Goldfalke (German Edition)
bist ja nur ein Mädchen!“ … „Du bist nichts!“ … NICHTS …
Ihr Fall ins Nichts ließ gleichzeitig etwas anderes in Kiana aufschnappen: den Protest. Verboten und stets bestraft kreischte er als ein ohrenbetäubendes „ Nein!!! “ durch Kianas Kehle.
Und plöt zlich war der Falke da.
Als könnte er ihr Halt geben, griff sie verzweifelt nach ihm, fühlte ihn an ihren Händen, in ihren Händen, als sich ihre Finger im Bruchteil eines Flügelschlags verformten, sich streckten und doch kürzer wurden und dünn und leicht, während der Falke mit Kiana verschmolz.
Das panische Rudern ihrer Arme fand Halt im Luftwiderstand, wandelte sich in Flügelschläge, und kurz bevor sie auf einem Skorpion aufschlug, fingen ihre Flügel sie auf, hielten sie, trugen sie. Als der Stachel jenes Skorpions auf sie zuschnellte, flog sie durch den Halbkreis des gekrümmten Skorpionschwanzes hindurch. Unter sich bemerkte sie etwas Glänzendes im Sand. Das Gierige Töpfchen. Sie ließ sich absacken. Ihre Krallen packten es.
Der Giftstachel fuhr erneut auf sie nieder. Sie wich aus, flatterte auf. Greifscheren schnappten zu. Gerade so schaffte sie es mitten zwischen hindurch nach oben, oben, oben.
Der Zaubertopf wog schwer. Zog sie nach unten. Umso stärker schlugen ihre Flügel. Verbi ssen flatterte sie gegen das Gewicht des Topfes an, wich einem Brandpfeil aus, flog auf die Eherne Festung zu, kämpfte um noch mehr Höhe. Ihre Falkenaugen hefteten sich auf ihr einziges Ziel: den Hauptturm. Sie sah den Sand, der noch in den Ritzen des Turms haftete, sah die Spur aus verschmortem Metall, die einer von Sorayas Blitzen gezogen hatte. Und flog weiter daran empor. Bis zur Turmspitze.
Mit schnellen Flügelschlägen hielt sie sich nach Falkenart im Rüttelflug an Ort und Stelle, während ihre scharfen Krallen den goldglänzenden Schal aufrissen, der den Deckel auf dem Zaubertopf hielt. Mit ihrem Schnabel zog sie den Deckel ab und ließ ihn fallen. Zeitgleich schleuderte sie mit ihren Füßen den Topf in das offen stehende oberste Turmfenster. Sie hörte, wie er die Treppe hinunterpolterte, während der Deckel an der Außenfassade der Festung herabglitt und an einer Zinne hängen blieb.
E in Brausen ertönte.
Dann ein mehrstimmiges Kreischen.
Dann zwängte sich eine geflügelte Echse durch eine der Schießscharten in der Seitenwand und bleckte die nadelspitzen Zähne.
Dann erzitterte der Turm.
Mit einem metallischen Quietschen verformte sich der Haupttrakt der Ehernen Festung, zog sich zusammen, dehnte sich wieder rumpelnd aus, als wollte er die eingeatmeten Ifrit und Afrit aushusten. Tatsächlich schossen die flugfähigen unter den Dschinns aus den Fenstern und Schießscharten heraus und trieben dabei ein paar Menschenfresser auf Teppichen vor sich her. Die Feuerstöße der Festung stoppten. Und schon drückte ein Strom von Qalakar-Dschinns das Haupttor auf, quoll heraus und stürzte sich mit unternehmungslustigem Jauchzen auf die Skorpione und Ghule.
Soraya nutzte die Chance sofort. Kianas Falkenaugen registrierten, dass die Herrscherin wieder aufrecht auf ihrem Balkon stand. Schräg hinter ihr befand sich Elina, die eine Hand auf Sorayas Schulter gelegt hatte und auf diese Weise ihr heilendes Licht auf die Herrscherin übertrug. Diese presste mit grimmiger Entschlossenheit die Lippen zusammen und ließ ein gleißendes Blitzgewitter auf die Eherne Festung prasseln.
Direkt unter Kiana schlitzte eine Riesenheuschrecke mit ihrer messerscharfen Flügelkante den Schwertarm eines Menschenfressers auf und nahm dann den Palastkrieger ins Visier, mit dem der Menschenfresser gekämpft hatte. Der Palastkrieger stach auf die Riesenheuschrecke ein. Mit dem Vierklingendolch.
Ohne nachzudenken legte Kiana die Flügel an und fiel im Sturzflug auf die Riesenheuschrecke herab. Der Vierklingendolch trennte eines der Insektenbeine ab, was zur Folge hatte, dass die messerscharfen Flügel umso wilder schlugen.
K opfüber traf Kiana wie ein Geschoss auf die Heuschrecke, prallte aber von derem panzerdicken Nackenschild ab, glitt seitlich weg und gelangte im letzten Moment außer Reichweite der Heuschreckenflügel.
Kianas Schnabel schmerzte , ihr Kopf dröhnte von dem Aufprall, doch immerhin hatte ihr Angriff Amir genug Zeit verschafft, den tödlichen Flügeln auszuweichen. Der Hinterleib der Riesenheuschrecke aber streifte ihn und haute ihn vom Teppich.
Noch bevor sein Schrei ertönte, schoss Kiana auf ihn zu, obwohl sie wusste, dass er zu schwer
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