. »Wenn ich die hätte, brauchte ich kein Gold zu suchen.«
»Wir haben den Wagen bereits gekauft … Wir haben nämlich mit Boabo gesprochen. Die Karre wird gerade für die Expedition noch einmal gründlich durchgesehen. Seit zwei Tagen montiert Boabo daran herum …« Sally lächelte noch immer.
»Und so etwas wollen wir heiraten, Wolf!« sagte Chick und fuhr sich mit beiden Händen in die Haare. »Wenn die erst mal auf unseren Namen umgeschrieben sind, haben wir überhaupt nichts mehr zu sagen. – Was nun?«
»Es bleibt dabei … wir fahren allein.«
»Ihr hört es!« rief Chick triumphierend. »Wir fahren allein.«
»Es kann uns keiner davon abhalten, mit dem VW-Bus hinter euch her zu fahren«, sagte Sally mit erstaunlicher Ruhe. »Du brauchst also nicht mit einem Tankwagen zu folgen, Chick, das machen wir. Der VW wird voller Kanister sein … Benzin und Wasser. Euer Versorgungsschiff …«
Chick blinzelte, sah Wolf an, der böse und schweigsam auf seinem Stuhl hockte, und wischte sich dann wieder über die Augen.
»So dämlich ist das gar nicht, Wolf«, sagte er plötzlich ganz sanft. »Im Toyota sind wir, und im VW-Bus ist alles, was Platz wegnimmt. Vor allem hätten wir genügend Vorräte. Wir könnten noch mehr Ersatzteile für den Notfall mitnehmen, Batterien und einen guten Sender zum Beispiel. Dann sind wir nicht ganz abgeschnitten von dieser Welt.«
»Werd nicht schwach, Chick.« Wolf lehnte sich zurück. »Es geht nicht um den Platz oder mit welchem Wagen wir fahren … Es geht einzig und allein darum, daß die Tour zu gefährlich ist, zu gefährlich für eine Frau, zu anstrengend, einfach unmöglich. Wir wissen ja selbst nicht, ob wir durchhalten.«
»Deshalb sind wir dabei!«
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