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Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Titel: Goldener Reiter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weins
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    Es war ein Mann mit einer Stoffjacke und blonden Haaren, ein junger Mann. Frau Bloom und der Mann sind im Wohnzimmer verschwunden. Jetzt ist der Mann im Zimmer von Frau Bloom. Zusammen mit Frau Bloom macht er Geräusche. Ich kann nicht schlafen. Frau Bloom liegt nackt in ihrem Bett. Die Haut von Frau Bloom ist rot. Ich habe sie einmal in ihrem Bademantel gesehen. Der Bademantel war nicht richtig zu. Der Mann ist ebenfalls nackt. Er liegt im Bett von Frau Bloom. Er liegt auf ihr drauf. Das Bett bewegt sich. Wie ein Schiff auf einem Meer. Es macht Geräusche. Alles bewegt sich. Nur ich stehe still im Flur. Ich höre den Geräuschen zu. Ich gehe die Treppe hinunter.
    Ich gehe durch das Wohnzimmer. Ich gehe über Papiere, die dort ausgebreitet sind. Die Papiere knacken, wenn ich drauftrete. Ich mache die Terrassentür auf. Ich atme die Luft ein. Die Luft riecht nach Garten. Hier sind keine Geräusche. Der Garten ist schwarz und atmet.
    Ich gehe in den Garten hinaus. Das Gras ist nass. Etwas raschelt in der Schwärze. Ich habe kalte, nasse Füße, aber keine Angst. Es raschelt auf mich zu. Es ist ein schwarzer Fleck, der raschelt. Er hört auf zu rascheln. Der schwarze Fleck hält still. Ich halte ebenfalls still. Ich bin ein großer schwarzer Fleck neben einem kleinen schwarzen Fleck in einem schwarzen Garten. Es ist ein Igel. Der Igel hält still, weil sich etwas Schwarzes durch den Garten auf ihn zu bewegt hat. Der Igel weiß nicht, ob es ihm etwas tun will. Ich lege den Kopf in den Nacken. Der Himmel ist schwarz mit kleinen weißen Punkten. Der Igel legt ebenfalls den Kopf in den Nacken.
     
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    Das Telefon klingelt. Es klingelt zum fünften Mal. Die Terrassentür steht offen. Ich kann es aus dem Flur klingeln hören.
    Ich bin im Garten. Ich sitze barfuß im Gras. Ich werfe mit Erdklumpen nach einem Birkenstamm. Es sieht aus, als würden die Erdklumpen explodieren, wenn ich den Stamm treffe. Mark ist nicht da. Er ist weggegangen, ich weiß nicht wohin. Frau Bloom wäscht ihre Haare. Es ist nicht mein Telefon, das da klingelt.
    Jonas, ruft Frau Bloom. Telefon. Sie steht in der Terrassentür mit nassen Haaren. Sie hat ein Handtuch um die Schultern gelegt. Ich werfe einen Erdklumpen. Ich treffe den Birkenstamm nicht.
    Jonas Fink, sage ich in den Hörer.
    Hallo, sagt meine Mutter.
    Hallo, sage ich, wie geht es dir?
    Gut, sagt meine Mutter. Wie geht es dir?
    Gut, sage ich. Ich nehme den Kugelschreiber und kritzel auf einem Block herum. Bei Blooms gibt es keinen Spiegel, in dem man gucken kann, wenn man telefoniert.
    Wann kommst du mich besuchen?, fragt meine Mutter.
    Morgen kann ich nicht, sage ich. Meine Mutter sagt nichts. In der Leitung ist Stille. Im Hintergrund ist ein Musikinstrument zu hören. Eine Geige. In Ochsenzoll geht jemand durch die Flure mit einer Geige, die er sich unter das Kinn geklemmt hat wie ein Musik-Clown. Jemand geht dort durch die Flure und spielt. Wer spielt denn da Geige?, frage ich.
    Ich weiß es nicht, sagt meine Mutter.
    Am Dienstag, sage ich. Ich könnte am Dienstag kommen.
    Schön, sagt meine Mutter.
    Was machst du so?, frage ich und höre der Geige zu. Es dauert eine Weile, bis die Antwort kommt.
    Ich gehe spazieren, sagt meine Mutter. Ich freue mich, wenn du kommst, sagt sie.
    Mama, ich muss jetzt Schluss machen, sage ich.
    Ja, sagt meine Mutter. Ich habe dich lieb.
    Ich habe dich auch lieb, Mama, sage ich. Tschüs, sage ich. Sie legt den Hörer auf. Es dauert, bis das Klick vom Auflegen kommt. Ich kann der Stille dazwischen zuhören. Ich höre dem Klick vom Auflegen zu.
    Ich behalte den Hörer in der Hand. Ich schließe die Augen. Ich sehe meine Mutter vom Telefon wegschlurfen. Mit hängenden Armen. Sie schlurft in die Sitzecke und steckt sich eine Zigarette an. Ich habe mit meinem Sohn telefoniert, sagt sie. Das war schön.
     
    68
    Meine Mutter hat es erlaubt, sage ich. Frau Bloom guckt mich an. Sie hat den Kopf schräg gelegt. Sie lehnt in der Tür und hat die Arme verschränkt. Ich sitze auf dem Fußboden und packe meine Tasche.
    Wann kommt deine Oma?, fragt sie.
    Am Donnerstag, sage ich.
    Jonas, ich möchte, dass du eines weißt, sagt sie. Du kannst immer zurückkommen, wenn es dir zu viel wird. Oder wenn du dich allein fühlst. Auf eine Art und Weise ist das auch dein Zuhause hier, okay?
    Okay, sage ich. Ich gucke meine Tasche an. Die Bücher müssen hinein, ohne dass sie Knicke bekommen.
    Okay, ich lass dich mal allein zu Ende packen, sagt Frau Bloom, aber sie geht nicht

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