GOLDENES FEUER DER WUESTE
Nur für ein einziges Mal? Damit hinterher alles wieder beim Alten war? So als ob nichts gewesen wäre?
Sie fühlte sich schmerzlich an ihre Eltern erinnert.
Streit. Tränen. Abschied.
Sophie weinte, als bräche ihr das Herz, und vielleicht brach es ja tatsächlich, als ihr klar wurde, dass sie kaum besser war als ihre Eltern. Und dass sie auch genauso enden würde, wenn sie nicht sehr gut aufpasste.
10. KAPITEL
Am nächsten Tag wartete Sophie den ganzen Vormittag auf Zayed, aber er ließ nichts von sich hören. Je mehr Zeit verging, desto schwerer fiel es ihr, die Ruhe zu bewahren. Sie versank im Chaos ihrer Gefühle und war ihrer Anspannung hilflos ausgeliefert.
Ja, er hatte sie stundenlang allein gelassen. Ja, er war einfach ohne ein Wort verschwunden, aber eigentlich hatte sie gewusst, wo er sich befand.
Tatsächlich hätte er von ihrer Seite mehr Verständnis verdient, musste Sophie sich eingestehen.
Jetzt wollte sie sich einfach nur entschuldigen, sonst nichts. Zayed war kein schlechter Mensch, sondern aufrichtig. Er hatte ihr nichts versprochen, was er nicht auch tatsächlich halten wollte.
Erst am späten Nachmittag wurde sie von ihren Qualen erlöst. Sie saß am Schreibtisch und versuchte zu arbeiten, als er, in einen weißen Sari gehüllt, ihre Suite betrat. Er wirkte müde.
„Störe ich?“, fragte er.
„Nein, das sind nur Routinearbeiten“, sagte sie und versuchte zu lächeln. „Wie war dein Tag?“
„Anstrengend. Am Vormittag war Kabinettsitzung, und eben habe ich noch eine Stunde mit Jesslyn und Khalid die Trauerfeier für Sharif besprochen.“
Kein Wunder, dass er so erschöpft wirkte.
„Ich möchte mich entschuldigen wegen gestern Abend“, begann sie. „Es war mein Fehler.“ Sie wurde rot. „Ich war egoistisch und gedankenlos …“
„Du warst eine frisch getraute Braut und wurdest an deinem Hochzeitstag über stundenlang allein gelassen. Das kann dir beim besten Willen nicht gefallen haben.“
Sophie fiel ein Stein vom Herzen. Offenbar versuchte er, ihr auf halbem Weg entgegenzukommen. Schlagartig verflog ihre Anspannung.
Er setzte zu einer weiteren Erklärung an, aber sie unterbrach ihn ruhig: „Schon gut.“ Dabei fiel ihr auf, dass sie zum ersten Mal wieder richtig durchatmen konnte, seit sie gestern Abend in Zayeds Bett aufgewacht war. „Die Situation ist für uns beide neu, wir müssen uns erst daran gewöhnen.“
„Ja, so sehe ich das auch. Was hältst du davon, wenn wir heute Abend essen gehen? Wir könnten beide einen Tapetenwechsel ganz gut brauchen. Was meinst du? Um sieben?“
Sophie willigte ein, ohne lange zu überlegen.
Bereits um halb sieben blickte Sophie nervös auf die Uhr und überprüfte noch einmal ihr Aussehen. Manar hatte ihr zu einem langen rosaorangefarbenen Kleid von Michael Kors geraten, das sie mit goldenen Chandelier-Ohrringen trug. Ihr Haar fiel ihr lang über die Schultern und glänzte herrlich, weil Manar es nicht nur ausführlich gebürstet, sondern zusätzlich die Spitzen mit dem Glätteisen bearbeitet hatte.
Der Aufwand hat sich offenbar gelohnt, dachte Sophie glücklich, als Zayed um Punkt sieben ihre Suite betrat und sie mit bewunderndem Blick maß. Er trug einen schwarzen Anzug, den er mit einem weißen Hemd und einer dunklen Krawatte kombiniert hatte.
„Du siehst bezaubernd aus“, sagte er lächelnd.
Sie zupfte verlegen an dem rosaorangefarbenen Rock. „Danke. Scheint fast so, als ob meine Abneigung gegen Rosa langsam nachlässt.“
„Auf jeden Fall steht es dir ausgesprochen gut.“ Er bot ihr lächelnd seinen Arm. „Gehen wir?“
Sie legten die Fahrt in einer schwarzen Limousine mit abgedunkelten Scheiben und Chauffeur zurück. Unterwegs deutete Zayed immer wieder aus dem Fenster auf verschiedene Bauwerke und erzählte von seinem Land, über das Sophie kaum etwas wusste. Die Einwohner von Sarq waren zu 90 Prozent Moslems, trotzdem war Sarq ein tolerantes, weltoffenes Land, das die Menschen anderer Kulturen, Religionen und Nationen willkommen hieß. Wegen seiner Lage am Arabischen Meer hatte sich Sarq in jüngster Zeit den Ruf eines beliebten Urlaubslandes erworben.
Eine Weile später hielt die Limousine vor einem palastähnlichen Gebäude an. Sophie blickte aus dem Fenster auf die halbdunkle Straße, aber sie konnte nirgends einen Hinweis auf ein Restaurant entdecken. „Ich dachte, wir gehen essen?“
„Warte, du siehst es gleich.“
Sie stiegen aus und gingen die drei Stufen zu der eleganten Eingangstür
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