Gold und Stein
Hebamme es mit einem zweiten.
Editha richtete sich auf und zuckte verächtlich die Schultern. »Wie soll ich Euch da überhaupt noch glauben, Ihr hättet Mittel und Wege, mir gegen Gunda beizustehen?«
»Dann wollt Ihr also doch auf meine Unterstützung verzichten?«, fragte Hermine in beiläufigem Ton. Mit schlurfenden Schritten trat sie vor ihren Tresor und tat, als begänne sie ohne Umschweife mit einer anderen Arbeit. »Wie schade für Euch.«
»Das ist wohl der bessere Weg für mich. So kann ich zumindest sicher sein, dass die angewandten Mittel auch tatsächlich ihre erhoffte Wirkung erzielen.«
»Eure Entschlossenheit freut mich.« Aufreizend langsam drehte sich die Hundskötterin um. Viel zu spät gewahrte Editha die winzige Ampulle, die sie ihr in einer flinken Handbewegung unter die Nase streckte. Ein stechender Geruch biss sich in ihr fest. Entsetzt rang sie nach Atem, was sie das gefährliche Gemisch jedoch erst recht einsaugen ließ. Von neuem fühlte sie sich schwanken, willenlos werden. Sie versuchte, trotzdem aufrecht stehen zu bleiben.
Ungerührt redete die Hundskötterin weiter: »Ich wünsche Euch von ganzem Herzen, Ihr findet rasch die erforderlichen Mittel. Doch vergesst nicht: Die brave Gutloff kann Euch lediglich bei Eurem gesegneten Zustand zur Seite stehen. Wollen wir hoffen, der heilige Pantaleon schenke ihr weiterhin seine Gnade und die heilige Margareta stehe Euch in der schweren Stunde Eurer Niederkunft bei. Die Sache mit Gunda müsst Ihr unter diesen Umständen allerdings fortan allein in Angriff nehmen. Selbst Euer Gemahl kann Euch nicht beistehen, weil er ausgerechnet jetzt in Riga weilt. Oder wollt Ihr doch noch jemand anderen ins Vertrauen ziehen? Die Streicherin vielleicht, bei der Gundas Tochter derzeit untergekommen ist? Das wäre eine gute Idee. Immerhin ist sie die Schwester von Gundas früherer Hebamme, der braven Selege. Vielleicht hat sie von ihr noch einiges mehr als nur das Bierbrauen gelernt. Wie Ihr wisst, war die Selege meine Lehrmeisterin. Was hat sie mir nicht alles beigebracht!«
Wie zufällig vollführte sie einen weiteren Schwenk mit der Ampulle dicht vor Edithas Gesicht. Wieder traf sie der beißende Geruch unvorbereitet.
»Niemand weiß, was die Alte ihrer Schwester auf dem Sterbebett noch alles anvertraut hat.« Hermines Stimme klang warm und schmeichelnd. Von neuem fühlte Editha sich davon angezogen.
»Denkt Ihr am Ende gar daran, mit Rehbinder zu reden? Vergesst nicht: Er hat Gundas Geschäfte mit Eurem Gemahl angezettelt«, fuhr die Hundskötterin fort. »Seid gewiss, liebe Fischartin, ihn reut es bereits heftig, Euch Näheres über seinen Gewährsmann, oder besser: seine Gewährsfrau, in Wehlau verraten zu haben. Oder wollt Ihr am Ende gar Euren Sohn, den guten Caspar, ins Vertrauen ziehen?«
Von neuem hielt sie inne, bedachte Editha mit einem forschenden Blick. Längst war Editha unfähig, sich zu rühren. »Das wäre wohl die beste Wahl, liebe Fischartin«, schloss die Hundskötterin. »Die ganze Wahrheit dürft Ihr Caspar allerdings nie und nimmer verraten. Ein Teil davon tut es auch. Ihr müsst ihm einfach weismachen, welch Unheil Euch durch Gundas Geschäfte droht. Sie zu vernichten hieße, das Familienerbe und natürlich auch die Ehre von Euch allen zu retten. Ja, das ist es! Bei der Ehre müsst Ihr Euren Sohn packen. Das spornt ihn an, Gundas Tochter auf seine Seite zu ziehen. In ihr liegt letztlich der Schlüssel, Gunda ein für alle Mal zu schlagen.«
»Aber das geht nicht, sie ist doch, auf keinen Fall darf er sie …«, stammelte Editha hilflos. »Die beiden können doch nicht …«
Jäh unterbrach ein heftiger Krampf im Unterleib ihr Sprechen. Ihre Hände krallten sich darauf fest, sie schnappte drei-, viermal nach Luft. So schnell, wie der Schmerz gekommen war, verschwand er. Erleichtert atmete sie auf. Dabei streifte ihr Blick Hermines Gesicht. Ein zufriedenes Lächeln lag darauf.
»Ihr dürft Euch nicht so aufregen, meine Liebe.« Wieder strich ihr die Hundskötterin zärtlich über den Kopf. »Mutet Euch nicht zu viel zu. Geht den einfachsten Weg. Dereinst wollt Ihr doch eine gesunde Tochter an Euer Herz drücken. Gelingt es Euch, Euch des Mädchens zu bemächtigen, werdet Ihr Gunda ein für alle Mal den Garaus bereiten. Zaudert nicht, ermutigt Caspar in seinem Werben um Gundas Tochter. Es dient Euer aller Wohl. Sein Glück wird letztlich auch Euer Glück sein, Fischartin.«
»Das ist nicht Euer Ernst!« Von neuem überfiel
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