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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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Sie diese Gravierung?«
    »Natürlich.«
    »Das sind mehrfach ineinander verflochtene Linien.«
    »Und?«
    »Die Edelsteinsplitter sind Rubine. Keine sehr großen, aber immerhin. Genau ein solcher Armreif findet sich auf einer Liste gestohlener Schmuckstücke, die mir zugespielt wurde. Das ist ein Unikat!«
    Munder atmete tief durch. Diese Idioten in Lemberg hatten sich nicht an die Absprache gehalten, nur unauffällige Wertsachen zu schicken. Und anscheinend war der Verlust im Lager schon bemerkt worden. Verdammter Mist! Solche Fehler durften einfach nicht passieren. Sonst war ihr lukratives Geschäft zu Ende, bevor es richtig angefangen hatte. Munder versuchte einen letzten Einwand. »Wo und von wem wurde der Diebstahl gemeldet?«
    »Spielt das eine Rolle? Das Teil wurde geklaut und wir beide wissen das. Ich mache Ihnen ein Angebot. Fünfhundert für den Reif.«
    Munder schluckte. »Achthundert.«
    Jetzt hatte von Schmeding ihn. »Ich kann gestohlene Ware nicht verkaufen, wenn sie so auffällig ist wie dieses Stück.«
    Munder seufzte. »Siebenhundert.«
    Der SS-Offizier schüttelte den Kopf. Ihm begann, der Handel Spaß zu machen. »Das Stück lässt sich nicht umarbeiten. Wenn ich erwischt werde, bleibt es nicht beim Knast. Dann droht KZ.«
    »Sechshundertfünfzig. Mein letztes Wort.«
    Von Schmeding reichte seinem Gegenüber die Hand. »Einverstanden.«
    35
    Samstag, 17. April 1943
    K riminalrat Wilfried Saborski zog seine SS-Uniform an. Kleider machten schließlich Leute. Dann öffnete er die Tür zu dem Vorzimmer seines Büros: »Ist der Fahrer schon da?«
    Margot Schäfer beeilte sich zu versichern, dass der Fahrer, der Saborski in das Büro des NSDAP-Gauleiters Paul Giesler bringen sollte, im Hof wartete.
    Saborski schaute auf seine Uhr. »Sehr gut. Ich möchte mich unter keinen Umständen verspäten.«
    Von Schmeding hatte Saborski noch gestern Abend fernmündlich über den Verlauf des Gesprächs mit Munder unterrichtet. Und als Saborski am frühen Morgen in sein Büro gekommen war, hatte der Bericht bereits in dreifacher Ausfertigung auf dem Schreibtisch des Sturmbannführers gelegen. Die Papiere waren als Verschlusssache deklariert, genau wie die Abhörprotokolle aus Kittys Salon. Saborski hatte die Aufzeichnungen um eigene Bemerkungen ergänzt, die seine Sekretärin eilig zu Papier gebracht hatte. Anschließend hatte er um einen dringenden Termin bei dem Gauleiter nachgesucht und diesen auch bekommen.
    Saborski packte die Unterlagen in seine Aktentasche und verließ sein Büro. »Wie sehe ich aus?«, fragte er Margot Schäfer, als er ihr gegenüberstand.
    »Ausgezeichnet, Herr Sturmbannführer. Schnittig.«
    Saborski wusste, dass sie log. Er hatte die schwarze Uniform das letzte Mal beim Silvesterempfang getragen. Sie spannte am Bauch. Entweder speckte er ab oder die Uniformjacke musste zum Änderungsschneider.
    Es war nicht weit bis zum Sitz der Gauleitung. Saborski stieg aus dem Wagen, sagte dem Fahrer, dass er den Rückweg zu Fuß machen werde, und begab sich in das Haus, in dem Giesler residierte.
    Kurz darauf führte ihn eine Sekretärin in das Sitzungszimmer der Gauleitung, bot ihm Kaffee an und meinte, dass er sich bitte noch gedulden möge. Aus den wenigen Minuten wurde fast eine Stunde. Saborski schäumte innerlich. Aber er hatte keine Wahl.
    Die Bilder an den Wänden des Sitzungszimmers zeigten die üblichen nationalsozialistischen Helden: Soldaten mit entschlossenen Gesichtern, stramme Landfrauen mit rosa Bäckchen und blonde Hitlerjungen.
    Endlich öffnete sich die mit Leder gepolsterte Tür des Sitzungszimmers und der Gaustabsleiter Erich Hedder betrat den Raum.
    »Heil Hitler, Sturmbannführer. Leider muss ich den Ministerpräsidenten entschuldigen. Er musste dringend nach München. Unaufschiebbar. Er bat mich, diesen Termin für ihn wahrzunehmen. Sicher haben Sie dafür Verständnis.«
    Keine Frage, eine Feststellung. Natürlich machte Saborski gute Miene zum bösen Spiel. Was blieb ihm übrig? Für einen kurzen Moment spürte er Panik in sich aufsteigen. Hatte er Munders Einfluss unterschätzt? War die Abwesenheit Gieslers eine politische Entscheidung? War er möglicherweise zu weit gegangen? Ging es am Ende nicht um Munder, sondern um seinen Kopf? Andererseits: Giesler war neben seiner Tätigkeit im Gau Westfalen-Süd auch geschäftsführender Gauleiter in München und Oberbayern und in dieser Eigenschaft auch Ministerpräsident von Bayern, Reichstagsmitglied sowie SA-Obergruppenführer.

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