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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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nicht der einzige Aufsässige, der sich mit seiner gegenwärtigen Lage nicht abfinden kann«, sagte Lord Sonntag. »Wie immer bleibt es mir überlassen, die Sache persönlich in die Hand zu nehmen.«
    Mit diesen Worten überreichte er das Silbernetz Sonntags Mittag, der es mit beiden Händen festhielt. Es erforderte offensichtlich große Anstrengung, es ruhig zu halten, während die Schlüssel darin herumsprangen in dem Wunsch, zu Arthur zu gelangen.
    »Die Entfernung wird sie weniger bockig machen«, sagte Sonntag. Er legte eine Hand auf seine Brust und berührte den Schlüssel, der verborgen unter seinem Hemd an einer Kette um seinen Hals hing. Dann schloss er einen Moment lang die Augen und konzentrierte sich. »Sie werden völlig ruhig sein, sobald sie weggesperrt sind. Ich habe den Käfig geöffnet, aber er wird sich bald wieder schließen, kümmere dich also sofort darum! Morgengrauen, du kommst mit mir!«
    Mit Sonntags Morgengrauen im Gefolge lenkte Sonntag seine Schritte wieder zur Uhrenterrasse hinunter und erklomm die Strickleiter zur Libelle. Doch Arthur sah nicht Sonntag zu, und auch den Abflug der Libelle nahm er nur aus dem Augenwinkel heraus wahr. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Sonntags Mittag. Gespannt verfolgte er, wie dieser vorsichtig das Silbernetz mit den Schlüsseln die Treppe hoch trug, die zur nächsten Terrasse führte. Dann war er außer Arthurs Sicht.
    Ein paar Minuten später war auch die Libelle fort, aufgestiegen und über dem Hügel verschwunden.
    Arthur war allein, angekettet an die Uhr.
    Er konnte nicht weiter sehen als bis zur nächsten dreißig Meter hohen Hecke unterhalb des Hügels und bis zum Steilhang hinter sich.
    Die Uhr tickte – ein Geräusch wie das Schlagen einer Axt auf sehr hartes Holz. Der Minutenzeiger glitt vorwärts, und rasselnd bewegte sich auch die Kette an Arthurs linkem Handgelenk.
    Arthur biss sich auf die Lippen und versuchte nachzudenken. Das Medaillon war weg, aber es musste doch etwas anderes geben, was er tun konnte! Es bestand die Möglichkeit, dass Dame Primus oder Doktor Scamandros ihn retten konnten, aber noch während er darüber nachdachte, verwarf er den Gedanken wieder. Seine einzige wirkliche Chance lag darin, selbst etwas zu unternehmen. Er musste die Schlüssel wieder in seinen Besitz bringen oder Teil Sieben des Vermächtnisses befreien oder irgendwie das Medaillon des Mariners wiedererlangen …
    Wieder tickte die Uhr, der Zeiger bewegte sich, und die Kette rasselte. Arthur erhob sich und schaute sich um. Er konnte nicht sehen, wo das Medaillon gelandet war; das Einzige, was er sehen konnte, war sein gelber Elefant, der in der Krone eines hohen Baums steckte, welcher in der nächsttieferen Terrasse wurzeln musste. Aus der Ferne sah der Elefant wie eine seltsame Frucht aus; sein leuchtendes Gelb bildete einen krassen Kontrast zu den blassgrünen Blättern des Baums.
    Ich wünschte, du könntest etwas für mich tun, Elefant!, dachte Arthur . Als ich noch klein war, warst du immer da, um mir aus der Not zu helfen, auch wenn es nur in meiner Fantasie war …
    Arthurs Blick wanderte wieder zum Zifferblatt und dann weiter zum grünen Gras der Terrasse.
    Der Alte hat Sachen aus dem Nichts beschworen, als ich ihm zum ersten Mal begegnet bin, grübelte Arthur . Er sagte, ich brauchte dazu einen Schlüssel, aber das ist ewig her und war vor meiner Verwandlung. Vielleicht bin ich ja in der Lage, hier aus Nichts etwas zu erschaffen.
    Er legte die Hand auf das Zifferblatt. Er konnte keinerlei Nichtsspuren darunter wahrnehmen, so wie es in anderen Teilen des Hauses normal war, und hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass die Unvergleichlichen Gärten völlig gegen die Leere gepanzert waren, aber einen Versuch war es wert – jede noch so kleine Chance war einen Versuch wert.
    »Ein Telefon, verbunden mit der Zitadelle im Großen Labyrinth!«, sagte Arthur mit Nachdruck. Gleichzeitig stellte er sich das Telefon vor, das Dame Primus ihm vor langer Zeit gegeben hatte, das in dem roten Kästchen. Er versuchte das Bild so plastisch wie möglich vor seinem geistigen Auge erstehen zu lassen, verspürte jedoch keins der Hauszauberei-Symptome. Obwohl die damit verbundenen Schmerzen stets unangenehm waren und bisweilen außerordentlich stark, hätte er sie jetzt begrüßt.
    »Ein Telefon«, blaffte er, als spräche er mit einem widerspenstigen Diener, »verbunden mit anderen Teilen des Hauses!« Doch noch immer spürte er keine Zauberei, und es erschien auch kein

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