GOLDAUGEN (German Edition)
Meiste hatte er schon lange erfolgreich verdrängt.
Seine Gedanken projizierten damals wirre, aber auch reale und fantastische Bilder. Auch einige tatsächliche, bedeutende Vorfälle aus der Menschheitsgeschichte waren dabei. Ein Puzzle, das er nie zusammensetzen konnte.
Wenn er nur jemals geahnt hätte, was er berichten könnte, vielleicht wäre sein Le ben gänzlich anders verlaufen.
Er wollte es sogar einmal aufschreiben, ließ es dann aber wieder. Wer hätte es denn lesen wollen und solch wirres Zeug geglaubt? Adam streichelte über Lucys Haare und gab ihrer Stupsnase mit seinem Zeigefinger einen sanften Stoß. Er war nun etwas ungeh alten und sprach lauter zu ihr:
» Ich war etwas älter als du, mein Spatz, als ich auch diesen wunderschönen Goldstaub in jener Höhle sah und berührte, berühren musste, warum weiß ich bis heute nicht. Danach traute ich mich nie wieder in diese Gegend. Ich weiß ja nicht, was du so geträumt hast und was du im Moment so siehst, es hält ja bei dir auch schon länger an als bei mir. Aber es sind nur Träume, genauer gesagt sind es nur Trugbilder, Schimären, wirklich!
Ich habe es herausgefunden.
Im Duden steht: Trugbilder, Schimäre ist eine unwissenschaftliche Bezeichnung für eine nicht wirkliche, imaginäre Erscheinung. Also ist alles nicht so schlimm, hörst du mich? Du kannst für gar nichts, du brauchst keine Schuldgefühle zu haben.«
Er sah ihr tief in die Augen, schüttelte sie an den Schultern. Ihre Augen leu chteten sofort hell und golden.
» Ich sah damals unsere ganze Kleinstadt sterben, alle Menschen, auch Tiere - Hunde, Katzen, Vögel lösten sich seltsam auf, es blieb nur eine Pfütze, wie bei Harry, von ihnen übrig. Das ist aber paradox, ein Hirngespinst! Hörst du? Viele Personen aus diesen trügerischen Bildern kannte ich ja. Einige von denen traf ich nach diesem Erlebnis in der Höhle wieder, also starben sie nicht - wie in meinem Kopf. Und dann dieser Libellenschwarm … gruselig, aber lächerlich!
Eine Einzelne habe ich in den Wäldern schon mal gesehen, aber nicht Hunderte davon. So ein Schwachsinn, Alles sind nur Traumbilder - nichts geschieht wirklich. Es stirbt niemand, du siehst nur schreckliche Bilder, werde endlich wach und verdränge es.«
Wieder schüttelte er sie, sie reagierte immer noch nicht, nur die Augen funkelten strah lend und noch heller als zuvor. Das Gold in ihren Augen hätte jeden fasziniert. Stumpfsinnig und stoisch redete er weiter auf sie ein.
» Weißt du, es sind so eine Art seltsame Filme. Ich sah sterbende Ritter und viele andere Gestalten, als wenn sie aus irgendeinem Museum mit wirren Kostümen entstiegen wären.
Wie in diesen Historienfilmen, naja, die kennst du ja nicht. Diese Dinge wirst du auch wieder vergessen. Gern würde ich hören, was du so träumst, dann hä tten wir sicher viel zu lachen. Es ist alles unsinnig und geschieht nur im Kopf, stelle dir vor, du wärst im Kino. Alles eine Art - Albträume! Du wirst alles verstehen, wenn du wieder bei mir bist. Bitte, mein Spatz, wache endlich auf und alles ist vorbei.
Ich möchte wenigstens einem Verwandten etwas Gutes tun. Deine Eltern haben sich in den See gestürzt, weil finstere Typen hinter euch her waren. Sie suchen nach dir, ich werde es nicht zulassen, dass jema nd irgendetwas mit dir anstellt. Dein Vater meinte, sie würden dich in eine Forschungseinrichtung stecken. Glaube mir doch, das wird nicht geschehen. Als ich damals fortging, hatte ich nur noch Glück. Das wirst du auch haben, mein Spatz. Es ist Glücksstaub - vom Himmel gesandt, ich denke, wir sind auserwählt.«
Er deckte sie zu und küsste ihre Stirn.
»Es ist halt zu viel für ein Mädchen deines Alters, du brauchst noch Ruhe. Dann schlafe noch ein bisschen.
Ich fahre in die Stadt und hole …«
Das Knackgeräusch eines brechenden Astes draußen ließ ihn zusammenzucken. Da lief jemand ums Haus herum. Er bewaffnete sich mit seinem Bowiemesser, ging zur Haustür und sah nicht, dass seine Nichte ihm folgte. Adam machte die Tür ganz langsam und vorsichtig auf, sie knarrte ein bisschen. Als er den Kopf rausstreckte, fing er an zu schmunzeln.
» Keine Bullen und auch keine Gespenster.«
Ein mittelgroßer Braunbär hatte sich hierher verirrt. Oder er war ein Kumpel von Harry, dem Freund aller Tiere. Wahrscheinlich suchte er nur was zum Futtern.
» Hey Dicker, verschwinde, hier gibt’s nichts zu fressen.«
Der Bär reagierte gar nicht , brummelte leise vor sich hin. Lucy ging an
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