GOLDAUGEN (German Edition)
über Sie, ich habe nur überrascht getan.
Sie sind achtunddreißig Jahre jung, geschieden, geboren in New Orleans im Wonnemonat Mai. Ihre kreolischen Vorfahren schenkten Ihnen Ihren wundervollen Teint. Sie kommen aus einfachen Verhältnissen, und nur Ihnen war es vergönnt, zu studieren. Ihre drei Geschwister haben einfache, aber ehrenwerte Berufe.
N iemand aus Ihrer Familie ist je mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Sie haben Politwissenschaften studiert. Mit einem überragenden Abschluss war es Ihr Bestreben, vorrangig in die lokale Politik zu gehen und für ihre geliebte Heimatstadt vieles zu verbessern. Und das hätten Sie auch, davon bin ich überzeugt. Dann kam im August 2005 der Hurrikan Katrina und veränderte nicht nur Louisiana und andere Abschnitte an der Golfküste, sondern auch Ihr Leben.
Durch Ihre Führungsqualitäten, Ihr schnelles und beherztes Handeln innerhalb des Mitarbeiterstabes um den damaligen Bürgermeister von New Orleans wurde der Heimatschutz auf Sie aufmerksam. Dort ging es mit Ihrer Karriere steil bergauf, die nun aber in dieser Behörde abrupt enden wird.«
Das saß!
»Professor, ich habe begriffen, dass Sie und Ihr „erlauchter Freundeskreis“ die geballte Macht eindrucksvoll einsetzen. Dann muss ich mir wohl einen neuen Job suchen. Was soll`s, ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Ich hätte Ihnen nicht auf die Füße treten sollen und bin zu blauäugig an die Sache rangegangen.«
» Samantha, sagen Sie bitte James zu mir. Wenn Sie Professor sagen, habe ich das Gefühl, ich bin ungefähr hundert Jahre alt.
Sie irren, wir haben mit Sicherheit kein Einfluss auf Ihren Chef genommen, um Sie abzusägen. Im Gegenteil.
Ich denke , die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Minister Sarkos ist nun nicht mehr tragbar. Er hat Sie nur instrumentalisiert. Sie sind nur ein Bauernopfer. Persönliche Beweggründe waren ausschlaggebend.
Mich kennt er gar nicht, es spielte nur in seine Karten, dass ich tatsächlich Kontakt zu Peter Rust hatte. Dazu später mehr .
Sie unterbrach kurz.
»Frau Porsche sagt, wir haben unser Ziel erreicht. Aber wo bitte geht es lang?«
James lachte.
«Sorry, ich war so im Redefluss, dass ich nicht gemerkt habe, dass wir an der Zufahrtsstraße vorbeigefahren sind. Man(n) kann ja schon mal vergessen, wo man wohnt - oder?«
Er zeigte ihr den Weg. Das hypermoderne, nicht allzu große Haus vor den Bergen, etwa dreißig Kilometer südlich von Tucson - kennen nur wenige.
Niemand würde hier ein Wohnhaus vermuten. Die rundum schwarz verglaste Fassade funkelte ihnen entgegen. Ein riesiges Garagentor öffnete sich, dort standen noch zwei weitere Fahrzeuge. Modelle, die sie auch nicht kannte.
» Fahren Sie bitte in die Garage, von dort kommen wir ins Haus.«
Innen war alles modern, hell und bunt. Überwiegend neue Kunst, abstrakte Figuren und Bilder sprangen ihr förmlich entgegen, dennoch war hier nichts kitschig. Keine kalte Atmosphäre, sie fühlte sich auf Anhieb wohl und sicher. Samantha hatte für sie unbekannte Gedanken:
„Ich wüsste nicht, was ich hier verändern würde. Bist du verrückt geworden oder was ist mit dir los?“
Sie ärgerte sich üb er sich selbst.
James gute Hausseele kam ihnen entgegen und begrüßte beide, nicht sonderlich freundlich, eher distanziert.
» Doreen ist mein Schatz, siebenundsechzig, aber fit wie ein Turnschuh.
Was möchten Sie trinken ?«
» Ihr erwähnter Rotwein wäre toll.«
Fünf Minuten später saßen sie sich gegenüber und prosteten sich zu. Belauerten sich, schauten sich in die Augen und genossen die Mittags sonne. Der Anblick der Berge durch die großen Panoramafenster im Wohnzimmer war grandios. Das Glas hielt die grelle Strahlung und die Wärme der Sonne ab. Es kam ihr seltsam vor, sie wollte aber nicht mit so einer banalen Frage daherkommen.
» James, ist das hier real oder bin ich im Büro des FBI eingeschlafen und träume so vor mich hin?«
» Sie sind wach, im Hier und jetzt. Kann ich Ihnen vertrauen?«
Samantha dachte nach und wählte ihre Worte mit Bedacht.
»Ich denke , ich muss mit jein antworten, ich bin mir nicht mehr sicher und weiß nicht, was ich denken soll.«
» Ich weiß … dann fange ich mal anders an:
Warum haben Sie absichtlich Ihre Handtasche im Porsche liegen lassen?
Weil Sie ein besonders raffiniertes Handy darin liegen haben und nicht wollen, das unser Gespräch mitgehört wird. Da wird aber jemand enttäuscht sein … Dann befindet sich noch eine Pistole darin.
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