Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
Vom Netzwerk:
Kiana widerstand der Versuchung, sich so schnell wie möglich irgendetwas anzuziehen. Denn dazu hätte sie das Handtuch fallen lassen müssen und wäre einen Moment lang ganz nackt dagestanden.
    „Den Palast beleidigt?“ Nesrin gähnte und schaute sich um. „Wie hast du denn das geschafft?“
    „Ich habe ihn verrückt genannt, weil er mir die Seife nicht geben wollte.“ Kiana drehte sich im Kreis. „Lieber Palast, verzeih mir! Wenn du wieder dicht wirst, werde ich nie wieder ein schlechtes Wort über dich sagen, ich schwör’s!“ Gleichzeitig konnte sie kaum glauben, was sie da machte: Sie verhandelte mit einem Gebäude!
    D ie Wände blieben gläsern.
    Nesrin stöhnte: „Hey, sie hat gesagt, dass es ihr Leid tut, okay? Außerdem möchte ich jetzt auch duschen, und es wäre ungerecht, mich auch gleich mit zu bestrafen, oder?“ Als nichts geschah, wiederholte sie lauter: „Oder?“
    Dann endlich verdichteten sich die Wände, bis das Licht nur noch durch das Fenster hereinkam.
    „ Geht doch!“, schnaubte Nesrin und ging in den Baderaum.
    Erleichtert griff sich Kiana das Erstbeste, das ihre Kleidertruhe hergab: eine gelbe Pluderhose und eine orangefarbene, aufwändig mit Blüten bestickte Bluse. So schnell wie möglich schlüpfte sie hinein, bevor es sich der Palast womöglich noch anders überlegte. Sie wartete, bis Nesrin im Bad fertig war, dann huschte sie an ihr vorbei und holte ihren Dschinn vom Waschbeckenrand. Er konnte jetzt schon wie ein richtiger Vogel auf ihrer Faust sitzen.
    Nesrin wühlte in ihrem Schrank, bis sie einen bode nlangen, goldglänzenden Rock wählte und ein rotes Oberteil. Dazu goldglänzende Schühchen, goldene Armreife, mehrere goldene Halsketten, goldene Haarklammern, goldene … alles. Als würde sie auf die Hochzeitsfeier einer Königin gehen. Und dabei selbst die Königin sein.
    „Was ist eigentlich ein Simurgh?“, fragte Kiana, während sie darauf wartete, dass Nesrin endlich mit ihrer Frisur fertig wurde. „Ist das ein Volksstamm? Das Wort ist gestern erwähnt worden im Zusammenhang mit deinem Ziehvater.“
    „Das weißt du nicht?“ Nesrins Hände, die soeben eine Haarklammer feststeckten, stoppten in der Bewegung. „Oder vielleicht sagt dir Simorgh was, wie es je nach Dialekt auch ausgesprochen wird. Selbst in den Mythen und Märchen der Trüben Welt kommen die Simurgh vor, sagt mein Ziehvater.“             
    Kianas Schultern sackten nach unten. „Das einzige Märchen, das ich kenne, ist Aladin und die Wunderlampe. Mein Cousin hat mir und den Nachbarskindern diese Geschichte erzählt, als ich noch klein war.“
    Nesrin kämpfte weiter mit ihren widerspenstigen L ocken. „Ein Simurgh ist das weiseste und klügste Wesen, das es überhaupt gibt. Das erinnert mich an etwas: Auch wenn alle einen einzigen Simurgh für zu wenig halten, unsere Chancen gegen Damon entscheidend zu erhöhen, ist einer doch besser als gar nichts. Also werde ich meinen Ziehvater rufen. Nur für alle Fälle, falls Miro sich verfliegt, oder, was noch wahrscheinlicher ist, falls die Simurgh ihn nicht für voll nehmen.“ Sie öffnete das oberste Schubladenfach der Kommode neben ihrem Bett und holte eine Vogelfeder heraus, die so lang war wie ihr Arm. „Die habe ich nur für absolute Notfälle gekriegt. Wenn ich sie verbrenne, kriegt mein Ziehvater irgendwie mit, dass mir der Arsch mächtig auf Grundeis geht, und er kommt, so schnell er kann. Die gleiche Nummer wie bei Sahmarans Haar.“
    „Und das klappt?“
    „Keine Ahnung. Ich musste das noch nie ausprobieren. Aber ich denke, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt.“ Sie blickte auf die Wandlampe neben ihrem Bett. „Licht an!“
    Nichts geschah.
    „Dann eben nicht!“ Nesrin kramte in der offenen Schublade. „Der Palast ist heute offenbar mies drauf. Aber das kriegen wir auch ohne seine Hilfe hin.“ Sie fischte eine Schachtel Streichhölzer hervor. „Ein guter Flieger - und ein Simurgh ist ein guter Flieger - müsste in ungefähr acht Tagen hier sein.“ Ein Streichholz flammte auf, das sie an die Feder hielt. „Ab jetzt!“
    Blitzschnell ging die Feder in Feuer auf , das kurz darauf wieder erlosch. Zurück blieb ein angekohltes Stück Federkiel und ein leichter Geruch nach verbrannten Haaren.
    „Und?“, fragte Kiana gespannt. „Hat es g ewirkt?“
    Nesrin zuckte die Schultern. „Woher soll ich das wi ssen?“
    „Und was ist, wenn dein Ziehvater kommt, und Damon greift den Palast nicht an ? Ist dein Ziehvater dann nicht

Weitere Kostenlose Bücher