Gold
Sechzehn Zivilisten wurden lebend unter den Trümmern eines Gebäudes begraben, das von einer Drohne zerstört wurde und sie rollte ihn auf den Rücken und kniete sich über ihn und die Ehrengäste treffen zur offiziellen Einweihung des olympischen Velodroms in London ein und sie schloss die Augen und unterdrückte ein Stöhnen, und dann sah sie sich selbst von Angesicht zu Angesicht.
Über eine Kluft von acht Jahren hinweg schaute sie sich selbst aus dem Fernseher entgegen, auf der obersten Stufe des Siegertreppchens in Athen, in dem berüchtigten Clip, in dem sie so unglücklich ausgesehen hatte. Als sie vom Podest stieg, hielten ihr Journalisten Mikrofone unter die Nase und wollten wissen, wie sie sich fühlte.
Zoe kniff die Augen zu. Sie wusste genau, wie sie sich gefühlt hatte. Als das Adrenalin in ihrem Blut rasend schnell abgebaut wurde und die Goldmedaille um ihren Hals sie nicht trösten konnte, hatte sie die Nerven verloren wie ein verängstigtes Kind, das sich plötzlich im Körper einer Erwachsenen wiederfindet, und sich nur noch gewünscht, der Albtraum möge enden.
Oh, ich bin sehr glücklich , sagten die Untertitel in gelber Schrift, um anzuzeigen, dass die Worte von ihr stammten.
Sie sehen aber nicht glücklich aus , sagte der körperlose grüne Text auf dem Bildschirm.
Ehrlich , fuhr der gelbe Text unter ihrem sprechenden Gesicht fort, niemand ist glücklicher als ich.
Der Fernseher zeigte die weiche Linie ihres Mundes in ebenjenem Augenblick, in dem sie begriffen hatte, dass sich durch den Sieg nichts änderte. Das war nach dem Sprintfinale gewesen. Am nächsten Tag hatte sie Gold in der Einzelverfolgung gewonnen, und es hatte sich auch nicht anders angefühlt. Gold kam aus der Erde, und sie hatte gespürt, wie sein Gewicht sie dorthin zurückzog.
Zoe merkte, dass sie mitten im Sex erstarrt war. Sie spürte, wie er in sie hineinstieß, sie zur Bewegung animieren wollte. Sie konnte nicht reagieren.
»Alles okay?«
»Ja, alles bestens.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Mein Gott, es ist doch nichts Schlimmes passiert, oder?«
Sein Blick folgte dem ihren zum Fernseher. Blauer Text: die Stimme des Sportreporters über den Archivaufnahmen ihres großen Augenblicks auf dem Podest: Da ist sie, unsere kleine Miss Sunshine . Schnitt zu den beiden Moderatoren, die lachend auf dem Sofa im Nachrichtenstudio sitzen. Bestätigung in weißer Schrift: [Gelächter].
Schnitt zurück zu den Archivaufnahmen von ihr, wie sie blass die Nationalhymne vor sich hin murmelt.
Blauer Text: Heute ist sie natürlich aus anderen Gründen in den Schlagzeilen.
Roter Text: Erst machen ein paar ganz schön flotte Details auf Facebook die Runde. Und heute gibt es weitere Enthüllungen in der Morgenzeitung.
Blauer Text: Anscheinend wird sie als »sexuell aggressiv« beschrieben.
Roter Text: Na so eine Überraschung!
[Gelächter]
Jetzt zeigten sie die Titelseite der größten britischen Tageszeitung. Ihr Gesicht sah ihr unter den olympischen Ringen entgegen.
»Nicht jugendfrei«, lautete die Schlagzeile. Es war die 30. Olympiade.
Sie spürte, wie sich der Mann unter ihr bewegte.
»Oh, mein Gott«, sagte er sanft. »Das bist ja du.«
»Ja«, erwiderte Zoe leise.
Sie löste sich von ihm, stützte das Kinn auf die Knie und folgte dem Bericht.
»Ich habe dich nicht erkannt«, sagte er.
Sie zuckte mit den Schultern. »Im richtigen Leben bin ich kleiner.«
Roter Text: Zweiunddreißig Jahre. Von den Skandalen mal abgesehen – und wir möchten betonen, dass die letzte Story reine Mutmaßung ist: Ist man mit zweiunddreißig zu alt, um eine echte Chance bei Olympia zu haben?
Blauer Text: Nun, zweiunddreißig ist für jeden Leistungssportler alt, Doug, und selbst wenn Zoe nach dem hier noch für London ausgewählt wird, werden es zweifellos ihre letzten Olympischen Spiele sein.
Der Mann neben ihr berührte ihre Hand. »Du hättest etwas sagen sollen. Du hättest …«
»Was? Was hätte ich sagen sollen?«
»Du hättest mir sagen sollen, wer du bist.«
Sie funkelte ihn gereizt an. »Du hast mir auch nicht gesagt, wer du bist.«
Er spreizte ratlos die Hände. »Ich habe doch ein Namensschild getragen.«
»Und ich mein verdammtes Gesicht. Also bitte. Tut mir leid, dass ich in Wirklichkeit keine grünen Lippen und Haare habe.«
Er sah sie an, und sein Gesicht wurde weicher. »Du bist wunderschön. Gar nicht so, wie sie dich darstellen.«
Sie lachte bitter auf. »Wie denn – als Eiskönigin? Die ihre Rivalen kaltblütig
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