Goldfalke (German Edition)
drehte sie ihren Teppich um und flog in den Basar hinein.
Gerade als Kiana Amir damit beeindrucken wollte, dass auch sie auf einem Teppich schwebten konnte, verspürte sie etwas. Etwas Beunruhigendes. Als hätte ein Hitzestrahl ihr Brustbein getroffen.
Dann fing sie Prinz Farids Blick auf, und die Hitze brannte sich im selben Atemzug durch ihren ganzen Körper. Farid flog auf seinem Teppich schräg an ihr vorbei und dann über den Verkaufsstand für Musikinstrumente hinweg.
Nein, entschied Kiana, sie nahm besser nicht den Teppich.
Stattdessen zwang sie sich dazu, den Prinzen nicht weiter zu beachten und würdevoll Fatima hinterher zu schreiten. Erschlagen von all den neuen Eindrücken trottete Amir neben ihr her. Als Farid weiter vorne am Zelt des Waffenschmieds in die Tiefe sank und von seinem Teppich stieg, stolperte Kiana über ein großes Fass am Ende des Ölhändlerladens, fand aber Halt an einer Stange, die, wie sie erkannte, als einer der Eckpfosten von Nadschibs Zelt diente. Das Zelt wackelte, hielt aber Stand, so dass Kiana ihr Gleichgewicht wiedererlangte.
„Das kann eigentlich nur Ki sein“, hörte sie Nesrins Stimme aus dem Inneren des Zeltes, gefolgt von einem Seufzer, der sicher von Fatima stammte. Einen Wimpernschlag später hüpfte Nesrin unter dem Zeltdach hervor. Ohne Scheu hakte sie ihren Arm bei Amir unter. „Hallo! Du bist sicher Amir. Willkommen in der schrägsten Shoppingmeile der Welt! Komm mit ins Zelt und such dir was aus!“
Amir blieb stocksteif stehen und befreite sich von Nesrins Arm. „Verschwinde, Hure, bei mir ist nichts zu verdienen!“
„Was?“ Mit heruntergeklapptem Unterkiefer stemmte Nesrin die Hände in die Hüften. „Wie hast du blöder Arsch mich genannt? Ich meine es gut mit dir, bin sogar freundlich zu dir, wühle mich durch unzählige Kleiderhaufen, um für dich coole Klamotten zusammenzustellen, und du nennst mich … was?!?“
Amir was sichtlich verblüfft, von einem Mädchen b eleidigt zu werden. Kianas Zuversicht stürzte ab ins Uferlose. Sie trat zwischen die beiden Jugendlichen, die ihr bei ihren Aufgaben helfen sollten, sich aber nun wie zwei feindliche Katzen mit gesträubtem Fell gegenüberstanden. „Sei ihm nicht böse, Nesrin! Er hat dich ... na ja, falsch eingeschätzt wegen deinem … Aufzug. So was kennt man in der Trüben Welt nur bei … zweifelhaften Frauen.“
Nesrin schaute an sich herab und zupfte an den Perlen ihres eng anliegenden Tops. „Was stimmt denn nicht mit meinem Outfit? Dass ich mich gern luftig und bequem und schön kleide und mich nicht wie die Frauen der Trüben Welt in einem Ganzkörpersack eintüten lasse, heißt noch lange nicht, dass ich eine verdammte Nutte bin!“
Kiana wandte sich um zu Amir: „Hier laufen alle Frauen so herum. Sieh dich doch um! Nesrin ist keine Hure. Sie ist mir eine liebe Freundin, Mitstreiterin und Schwester und hat deine Abfuhr nicht verdient.“
„Wenn das so ist …“, rang Amir sich ab. Mehr Entschuldigung, das wusste Kiana, würde Nesrin von ihm nicht bekommen.
„Was trödelt ihr draußen herum?“, hörte man Fat imas Stimme aus dem Inneren des Zeltes. „Kommt endlich rein, Kinder!“
Nesrin warf Amir einen hochnäsigen Blick zu , dann zuckte sie die Schultern und lächelte versöhnlich. „Was soll’s! Irren ist männlich. Kommt besser, bevor Fatima die Krise kriegt!“ Sie schlüpfte ins Zelt. Kiana und Amir folgten und grüßten schüchtern den Besitzer des Teppichladens, wobei Kiana hinter Amir in Deckung ging, um sich vor Nadschibs magischer Sehkraft zu schützen.
„Herzlich willkommen, junger Herr , und da ist ja auch Kiana, die Verwüsterin! Du ehrst mich mit deinem geschätzten Besuch.“ Nadschib verbeugte sich.
„ Die Verwüsterin?“, murmelte Kiana alarmiert. „Ich wollte damals den Basar nicht verwüsten! Wirklich nicht!“
Nadschib neigte sich zur Seite und schaute an Amir vorbei. „Sei beruhigt, erhabene Verwüsterin! Sollte erneut ein Ungemach deinen sicher überaus rechtschaffenen Zorn erregen, ist für alles gesorgt. Ich habe die Verankerung meiner Zeltplanen verstärken lassen.“
„Such dir jetzt einen Teppich aus, Söhnchen!“, befahl Fatima.
Nadschib nahm den obersten Teppich von einem Stapel und ließ ihn auf Amir zu segeln. „Wie wäre es mit diesem königlichen Prachtstück? Dicht geknüpft, glanzvoll und äußerst strapazierfähig.“
Entsetzt wich Amir dem fliegenden Webstück aus.
„ Also der ist es schon mal nicht.“ Mit einem Wedeln
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