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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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niedermacht?«
    »Tut mir leid. Ich brauche nur einen Augenblick, um es zu verdauen.«
    Der rote Text lautete: Hast du schon mit ihr sprechen können?
    Blauer Text: Nein, ihre Agentin sagt, sie stünde heute nicht für Interviews zur Verfügung.
    Er starrte sie an. »Du hast gesagt, du arbeitest im Büro.«
    »Tut mir leid. Wenn die Leute herausfinden, wer ich bin, passiert eben immer so was«, sagte sie mit einer Geste zum Fernseher.
    Der Arzt lief rot an. »Meinst du etwa, ich laufe zur Zeitung?«
    Sie sah ihn an und zuckte mit den Schultern. »Wenn du das machst, dann sag ihnen wenigstens, dass ich ein gewöhnlicher Mensch bin. Sag ihnen … ach, ich weiß nicht. Sag, dass ich dir Frühstück angeboten habe.«
    Im Fernsehen wurde in die Geschäftsstraße einer Provinzstadt geschaltet. Spendensammler drängten sich unter bunten Regenschirmen, aber es waren nur wenige Einkäufer da.
    Ist ein Ende der Konsumkrise in Sicht? , lautete der weiße Text.
    Zoe stand auf. »Ich habe nicht viel im Schrank, was normale Leute zum Frühstück essen. Ich könnte dir Reis oder Trockenobst anbieten. Oder auch Reis und Trockenobst, falls du heute eine PB schaffen willst.«
    »PB?«
    »Persönliche Bestleistung. Wie beim Training, wenn du wirklich gut bist und deinen Rundenrekord fährst. Dafür musst du gerüstet sein.«
    »In der Notaufnahme gibt es keine PB.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Und wie motiviert ihr euch?«
    »Meist nur mit Wiederbelebung.«
    Sie zog ihren Bademantel an und ging in die Küche, um Kaffee zu machen. Er suchte seine Kleidungsstücke zusammen. Man hörte nichts als das Zischen der Espressomaschine, die Dampf in die Stille pumpte, sie aber nicht ganz ausfüllen konnte.
    Als er angezogen war, kam er in die Küche. Sie beugte sich über den Tisch und ergriff seine Hand.
    »Es tut mir leid. Es wäre wirklich nett, wenn du zum Frühstück bleiben würdest.«
    Er wirkte hilflos in seiner Verwirrung.
    »Morgen ist es vorbei«, sagte Zoe. »Außerdem bin ich nur ein B-Promi. Es ist nicht so, als würden dich jetzt die Paparazzi belagern. Ich würde dich wirklich gerne wiedersehen.«
    »Schon, aber das ist … ich meine, mein Gott. Ich weiß nicht, ob ich all dem gewachsen bin.«
    Während er das sagte, wandte er sich zum Fenster und umfasste die ganze Stadtlandschaft von Manchester mit seinen Händen. Die Geste schien Zoes Situation und die Milliarden Tonnen an Beton und Ziegel miteinander zu verbinden. Plötzlich verspürte Zoe den ungeheuren Sog der Stadt da draußen.
    »Aber ich mag dich wirklich«, sagte sie. »Kannst du nicht einfach überhören, was sie über mich gesagt haben? Sie sind nur neidisch – sie hassen mich, weil ich Erfolg habe und sie nur kleine Leute sind, die nichts aus ihrem Leben gemacht haben. Sie sitzen auf ihrem Arsch und kritisieren meinen Lebensstil. Es ist, als wollten sie mir mein Leben wegnehmen. Je mehr sie mich kritisieren, desto weniger gelingt es mir, eine normale Beziehung zu führen, und je weniger ich eine normale Beziehung führe, desto mehr kritisieren sie mich. Ich kann da nicht gewinnen, und wenn du dich jetzt hinstellst und mir sagst, dass es dir etwas ausmacht, was die Zeitungen schreiben, dann macht mich das fertig, weil ich eine Siegerin bin, verstehst du? Ich bin eine Siegerin und kann verdammt noch mal nicht gewinnen.«
    Sie spürte die Verzweiflung in ihrer Stimme und den aufsteigenden Zorn. Dann ließ sie seine Hand los, senkte den Blick und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Entschuldige.«
    Er sah sie lange an und strich ihr über die Schulter.
    »Hör zu«, sagte er leise, »ich schreibe dir eine Nummer auf, okay?«
    Er nahm einen Stift aus der Tasche, und sie schob ihm die Ausgabe von Marie Claire hin, die sie rasch umgedreht hatte, damit er ihr Gesicht auf dem Cover nicht sah.
    Er klickte die Mine des Kugelschreibers heraus und notierte einen Namen und eine Telefonnummer quer über das Gesicht einer konkurrierenden Mineralwassermarke. Zoe musste unwillkürlich lachen.
    »Was?«
    »Nichts. Was für eine beschissene Handschrift.«
    Er grinste. »Typisch Arzt, oder?«
    »Hm.«
    Erleichterung durchflutete sie. Es war ein unbehaglicher Moment gewesen, doch immerhin hinterließ er ihr seine Nummer. Die meisten Männer, die ihr gefielen, taten das nicht. Sie beobachtete die kraftvollen und gleichzeitig sanften Bewegungen seiner Hände und erlaubte sich, daran zu glauben, dass sie ihn tatsächlich wiedersehen würde.
    Er klickte die Mine zurück, steckte den

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