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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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hellem Marmor vorbei, die von blauen Schmetterlingen umflattert wurde und so etwas wie ein Füllhorn in den Händen hielt. Die Sonne brach sich in den silbernen Blüten, die aus dem Füllhorn ragten. Von irgendwoher erklang das Muhen einer Kuh.
    Inzwischen wirkte Nesrins Tonfall so bemüht wie der einer Mutter, die ihrem unwissenden Nachwuchs etwas erklärte, was für jeden vernünftigen Menschen offensichtlich war: „Mein Dschinn ist natürlich auch im Tal der Dschinns. Manche behalten ihren Dschinn die ganze Zeit bei sich, aber die meisten machen es wie ich und rufen ihn dann, wenn sie Bock auf ihn haben.“
    „Du rufst ihn einfach, und er kommt?“
    Nesrin hielt kurz still, und schon räkelte sich etwas in ihren Armen. Ein weißes Kätzchen mit grauen runden Flecken. Es war plötzlich da, wie herbeigezaubert, und schlug spielerisch seine kleinen Krallen in die Teppichrolle unter Nesrins Achsel.
    Vorsichtig strich Kiana über das flauschige Wollknäuel, das deutlich kleiner war als eine normale Katze. „Das ist dein Dschinn? Ich dachte immer, ein Dschinn wäre ein großer Geist, der aus einer Flasche steigt und dir Wünsche erfüllt.“
    „ Manche Leute schleppen ihren Dschinn tatsächlich in einer Flasche mit sich rum. Echt unpraktisch.“ Ihre Nase stupste gegen das Schnäuzchen der Katze. „Das hier ist übrigens Baski. Baski, das ist Kiana.“ Das Tierchen miaute, und Kiana kraulte es hinter den Ohren.
    „Manche Leute - Männer vor allem - geben ihrem Dschinn keinen Namen“, fuhr Nesrin fort. „Aber ich finde es netter, wenn er einen Namen hat. Schau, da ist der Eingang schon! Da müssen wir hin.“
    Inmitten der Rosensträucher sah Kiana einen grauen Steinbrunnen mit einem eingemeißelten Relief aus geflügelten Gestalten. „Hat Baski dir schon drei Wünsche erfüllt, Nesrin?“ Das Kätzchen machte nämlich nicht den Eindruck, dass es irgendwas anderes zustande brachte, als um Streicheleinheiten zu betteln.
    „ Na logisch! Dazu gibt es ihn ja. Echte Dschinns erfüllen aber nicht nur drei fette Mega-Wünsche wie in der Story von Aladin und die Wunderlampe, sondern jeden Wunsch, wenn dein Dschinn es auf die Reihe kriegt. Jeder Dschinn hat nämlich ein eigenes Spezialgebiet sozusagen. Was er kann und was nicht, findest du schon noch raus. Sayed sagt immer, dass der Dschinn eine bildhafte Ausprägung des menschlichen Willens ist. Oder so ähnlich. Und jeder Dschinn sieht anders aus.“
    Das brachte Kiana zu der Frage: „Diese seltsamen Gesta lten, die ich hier schon gesehen habe - der Riese aus gelbem Rauch zwischen den Leuten bei meiner Ankunft, das hellblaue Wesen mit den sechs langen Armen vorhin in deinem Zimmer, die seltsamen Tiere im Basar - sind das alles Dschinns?“
    Nesrin setzte sich rittlings auf den Brunne nrand. „Na klar. Der gelbe Riese ist Sayeds Dschinn, und der hellblaue gehört Ava, der Haushofmeisterin.“
    „Und Miro ist der Dschinn der Herrscherin?“
    Nesrin lachte auf. „Miro ist kein Dschinn. Er ist der Ausschreier des Palastes.“
    „Dann besitzt er selber einen Dschinn?“
    „Nein. Du hat vielleicht Vorstellungen! Geier bra uchen keine Dschinns. Sie kommen auch so klar. Nur Menschen haben Dschinns. Legen wir die Teppiche am besten hier ab! Die würden uns beim Klettern nur behindern.“ Sie warf ihre Rolle ins Gras, schwang sich über den Brunnenrand und stieg wendig in dessen dunklen Schlund hinab, als würde ihr langes Kleid sie nicht im Entferntesten behindern. „Kommst du, Ki?“
    Das Kätzchen balancierte dabei auf Nesrins Schulter, als diese geschickt die eisernen Halbringe, die in die Wand des Schachts eingesetzt waren, als Stufen und Handgriffe für ihren Abstieg nutzte.
    Der Schacht führte senkrecht in die Tiefe. Sein Boden war nicht zu erkennen. Es war nicht mal ersichtlich, ob der Brunnen mit Wasser befüllt war oder nicht.
    Kiana legte ihren Teppich neben den anderen und stieg zögerlich hinter Nesrin herab. Bang klammerten sich ihre Finger um die rostigen Halterungen. Ein Schrei entwischte ihr, als ihr Fuß kurzzeitig abrutschte. Schließlich fand sie ihren Halt wieder und setzte ihren Weg nach unten fort, wenn auch mit pochendem Herzen.
    Ungeduld ig wurde sie von Nesrin am Boden des Brunnens erwartet. Dieser war vollkommen trocken und schien aus gestampftem Lehm zu bestehen. Es roch muffig. Nun, da sich Kianas Augen an das Halbdunkel gewöhnten, konnte sie schemenhaft einen Gang neben sich erkennen, in den Nesrin nun einbog. Der Gang war in Stein

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