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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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werden konnte.
    Der Führer brachte sie auf kürzestem Wege zum Bergfried im Zentrum des Sternforts, einem Zugang, der normalerweise von verriegelten Toren, Fallgattern und schweren Türen versperrt gewesen wäre. Doch jetzt standen sämtliche Pforten und Verteidigungsanlagen der Zitadelle offen, und die wenigen Wachen, die noch auf ihren Posten waren, verließen diese, um sich der Gruppe anzuschließen. Dabei ließen sie aber nach wie vor die Gegend nicht aus den Augen, hielten Ausschau nach etwaigen Nichtlingen der alten, keinem Herrn dienenden Art, die ihnen womöglich zu folgen versuchten. Das war auch nötig, denn viele dieser Wesen kamen inzwischen aus den Nichtstümpeln und -pfuhlen hervor, die rings um die Zitadelle brodelten und zischten.
    Die Soldaten, die bereits ins Mittlere Haus abgereist waren, hatten offenbar viel Entbehrliches zurückgelassen, denn an den Wänden so mancher Räume und Korridore stapelten sich Rucksäcke, Taschen und Kisten. Susi schnappte sich im Vorbeigehen den Mantel eines Brigadegenerals des Regiments für sich und für Giac die blaue Uniformjacke eines Stabsoffiziers der Horde mit Kettenpanzerepauletten. Dazu riss sie sich noch einen merkwürdigen Hut unter den Nagel, der Tschako genannt wurde und vom Zauberkundigen Zaungast mit Begeisterung entgegengenommen wurde.
    Der Aufzug in Sir Donnerstags Arbeitszimmer war auf maximale Größe ausgedehnt worden. Er maß nun etwa dreißig Meter Breite und vierzig Meter Länge und besaß eine gewölbte Decke in ungefähr fünf Meter Höhe. Schon ehe Abenddämmerung, Susi und ihre Truppe eintrafen, war er vollgestopft mit Angehörigen der Nachhut. Unter ihnen waren auch ein Dutzend Unpferde, eine Wagenladung Nichtspulver und mehr als hundert Soldaten der Legion, der Horde, der Grenzer und des Regiments. Die verschiedenen Offiziere und Unteroffiziere der jeweiligen Einheiten versuchten allesamt, ihre Autorität geltend zu machen und dafür zu sorgen, dass ihre Soldaten die besten und bequemsten Plätze bekamen.
    Das Gezänk endete, als Abenddämmerung eintraf und das Kommando übernahm. Susi überließ ihn seiner Arbeit und quetschte sich durch das Gedränge, um sich zu drei Pfeiferkindern zu gesellen, die auf einem Fass hockten. Sie trugen den typischen Uniformenmischmasch, den sie selbst auch bevorzugte und der von den Irregulären, die jetzt Susis Räuber bildeten, übernommen worden war. Susi kannte die drei, wenn auch nicht gut, denn sie hatte nicht viel Zeit gehabt, um alle Pfeiferkinder in der Armee kennen zu lernen.
    »Nehmt Euch ein Brötchen, General!«, sagte eins der Kinder und griff in das Fass, das voller Backwaren war. Da weder Bürger noch Pfeiferkinder essen mussten, es aber nichtsdestoweniger gern taten, war es überraschend, dass das Fass mit LEBENSWICHTIGE GÜTER FÜR DIE EVAKUIERUNG beschriftet war.
    Susi nahm das mit Rosinen gefüllte Brötchen freudig entgegen und machte beim Essen alle miteinander bekannt.
    »Bren, Shan, Athan: Das hier ist Oberst Giac«, stellte sie vor. »Er ist mein neuer Adjutant.«
    »Oberst?«, wiederholte Giac seinen neuen Rang strahlend und mit großer Befriedigung.
    »Und der Vogel ist Teil Sechs des Vermächtnisses«, ergänzte Susi. Sie schluckte einen Bissen herunter und fuhr fort: »Der sich bald mit Dame Primus vereinigen wird, schätz ich, also erzählt ihm nichts von, na ja, ihr wisst schon was.«
    »Was?«, fragte der Rabe.
    »Es betrifft nicht Euch oder Dame Primus«, wich Susi aus. »Oder sonst wen außer uns Pfeiferkindern.«
    Teil Sechs des Vermächtnisses sah sie prüfend an. »Ich will nachsichtig sein und annehmen, dass du gute Absichten hast«, sagte er schließlich. »Aber nimm dich in Acht, Susi Blau!«
    »Also, Leute, was gibt’s Neues?«, fragte Susi in die Runde.
    Athan zuckte die Schultern. »Das Labyrinth fällt auseinander, wir hau’n alle ab ins Mittlere Haus, und Sir Donnerstag hat den Löffel abgegeben. Sonst wüsst ich nichts.«
    Susi wollte gerade noch eine Frage stellen, als sich der Aufzug mit einem Ruck in Bewegung setzte und jeder in den anderen taumelte. Ein äußerst schmerzhafter Moment für diejenigen Bürger, auf denen die stahlgepanzerten Zehen der Unpferde herumtrampelten.
    »Wir sind fort!«, rief eine Artilleristin, als der Aufzug nach oben zu beschleunigen begann. Sie klang erleichtert, und auch bei den anderen Bürgern schien die Spannung nachzulassen, wie am plötzlichen Anstieg der Lautstärke ihrer Unterhaltungen festzumachen war.
    Anders als

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