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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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fließende Stoffe. Das betonte ihre noch nicht erloschene Jugendlichkeit und hob die Linien ihres Körpers besser hervor. Selbst an Tagen, die sie ausschließlich beim Brauen verbrachte, munterte sie das auf.
    »Ihr seid zurück, Fröbelin?« Kaum war sie zwei Schritte näher getreten, entdeckte Ulrich sie und setzte vorsichtig den Kübel ab. Dabei schenkte er ihr ein wohlwollendes Lächeln. »Verzeiht, ich habe Euch gar nicht kommen hören. Soll ich Euch die zweite Sudpfanne herrichten? Oder wollt Ihr hinten die neu gefüllten Fässer kontrollieren? Wartet, ich helfe Euch gern, Platz zu schaffen. Es steht einfach viel zu viel im Weg herum.«
    Damit wollte er von dannen eilen. »Warte!« Sie hielt ihn am Arm zurück. Ob der Berührung durchzuckte sie ein heißer Strahl. Kaum vermochte sie Ulrich ins Gesicht zu blicken. Zum ersten Mal im Leben war sie froh, dass er nur ein Auge besaß und nicht so scharf sehen konnte. »Ich möchte dich kurz sprechen«, setzte sie mit zitternder Stimme nach. Gezwungen lachte sie auf. Gegen ihren Willen raste ihr Herz, und sie fürchtete, er könnte es bemerken. Mit der Hand fächelte sie sich Luft zu, tat, als würde ihr die Hitze zu schaffen machen. Törichtes Weib!, schalt sie sich im Stillen. Sie war doch eine erwachsene Frau, die wusste, was sie wollte.
    »Wie Ihr meint«, erwiderte Ulrich, wischte sich die Hände an seinem weiten Kittel trocken und sah sie erwartungsvoll an.
    Angestrengt suchte sie nach Worten. »Ulrich, du weißt, mein Gemahl, der gute Fröbel, hat immer große Stücke auf dich …«
    »Mutter, schnell!« Mit lautem Getöse wurde die Tür zum Sudhaus aufgestoßen, und Agnes platzte herein. Gunda fuhr herum. Einen Herzschlag lang fürchtete sie, Agnes brächte die Meldung vom Aufmarsch der Deutschordensritter vor der Stadt. Ihre Wangen waren von Flecken übersät.
    »Was gibt es so Dringendes, das nicht bis nachher warten kann?«, fragte Gunda betont ruhig. »In wenigen Augenblicken komme ich zu dir. Zunächst aber habe ich mit Ulrich zu reden. Allein.«
    »Es kann nicht warten.« Auf Agnes’ Gesicht lag Trotz. Empört stemmte Gunda die Hände in die Seiten. Seit sie von ihrem hohen Fieber genesen war, gab das Mädchen sich oft widerborstig. Als sie ihr letztens von Kollmanns Heiratswunsch erzählt hatte, war sie gar kopflos davongerannt und erst Stunden später mit rotgeweinten Augen zurückgekehrt. Gunda fühlte sich hin- und hergerissen. Wie gern würde sie die Hand ausstrecken, Agnes zärtlich über die Wange streichen und um Versöhnung bitten. Andererseits galt es, streng zu bleiben und ihr nicht zu vieles durchgehen zu lassen. Auf einmal stockte sie. Hatte das Mädchen etwa Laurenz Selege wiedergetroffen? Dabei hatte es doch so ausgesehen, als wollte sie nichts mehr mit ihm zu tun haben! Immerhin hatte sie aus freien Stücken das wertvolle Geschenk zurückgewiesen. Prüfend sah sie ihr ins Gesicht. »Was ist los?« Sie zwang sich, weiter Ruhe zu bewahren.
    »Drüben in der Schankstube sitzt ein Gast und besteht darauf, dich sofort zu sprechen. Sein Auftauchen hat für reichlich Wirbel gesorgt. Am liebsten wäre er gleich selbst zu dir ins Sudhaus gerannt. Ich konnte ihn gerade noch davon abhalten.«
    »Wenn er für Aufruhr sorgt, sollte besser Ulrich mitkommen«, erwiderte Gunda und wollte den Knecht bereits dazu auffordern, da beugte sich Agnes vor und raunte ihr hinter vorgehaltener Hand zu: »Ich glaube nicht, dass das klug ist. Es ist einer der beiden Kaufleute, die wir vor einigen Wochen beim Rathaus getroffen haben. Rehbinder heißt er, wenn ich mich recht entsinne. Seinen Namen wollte er mir nicht noch einmal sagen, doch er ist mir noch gut im Ohr.«
    »Was?« Gundas Stimme überschlug sich. Wie konnte Rehbinder nur so töricht sein und am helllichten Tag in den Silbernen Hirschen gehen, um nach ihr zu fragen? Aus gutem Grund lautete ihre Abmachung anders.
    »Keine Sorge, Mutter.« Beruhigend tätschelte Agnes ihr den Arm. »Mir ist es gelungen, ihn zu überzeugen, auf der Wiese vor dem Pregeltor auf uns zu warten. Bei der schattigen Eiche wird uns keiner sehen, der uns nicht sehen soll.«
    »Gut.« Agnes’ Umsicht verblüffte Gunda. Vielleicht hatte sie sich doch getäuscht und ihren vermeintlichen Trotz einfach nur falsch verstanden.
    »Du hast gehört, ich muss dringend weg. Lass uns heute Abend in Ruhe bereden, was zu bereden ist«, erklärte sie Ulrich mit einem bedauernden Lächeln. Er nickte. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht im

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