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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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Schachtel, die mehrere gestickte Edelweißabbildungen enthielt. »Da haben wir ja die Erkennungszeichen«, freute sich Langer und forschte weiter im Hohlraum. »Aber das Beste kommt erst noch«, triumphierte er kurz darauf und zog seine Hand erneut aus der Öffnung. »Wenn mich nicht alles täuscht«, lachte er und schlug einen Lappen auseinander, »haben wir hier eine Waffe.« Er streckte, immer noch auf dem Bauch liegend, Golsten eine Walther P38 entgegen. »Wer sagt’s denn! Das reicht, um die ganze Kommunistenfamilie aufs Schafott zu bringen. Was meinen Sie, Hauptsturmführer?«
    Golsten zog es vor, nicht zu antworten. Aus der Sache mit dem Feindsender hätte sich die Familie mit etwas Glück vielleicht noch hinauslavieren können. Aber die Flugblätter, die Abzeichen und vor allem die Waffe? Das Schicksal der Bertelts schien besiegelt.
    »Kommen Sie«, sagte Golsten mit belegter Stimme. »Unsere Aufgabe hier ist beendet.«
    »Sie erwähnen doch in Ihrem Bericht, dass ich es war, der das Versteck gefunden hat?«, forderte Langer. »Das bringt mich der nächsten Beförderung näher.«
    »Natürlich. Dieser Erfolg geht allein auf Ihr Konto.« Mit schweren Schritten stieg Golsten die Treppe hinunter, gefolgt von Langer.
    Immer noch mit der Walther in der Hand öffnete der Hauptsturmführer die Tür zum Wohnzimmer. Ängstlich sahen ihm drei Augenpaare entgegen.
    Golsten atmete durch. »Wir haben diese Waffe in Erwins Zimmer gefunden. Dazu Flugblätter, die die deutsche Volksgemeinschaft schwächen sollen, und Abzeichen der Gruppierung, die sich Edelweißpiraten nennt. Sie sind alle festgenommen.« Und den Uniformierten befahl Golsten: »Abführen.«
    Als einer der Polizisten Erwin an Golsten vorbeiführte, zischte der Junge voller Wut: »Ich würde es wieder tun.«
    Golsten gab seinem Kollegen ein Zeichen zu warten. »Was würdest du wieder tun?«
    »Dat Schwein Munder …«
    »Erwin!« Ilse Bertelt, die hinter ihrem Sohn stand, rief den Namen voller Verzweiflung. »Was hast du mir versprochen? Kein einziges Wort mehr. Nicht ein Wort!«
    »Was hast du mit Munder zu tun?«, drängte Golsten. »Mach den Mund auf!«
    »Sie können mich«, antwortete Erwin nur. »Und zwar kreuzweise.« Er schwieg. Nur seine Augen blitzten hasserfüllt.
    Für einen kurzen Moment war Golsten versucht, dem Jungen ins Gesicht zu schlagen, um seinen Widerstand zu brechen. Dann aber entschied er sich anders. Das Schlagen würden noch andere erledigen. Ohne jeden Zweifel. »Bringt sie weg«, sagte er müde und drehte sich um.
    »Sichern Sie die Gegenstände da«, ordnete Golsten an und wies auf die Beweismittel, die Langer auf dem Tisch deponiert hatte.
    Einer der Polizisten zog einen Baumwollbeutel aus der Tasche und versuchte, die Walther wieder in den Flicken zu wickeln, der neben der Waffe lag. Umständlich hob der Mann den Lauf der Walther mit den Fingerspitzen an, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, und versuchte, den Lappen um Griff und Abzugshebel zu schlagen. Plötzlich löste sich ein Schuss. Krachend bohrte sich das Geschoss neben Golstens Kopf in die hölzerne Türzarge. Holzteilchen spritzen in das Gesicht des Hauptkommissars, der zusammenzuckte, sich dann aber sofort nach dem Beamten umschaute, der mit hochrotem Gesicht nur wenige Meter von ihm entfernt stand.
    »Sind Sie wahnsinnig, Kerl?«, fuhr Golsten den Unglücksraben an. »Wollen Sie mich umbringen?«
    Der Polizist wurde noch kleiner, als er ohnehin schon war. »Das war keine Absicht, Hauptsturmführer. Die Waffe …«
    »Keine Absicht? Das wäre ja noch schöner«, blaffte Golsten.
    »Die Waffe. Sie war nicht gesichert.«
    »Was lernen Sie heute eigentlich auf der Polizeischule?«, brüllte Golsten immer noch. »Jede Waffe ist zu sichern, bevor sie weitergegeben wird.«
    »Jawohl, Hauptsturmführer. Aber Sie selbst …«
    »Halten Sie den Mund. Sonst finden Sie sich schneller an der Ostfront wieder, als Ihnen lieb ist.«
    »Jawohl.«
    »Und jetzt sichern Sie die Waffe. Und dann die Beweise.« Golsten drehte sich um. Natürlich wusste er sehr genau, dass es Langer und er selbst gewesen waren, die es versäumt hatten, die Walther zu sichern.
    »Scheißtag«, murmelte er, als er das Haus verließ.
    »Was sagten Sie, Herr Hauptkommissar?«, fragte Langer, der neben dem Wagen auf ihn gewartet hatte.
    »Nichts«, erwiderte Golsten. »Fahren Sie mich ins Präsidium.«
    Eine halbe Stunde später saß Golsten wieder hinter seinem Schreibtisch und arbeitete an seinem Bericht.

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