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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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dann.
    »Nein. Kriminalpolizei.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Möchten Sie ein Bier?«, fragte Golsten statt einer Antwort. Als Kaczyk nicht reagierte, meinte Golsten in Richtung des Wirts: »Ich nehme auch noch eins.«
    Der nickte bestätigend und kurz darauf stand das Gewünschte auf der Theke. Golsten schob eines der Gläser zu Kaczyk. »Sie haben vor einiger Zeit für die Firma Brauser gearbeitet?«
    »Ja. Zwei Monate. Vom 1. September bis …«
    Golsten winkte ab. »Ich weiß. Damals haben Sie in Herne in der Schäferstraße bei einer Familie Munder Umbauarbeiten durchgeführt. Richtig?«
    Kaczyk nickte.
    »Dort war eine junge polnische Frau beschäftigt. Erinnern Sie sich an sie?«
    »Ja. Marta.«
    »Genau. Marta Slowacki. Sie ist verschwunden.« Golsten hielt es für klüger, nicht zu erwähnen, dass sie die Leiche der jungen Frau gefunden hatten.
    »Marta? Weggelaufen? Nein.« Der Pole schüttelte heftig den Kopf.
    »Wieso sind Sie sich da so sicher?«
    »Zu viel Angst.«
    »Vor wem?«
    Josef Kaczyk lächelte gequält. »Vor Strafe. Vor Gestapo. Vor Herrschaft.« Er drehte den Kopf und warf dem Wirt einen misstrauischen Blick zu.
    Golsten sah in die gleiche Richtung. Der Kerl hinter der Theke hatte das Interesse an seinen Gläsern verloren und bemühte sich, kein Wort ihrer Unterhaltung zu versäumen.
    Der Hauptkommissar stand auf und griff Kaczyk am Arm. »Kommen Sie. Wir setzen uns an einen Tisch.«
    Der Pole folgte ihm widerwillig.
    Dort setzte Golsten das Gespräch fort: »Mit Herrschaft meinen Sie Munders?«
    »Ja.«
    »Können Sie das etwas genauer erklären?«
    »Nein. Nichts erklären. Nicht Kriminalpolizei.«
    Golsten verstand. »Herr Kaczyk, Sie haben nichts zu befürchten. Wenn ich etwas gegen Sie hätte unternehmen wollen, wären Sie zu einer offiziellen Vernehmung ins Präsidium abgeholt worden. Aber ich möchte mich nur mit Ihnen unterhalten. Ganz inoffiziell, verstehen Sie?«
    Der Pole glaubte ihm augenscheinlich kein Wort und schwieg. Als er zum Glas griff, zitterte seine Hand. Der Mann hatte Angst.
    Golsten seufzte. So kam er nicht weiter. »Also gut. Lassen wir das. Was haben Sie in Munders Haus gemacht?«
    »Keller umgebaut.«
    »Und was genau?«
    »Eine Mauer gezogen. Mitten durch Raum. Großes Zimmer in zwei kleine geteilt.«
    »Wie lange haben Sie bei den Munders gearbeitet?«
    »Drei Tage.«
    »Und bei der Gelegenheit haben Sie Marta Slowacki kennengelernt?«
    »Nein. Sie aus Kulm. Ich auch. Wir haben uns in diesem Haus wieder getroffen.«
    »Bei Munders?«
    »Ja.«
    »Und Sie hat Ihnen gegenüber mit keinem Wort erwähnt, dass Sie sich bei Munders nicht wohlfühlte?«
    »Wohlfühlen?« Kaczyk lächelte bitter. »Was ist das? Wir hier nur arbeiten.«
    »Hatte Martha Kontakt zu weiteren Polen? Vielleicht zu Familienangehörigen?«
    »Nein. Aber selbst wenn …«
    »Was – selbst wenn?«
    »Sie hat Schande gebracht über Familie.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Kaczyk biss sich auf die Lippen. Dann aber rang er sich doch zu einer Antwort durch. »Sie bekam doch Kindchen.« Die Augen des Polen wurden feucht.
    Golsten riss den Mund auf. Hatte er doch recht gehabt mit seiner Vermutung! Die Gewichtszunahme, von der die Nieper gesprochen hatte. Und das plötzliche Abnehmen, welches dem Schuster aufgefallen war. Dann stimmte möglicherweise auch seine Hypothese über den toten Säugling im Gysenberger Wald: War das Marta Slowackis Kind?
    37
    Montag, 19. April / Dienstag, 20. April 1943
    S chon seit einer Stunde suchte Erwin in der beginnenden Dämmerung nach dem Versteck der Holzkiste. Nachdem sie das tote Kleinkind entdeckt hatten, war ihnen das Hauptquartier nicht mehr sicher erschienen. Niemand durfte von der Waffe in der Kiste erfahren. Er war sich völlig sicher, dass sie das Behältnis in diesem Teil des Gysenberger Waldes verbuddelt hatten. Aber das milde Klima der letzten zwei Wochen hatte die Gehölze ausschlagen lassen. Jetzt wuchs überall frisches Grün, wo vor vierzehn Tagen nur kleine Knospen gewesen waren. Und alles sah ganz anders aus.
    Erwin blieb stehen und versuchte, sich den Weg von ihrem aufgegebenen Hauptquartier zum neuen Versteck der Kiste zu vergegenwärtigen. Manni und er hatten zunächst die südliche Richtung eingeschlagen, dann, als sie die Hiltroper Landwehr schon im Blickfeld hatten, waren sie nach Osten marschiert. Etwa dreihundert Meter von dem heiermannschen Hof entfernt hatten sie die Kiste dann vergraben. Nicht tief, gerade so, dass kein heftiger Regenguss

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