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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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gegenseitig. Weil sie es nicht kommen sahen und bis heute nicht wissen, wie es vor sich ging. Mach es ein bisschen geheimnisvoll! Nimm die Schriftrolle aus der Versunkenen Stadt zu Hilfe. Ich habe sie zu dem Zweck in dein Zimmer bringen lassen.“ Sie holte tief Luft. „Ich sah Nesrin mit Sayed die Treppe hochgehen und nehme an, dass sie soeben dabei ist, ihm und Soraya eure Beobachtungen zu schildern. Eigentlich wollte ich mich gerade dorthin auf den Weg machen, wurde jedoch aufgehalten.“
    „Kann ich kurz meine Mutter s ehen?“
    „Sie schläft noch immer. Ich wollte sie vorhin aufwecken wegen Tahmasp, konnte sie aber nicht wach bekommen. Die Heilung der Herrscherin war sehr kraftraubend. Elina braucht ihren Schlaf. Denn, wie es leider aussieht, wird sie bald noch viel mehr Arbeit zu bewältigen haben.“
    Ein Mädchen, das, wie Kiana sich zu erinnern glau bte, Sebnissa oder so hieß, trat an die Haushofmeisterin heran: „Entschuldige, Ava, aber eine Karawane steht vor dem Haupttor und verlangt Schutz vor den Skorpionen. Und die Kampftruppe der Bergleute ist eingetroffen.“
    „ Ich kümmere mich darum, meine Tochter. Suche Fatima und bringe sie ins Besprechungszimmer der Herrscherin! Ich komme nach.“ Ava seufzte. „Das heißt, falls ich irgendwann einmal hier fertig werden sollte. Kiana, beeil dich! Tahmasp geht es schlecht. Ich konnte sein Leben retten, aber er ringt noch immer mit dem Schlangengift. Und keine Sorge, du machst das schon!“
    Kiana öffnete den Mund, doch ihre Einwände schaf ften es nicht über ihre Lippen hinaus, denn die Haushofmeisterin eilte bereits nach draußen. Sehnsüchtig blickte Kiana dem Rot-Orange-Gelb von Avas Kaftan hinterher und fühlte sich urplötzlich zwischen all diesen hastenden, drängelnden, beschäftigten Menschen allein gelassen.
    Mutterseelenallein.
    Sie rannte die Haupttreppe hoch, den Gang hinter, dann herein in Nesrins Zimmer und weiter bis zur Toilette. Nachdem sie sich erleichtert hatte, wusch sie sich die Hände, trank gierig das kühle Wasser aus dem Wasserhahn und spülte eine Schicht Sand von ihrem Gesicht.
    Ein Teil von ihr hoffte, dass Nesrin, der immer eine Lösung für alles einfiel, ebenfalls gleich hereinkommen würde. Doch der andere Teil von ihr wusste natürlich, dass der Bericht, den ihre Freundin dem Großwesir und der Herrscherin soeben ablieferte, nie im Leben bereits fertig sein konnte. Bei Nesrin schon gar nicht.
    Eine der Schriftrollen aus Qalakar lag auf der Kommode vor dem Fenster. Kiana nahm die Rolle an sich und verließ das Zimmer. Ihren Teppich nahm sie ebenfalls mit. Für alle Fälle. Während sie eine der hinteren Treppen hinunterstieg und sich auf den Weg zum Hain der Stehenden Weisen machte, hoffte sie inständig, dass der Großwesir ihr doch noch folgen und ihr etwas Kluges mit auf den Weg geben würde, das ihr weiterhalf. Oder dass sich Ava ihr anschließen und ihr beistehen würde. Kiana ging extra langsam und schaute sich ständig um.
    Aber niemand kam ihr nach.
    Nur Tahiramis und Kemal liefen ihr über den Weg. Ohne das Marschtempo zu verringern, musterte die Kriegerin Kiana mit verkniffenem Mund. „Schön, dass du dich endlich doch noch herbemühst!“ Dann wandte sie sich wieder an ihren Begleiter: „Und was soll das heißen, ich hätte Kassim vergrault? Du warst es doch, der seine Position übernehmen wollte, kaum dass du deinen Steinsockel verlassen hast.“
    „I m Gegensatz zu dir wollte ich nur helfen!“, schoss Kemal zurück. „Schließlich bin ich weit und breit der Krieger mit der meisten Erfahrung. Also sollte ich auch die Palastkrieger anführen.“
    „Du vergiss t, dass ich genauso alt bin wie du und genauso erfahren in der Kriegskunst.“
    „Du bist ein Weib und solltest das Anführen von Männern mir überlassen.“
    „Und du bist ein Narr und solltest das Denken mir überlassen.“
    Was sich die beiden noch alles an den Kopf warfen, war nicht mehr zu verstehen, denn sie hatten Kiana überholt und stapften wie Soldaten im Gleichschritt an den Ställen vorbei und weiter zum Hain.
    Dort , zwischen den alten Eichen und Tamarisken, hatten sich die anderen Stehenden Weisen bereits versammelt. Nur das fischköpfige Wesen und Bakko fehlten. Die Übrigen standen weitgehend an ihren früheren Plätzen, wobei Tahmasp weniger stand, sondern mehr über einem Felsbrocken hing. Nur Basidamesch saß entspannt unter einem Baldachin auf einem thronähnlichen Sessel, der beim letzten Mal noch nicht hier gestanden hatte.

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