Goldfalke (German Edition)

abhauen kann, die sich aufstellen. Das macht die Feinde wehrlos. So kann die dritte Gruppe ihnen im Tiefflug den Krummsäbel ins Maul stoßen, ihn im Maul herumdrehen und so das Hirn der Biester durchtrennen.“
    Erst jetzt fiel Kiana auf, dass es sich um besondere Pfeile handelte. Denn sie verfolgten ihre Opfer, sobald diese sich bewegten, und erreichten daher immer ihr Ziel. Dennoch konnten die meisten Pfeile die Skorpione nur verletzen und nicht töten. Das allerdings erledigten die Krummschwerter der Palastkrieger zuverlässig.
    „ Okay.“ Nesrin beschleunigte. „Also los!“
    „Halt!“ Kiana flog ihr in den Weg. „Wir sollten die Ifrit und Afrit hier nicht fre ilassen.“
    Überrascht hoben sich Nesrins Augenbrauen. „Wenn wir Damons Armee jetzt nicht aufhalten, ist sie in spätestens einer Stunde beim Palast. Kassims Leute räumen zwar anscheinend ganz gut unter den Krabbelmonstern auf, aber wir könnten das Ganze beschleunigen.“
    „ Das ist nicht Damons Armee, sondern bestenfalls so was wie eine Vorhut.“
    „Was? Mensch, Ki, du machst Witze. Das hier sind mindestens …“, abschätzend überflogen ihre Augen die Skorpione, „… viele!“
    Ungeduldig wendete Amir seinen Teppich. „Wo bleibt ihr denn?“
    Ohne auf ihn zu achten beharrte Kiana: „Ich habe sie gesehen, Damons richtige Armee. Das hier ist nur ein Bruchteil davon. Und außerdem: Wo sind die Ghule, die Menschenfresser und, was am wichtigsten ist: Wo ist die Eherne Festung?“
    Nesrin s Hände flatterten. „Die Ghule sind eben langsamer als die Skorpione. Und die Menschenfresser kommen wahrscheinlich später zusammen mit den Ghulen, um das niederzumachen, was die Skorpione vom Palast übrig gelassen haben. Und in der Zwischenzeit bewegt sich Damon in der Ehernen Festung unter ihnen im Sand vorwärts und taucht erst auf, nachdem seine Leute die Drecksarbeit erledigt haben. Ist doch logisch, oder?“
    Skeptisch verzog Amir den Mund und warf einen hastigen Blick hin zum Schlachtfeld. „Wenn ihr gleich mit dem Befehlshaber redet, solltet ihr euch an die Tatsachen halten. Wie soll sich denn so etwas Massives wie eine Festung aus Eisen im Boden bewegen? Da ist ja nicht nur Sand, sondern auch harte Erde, Steine, Fels. Wie soll das denn gehen?“
    „ Das geschieht bestimmt auf magische Weise, wie alles hier in dieser Welt.“ Kiana wischte einen Schweißtropfen aus ihrem Augenwinkel. „Die Eherne Festung wird hier auftauchen, das ist sicher.“
    Amir rutschte auf seinem Teppich hin und her. „Anstatt hier ewig mit euch zu reden, sollte ich längst wieder bei den Palastkriegern sein und kämpfen. Nesrin, gib mir deinen Zaubertopf mit den Dämonen! Ich bringe ihn dem Befehlshaber. Er wird am besten wissen, wie man ihn als Waffe einsetzt.“
    Nesrin flog an ihm vorbei. „Nein, das mache ich lieber selber.“
    Mit einem grimmigen Fluch folgte Amir.
    In dem Moment wurde Kiana bewusst, was sie die ganze Zeit verwirrt hatte. „Wartet!“
    „Was?“, fragten Nesrin und Amir gleichzeitig, nachdem sie sich zu ihr umgedreht hatten, wobei Amir noch hinzufügte: „… ist denn jetzt schon wieder?“
    „Seht doch! Die Skorpione heben ihre Toten auf und nehmen sie mit. Da! Einige von denen tragen tote Artgenossen auf dem Rücken.“
    Mit halb zusammengekniffenen Augen beobac htete Nesrin das Kampfgeschehen. „Du hast Recht. Warum tun sie das?“
    „Weiß ich nicht“, sagte Amir. „Vermutlich ehren sie so ihre Toten . Ist doch egal! Das einzig Wichtige daran ist der Vorteil für uns, weil das die Biester in ihrer Beweglichkeit behindert.“
    „ Nein“, widersprach Kiana. „Die ehren ihre Toten nicht. Nesrin, denk an die Karawanserei! Dort haben sie nach der Plünderung ihre Toten einfach liegen gelassen.“ Nie würde sie dieses Bild vergessen. Und da kam es ihr: „Oh Gott, diese Vorhut ist dazu da, um so weit wie möglich an den Palast heran zu gelangen und zu sterben. Wenn dann die richtige Armee ankommt, nimmt sie die Leichen als Rampe, um in einem Zug über die Palastmauer zu steigen.“
    Amir verzog den Mund. „Warum sollten sich die Skorpione auf so ein Selbstmordkommando einlassen?“
    Kiana schaute ihm ins Gesicht. „Selbstmordkommandos passieren in unserer Welt doch auch.“ Sie dachte an das, was die Hyäne ihr einmal gesagt hatte. Über Mustafa. Und sie sah Amir an, dass er verstand. „Warum schleppen sie sonst ihre Toten mit?“, schloss Kiana.
    „Eine gewagte Theorie.“ Nesrin rieb sich über ihr Knie. „Wenn das so