Gold
die finanzielle Seite denken. Zumindest einer von euch muss seinen Sponsor bei Laune halten. Die nächsten Jahre werden schwer, und das Letzte, was ihr gebrauchen könnt, sind Geldprobleme.«
Kate drehte sich zu Tom um, und er sah, wie sie nach Luft rang. »Okay«, sagte sie schließlich. »Wer bleibt und wer fliegt nach Hause?«
»Ja, das ist die Frage. Das müsst ihr selbst entscheiden.«
Jack stöhnte erneut, und es klang so verzweifelt, dass Tom die Hände ineinander verschlang. Er fragte sich, ob Kate schneller mit der Situation klarkam, weil sie stärker war als ihr Mann, oder ob es ihr leichter fiel, weil Sophie, die zwischen ihnen im Bett lag und womöglich sterben würde, nicht ihre leibliche Tochter war. Vielleicht war der Schmerz einer leiblichen Mutter doch noch tiefer. Als er Zoe davon erzählt hatte, hatte es sie wie ein Hammerschlag getroffen. Sie war jetzt da draußen bei der Eröffnungszeremonie, weil Tom sie dazu gezwungen hatte. Sie durften nicht riskieren, dass die Medien eine Verbindung zwischen ihr und Sophie herstellten.
»Wie würdest du entscheiden, wenn es nur ums Ergebnis ginge?«, fragte Kate.
»Aus rein sportlicher Sicht?«
»Ja.«
Tom sah lange zu Boden und massierte sich den Nacken.
»Du weißt, dass ich das furchtbar finde.«
»Ja.«
Dann schaute er sie unmittelbar an. »Jack hat die Goldmedaille wohl sicher. Und du bist in der Form deines Lebens. Wenn es nur um die Ergebnisse ginge, würde ich Zoe bitten, Sophie nach Hause zu bringen.«
Er beobachtete sie ganz genau und las den Schrecken in ihrem Gesicht. Sie rückte näher an Sophie heran und ergriff instinktiv ihre Hand. »Nein«, flüsterte sie.
Er drängte weiter. »Dann schicken wir Jack mit Sophie nach Hause und lassen dich fahren. Du bist an der Reihe.«
Sie schüttelte den Kopf und streichelte Sophie übers Haar. »Ich kann sie nicht allein lassen.«
Sie schluckte. Sie wusste, es war vorbei.
Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Aber du bist jetzt an der Reihe.«
Sie beobachtete Sophie, streichelte ihre blasse Wange und richtete den Kragen ihres Kleides, der nach innen geklappt war.
»Ich kann sie nicht allein lassen«, sagte sie nur.
Tom stand auf und trat beiseite, um ihnen ein bisschen Raum zu lassen. »Dann solltest du deine Sachen packen, Kate. Es tut mir leid.«
»In Ordnung.«
Er merkte, wie sehr sie gegen die Tränen kämpfte. In den nächsten Tagen würde es nur darum gehen, ihr dabei zu helfen, sich realistische Ziele zu setzen: nicht weinen, nicht schreien, nicht ohnmächtig werden. Wenn sie diese Aufgaben auf olympischem Niveau bewältigte, würde sie die Woche womöglich überstehen.
Jack vergrub den Kopf in den Händen. Nun, da die Entscheidung gefallen war, fehlten ihnen die Worte.
Im Fernsehen war der Sportmoderator der BBC zu sehen. Er stand mit ernster Miene unten in der Hotellobby und sprach in die Kamera. Dann gab es eine Rückblende, die zeigte, wie Jack in Athen Gold gewonnen und wie Kate seinen Heiratsantrag live im Fernsehen angenommen hatte. Dann kam wieder der Moderator ins Bild. Bis jetzt wissen wir nur, dass die Situation sehr, sehr ernst zu sein scheint.
Sophie wachte weinend auf. »Mir ist schlecht.«
Jack umfing ihren Kopf und flüsterte ihr ins Ohr: »Alles wird gut, mein großes, tapferes Mädchen. Du bist nur müde. Du fährst mit Mummy nach Hause und ruhst dich aus.«
So etwas rückt die Dinge ins rechte Licht , sagte der Sportmoderator. Bei allem Glanz und Glitter der Olympischen Spiele vergessen wir nur zu schnell, dass Sportler Menschen sind wie wir, ihre Familien sind wie unsere Familien .
In diesem Augenblick streckte Sophie die Arme in der Geste kleiner Kinder aus, die festgehalten werden möchten. Die Wahrheit in ihrem Gesicht war ganz einfach: Sie fühlte sich schrecklich und wusste, dass Kate ihr helfen konnte. Sie ahnte nicht, dass ihr Zustand anders war als bei aufgeschlagenen Knien und Ohrenschmerzen und Albträumen, um die sich Kate seit Jahren gekümmert hatte.
Kate hob sie hoch, und Sophie klammerte sich an sie und legte den Kopf auf ihre Schulter. So standen sie lange da. Dann streckte Sophie die Arme nach Jack aus, und er nahm sie und wiegte sie und flüsterte ihr ins Ohr.
Kate trat ans Fenster und schaute auf die Straße hinunter, wo sich schon die Fotografen und Kameraleute versammelten.
Tom ging zu ihr und sagte leise: »Ich weiß besser als jeder andere, was du durchgemacht hast, um zu diesen Olympischen Spielen zu fahren, und ich weiß,
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