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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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fünf Kleider zu nähen. So schnell wie möglich.« Dann lachte sie laut auf. »Karneval steht vor der Tür. Der Salon Vaudeville wird seine Gäste mit einem besonderen Programm überraschen.«

Kampf der Drachen
    In Muße ging ich einen ehrwürdigen Mönch besuchen,
Dunstige Berge lagen tausendfach geschichtet.
Als mir der Meister den Heimweg wies,
Hängte der Mond seine runde Laterne auf.
     
    Hanshan, Gedichte vom Kalten Berg
    Er war des Staunens noch mächtig, stellte er fest, als er das bunte Gewimmel um sich herum beobachtete. Hier in der Seidenregion diente das Qingming-Fest nicht so sehr der Ahnenverehrung, sondern viel mehr der Huldigung der Seidenraupengöttin. Festlich gekleidete Menschen bevölkerten die Straßen und versammelten sich vor der großen Pagode, die die Figur der Göttin beherbergte. Man brachte ihr Opfer dar, Seide natürlich, Weihrauch, Geistergeld und Blüten, man bat damit um ihren Segen, damit die Raupen sich gut entwickelten und reine, fehlerlose Seide spannen. Tiefe Gongschläge und Trommelklang wehten von dem Tempel zu ihm, Lampions in allen Farben, Größen und Formen schwankten von den gebogenen Giebeln, und in der Luft knatterten die Flugdrachen an ihren langen Schnüren.
    Das Fest der Seidenraupen hatte er noch nie mitgemacht, die Jahre zuvor war sein Interesse viel zu sehr auf seine Geschäfte gerichtet gewesen. In diesem April aber hatte er sich wieder in sein Haus nach Suzhou begeben, und George hatte ihm geraten, sich das Spektakel anzusehen.
    Es gefiel ihm. Die Riten im Tempel zogen die Bewohner der Umgebung an, und dieser Anlass führte zu einem jahrmarktähnlichen Trubel auf dem Platz vor der Pagode. Händler, Krämer, Köche aller Art boten ihre Waren feil. An einer Garküche kaufte
er sich eine Schale gebratener Nudeln, lauschte dem Zirpen der Zikaden, die in kunstvoll geflochtenen Bambuskäfigen zum Kauf angeboten wurden, und begutachtete das Angebot eines dünnen Chinesen, der die farbenprächtigsten Drachen anbot. Natürlich gehörten sie zum üblichen Bild an allen Feiertagen, aber mit ihrer Funktionsweise hatte er sich noch nie auseinandergesetzt. Inzwischen war er aber an neuen Entdeckungen interessiert, darum ließ er sich von dem geduldigen Mann erklären, wie die feinen Bambusrahmen mit Seide oder Papier bespannt wurden und welche Bedeutung die einzelnen Leinen besaßen. Er wies auch auf die Kinder und Jugendlichen, die sich auf dem Feld mit den Drachen vergnügten. Einige schienen es zu wahrer Meisterschaft gebracht zu haben. Selbst große Flugdrachen tanzten auf den leisesten Fingerzug am Himmel auf und nieder. Hier und da fochten sie sogar Duelle aus, und einmal sah er einen Drachen abstürzen.
    »Sie versuchen, sich gegenseitig die Führungsleinen zu durchschneiden«, erklärte der Händler. »Sie präparieren ihre Leinen mit Glassplittern.«
    »Welches ist der Drache, der am einfachsten zu handhaben ist? Den sogar ein tölpelhafter fremder Teufel steigen lassen kann?«
    Der Händler lächelte und verbeugte sich und suchte dann einen vogelförmigen, flachen Drachen heraus, der wie eine Schwalbe geformt und bemalt war. Ein langer Schwanz, so erklärte er, würde sich beim Aufsteigen entfalten.
    Er kaufte ihn und begab sich mit seinem neuerworbenen Spielzeug auf das Feld, wo die anderen Jungen und junge Männer ihrem Vergnügen nachgingen. Er wusste, dass sie ihn kritisch, neugierig oder sogar misstrauisch beäugten, aber es störte ihn nicht. Er konzentrierte sich ganz darauf, seinen Drachen in die Luft zu bekommen. Was sich in der Praxis schwieriger erwies als in der Theorie. Mehr als einmal entglitt er ihm, kaum dass er sich vom Boden erhoben hatte. Geduldig machte er sich jedes Mal daran, die Schnüre wieder zu entwirren und aufzurollen.

    Nach einem halben Dutzend Fehlversuchen traute sich ein kleiner Stöpsel näher an ihn heran. Der Junge kicherte verlegen, und darum verneigte er sich höflich vor ihm und fragte, ob der ehrenwerte junge Herr ihm möglicherweise die Freundlichkeit erweisen wolle, ihm beim Steigenlassen des Drachens behilflich zu sein, so er ihn denn entsprechend entlohne.
    Offensichtlich verblüffte den Kleinen, dass der fremde Teufel seiner Sprache mächtig war und ihn auch noch in geschliffenen Höflichkeitsformen anredete. Artig verbeugte er sich und nahm den Drachen in die Hand.
    »Gegen den Wind, fremder Teufel«, befahl er knapp.
    »Weißhäutiger Drache, baixi long , nennt man mich, junger Herr«, berichtigte er den Jungen

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