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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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steckte sie in den Hals, deutete auf Sophie und die Toilette.
    Jack schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
    Was?, fragte Kate lautlos.
    »Ich habe ihr ein Mars gegeben. Nur ein halbes. Ich dachte, das wäre in Ordnung.«
    Kate war zu erleichtert, um wütend zu werden, und stellte das Telefon laut. Jack hörte dem Diätberater einen Moment zu, grinste dann und deutete Wörter an, die aus seinem Hintern kamen, durch die Luft wirbelten und einen unerfreulichen Geruch verströmten. Sophie und Kate kicherten, was den Mann in seinem Redefluss unterbrach.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, Entschuldigung, alles bestens. Hören Sie, da ist gerade – ich muss leider später zurückrufen.«
    Sie beendete das Gespräch per Knopfdruck und starrte Jack an. »Du Schwachkopf«, sagte sie nur.
    Jack äffte die Stimme des Diätberaters nach. »Um Himmels willen, Sie denken in viel zu engen Bahnen. Bedenken Sie doch die vielen Nahrungsmittel, die auf unserem großen, weiten Planeten existieren. Haben Sie es schon mit Traktorfett und Tigermilch probiert? Oder mit Tintenfischrogen und Eisenhut? Nein? Dann tun Sie das bitte, bevor Sie mir noch einmal erzählen, dass Ihre Tochter ein Mars ausgekotzt hat.«
    Jetzt musste Kate doch lachen, und Sophie auch. Jack kniete sich hin und schlang seine Arme um alle beide, und sie umarmten sich auf dem Badezimmerboden in dem kleinen Haus und spürten, dass es sich für einen solchen Moment lohnte, die vielen Kleinigkeiten, die ihn vielleicht verderben konnten, beharrlich zu ignorieren.

Nationales Radsportzentrum, Stuart Street, Manchester
    An diesem Tag erzählte Jacks Trainer ihm von der Regeländerung. Jack hörte mit ausdrucksloser Miene zu. »In Ordnung«, sagte er, setzte seinen aerodynamischen Helm auf, klickte sich in die Pedale und trainierte so hart, dass er beinahe auf der Bahn ohnmächtig wurde.
    Nach dem Abwärmen ging er ins Fitnessstudio im Keller. Er war voller Energie und voller Zorn. Er fing mit Bauchübungen an, hob dann eine 80-Kilo-Hantel und stemmte sie mit einem einzigen Ruck über den Kopf. Einige Jungs vom Verband, lauter Landesmeister, waren beim Abwärmen und sahen ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    Aber in dieser Stimmung hätte er noch weit mehr heben können. Er musste sich auspowern, schaffte es aber nicht. Er spürte, wie Muskelfasern rissen, und bremste sich, bevor er sich ernsthaft verletzte. Noch immer tobte die wütende Energie in ihm. Er duschte, wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und trat vor den Spiegel, der über dem Waschbecken in der Umkleide hing. Er sah sich selbst in die Augen und ging weg, bevor er mit der Faust gegen den Spiegel boxen konnte.
    Es war zwei Uhr nachmittags, als er nach Hause joggte, weil er Kate und Sophie abholen und zum Training ins Velodrom bringen musste. Unterwegs überlegte er, wie er Kate die Sache mit der Regeländerung beibringen sollte. Das letzte Stück ging er nur noch. Wurde immer langsamer, schlenderte. Als er schließlich den Schlüssel ins Schloss steckte, wartete Kate schon ungeduldig im Flur. Als sie sein Gesicht sah, verwandelte sich ihr Ärger in Sorge.
    »Was ist los?«
    Jack verließ der Mut. Er zwang sich, ruhig zu werden. »Nichts. Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.«
    Sie hatte eine Tasche mit Sophies Sachen und ihrer Trainingsausrüstung gepackt. Seine Beine schmerzten vom Fahren, seine Schultern von den Gewichten, und seine Finger konnten kaum das Lenkrad halten. Am liebsten hätte er in diesem Augenblick auf dem Rücken gelegen, die Beine leicht erhöht, ein Kühlpack auf der Schulter, um sich zu erholen. Im Leistungssport machte nicht das Training den entscheidenden Unterschied aus – alle Sportler trainierten bis an den Rand der Selbstzerstörung. Sieger wurde, wer die Regenerationsphase am geschicktesten gestaltete.
    »Tritt bitte nicht gegen meinen Sitz.«
    Das Treten hörte auf. Er sah in den Rückspiegel. Sophie kauerte mit verschränkten Armen in ihrem Autositz. Sie sah hinaus auf den Verkehr, die Augen groß unter der Baseballkappe.
    »Warum bist du so spät gekommen?«, wollte Kate wissen.
    Er zuckte mit den Schultern. »Es tut mir leid, okay? Dave wollte mich nicht gehen lassen.«
    »Er ist dein Trainer, Jack, nicht dein Boss.«
    »Hör bitte auf.«
    »Dann komm du bitte nicht zu spät. Für mich ist das beschissen.«
    »Zwanzig Minuten. Davon geht die Welt nicht unter.«
    »Fünfundzwanzig.«
    »Sei nicht kleinlich. Du bist doch sonst kein kleinlicher Mensch.«
    Sie warf ihm

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