Goldfasan
Stirn. Unter diesen Umständen erschien es ihm tatsächlich klüger, zunächst keinen Bericht über Echtes Vernehmung zu schreiben.
41
Donnerstag, 22. April 1943
E s klingelte. Hermann Treppmann schlurfte zur Haustür.
Theo Mönch wartete davor. »Hermann, kann ich dich einen Moment sprechen?«, fragte er.
»Klar. Worum geht es?«
»Bist du allein?«
»Ja. Komm rein.«
Mönch folgte Treppmann ins Innere des Hauses. »Uns kann wirklich niemand hören?«
»Nun mach es nicht so spannend. Was ist los?«
Mönch holte tief Luft. »Dein Schwiegersohn hat heute Morgen den kleinen Bertelt verhaftet.«
Treppmann schaute entgeistert. »Den Enkel von Sigi Bertelt?«
»Genau den. Aber nicht nur den Jungen, sondern seine Mutter gleich mit. Und auch Sigi.«
Treppmann stöhnte. »Ich brauche einen Schnaps. Du auch?«
»Es ist zwar eigentlich noch nicht meine Zeit, aber was soll’s.«
Die Männer gingen ins Wohnzimmer, wo Hermann Treppmann zwei Gläser füllte und eins davon Theo Mönch reichte. Schweigend schluckten sie das hochprozentige Getränk.
»Weswegen hat Peter die ganze Familie eingebuchtet?«
»Genaues wissen wir nicht.«
»Wir?«
»Einige Genossen von früher. Kommunisten und Sozis. Auch andere Jugendliche sollen verhaftet worden sein. Es scheint sich um eine groß angelegte Aktion gehandelt zu haben. Für Erwin Bertelt kann die Sache aber ganz übel aussehen. Er hat einem früheren KPD-Mann, mit dem ich gut befreundet bin, erzählt, dass er das Attentat auf diesen Nazibonzen verübt hat.«
»Munder? Ich habe davon in der Zeitung gelesen. Theo, der Junge will sich doch nur wichtig machen.«
»Das haben wir auch erst gedacht.«
»Wenn er wirklich der Attentäter war, wäre es doch schlauer gewesen, die Klappe zu halten.«
»Natürlich. Aber er hat in der Vergangenheit schon häufiger kleinere Aufträge für die Kommunisten erledigt. Mein Bekannter meint, Erwin wollte um jeden Preis Mitglied der KPD werden. Er hat wohl angenommen, das Attentat sei seine Eintrittskarte in die Partei.«
Treppmann schüttelte den Kopf. »Deshalb schießt man doch nicht auf Menschen. Auch nicht auf einen Goldfasan.«
»Darüber, Hermann, lässt sich trefflich streiten. Wir jedenfalls glauben die Geschichte. Denn er hatte noch einen anderen Grund für sein Handeln. Sicher hast du von Manni Loobs gehört, der auf der Flucht von der Gestapo erschossen wurde?«
»Ja.«
»Manni war Erwins Freund. Er wollte ihn vermutlich rächen.«
Treppmann schlug zornig mit der flachen Hand auf den Tisch. »Dummer Junge!« Er griff zur Flasche und goss nach. »Aber warum erzählst du mir das alles?«
»Ich möchte mit Rosen sprechen.«
»Was hat der damit zu tun?«
»Mein Freund, von dem ich eben sprach, ist seit Kriegsbeginn nicht mehr in der KPD aktiv.«
»Ist vermutlich auch gesünder«, brummte Treppmann.
»Er hat keinerlei Kontakte mehr zu den Illegalen. Aber Rosen hat sie.«
»So überragend können seine Kontakte nicht sein«, bemerkte Treppmann. »Sonst säße er nicht in meinem Stall.«
»Er hat sie, sagt mein Freund. Und für ewig kann Rosen ja nicht bei dir bleiben. Wir möchten ihn bitten, die Information über Erwins Verhaftung weiterzugeben.«
»Wozu soll das gut sein?«
»Wenn der Junge nicht gleich am Galgen endet, stecken die Nazis ihn in ein KZ. Dort aber gibt es kommunistische Widerstandszellen. Vielleicht können die dem Jungen helfen zu überleben.«
Treppmann schüttelte verwundert den Kopf. »Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass das funktioniert?«
»Ein Versuch ist es wert. Du musst wissen, der Junge hat behauptet, dass Munder noch gelebt hat, als er weggelaufen ist. Dann fiel ein zweiter Schuss. Vielleicht rettet das Erwin vor dem Schafott.«
»Wer hat Munder denn dann getötet?«
»Keine Ahnung.«
»Zwei Attentäter in einer Nacht? Nicht sehr wahrscheinlich, oder? Welches Motiv sollte denn der große Unbekannte gehabt haben?«
»Munder war ein Bonze. Da kann ich dir, ohne groß nachdenken zu müssen, jede Menge Motive liefern.«
»Auch richtig.« Treppmann war aber noch nicht überzeugt. »Aber ich glaube nicht, dass der Junge damit durchkommen wird.«
»Kann ich trotzdem mit Rosen reden?«
»Meinetwegen.«
Die Männer betraten den Stall. Treppmann rief die verabredete Parole und kurz darauf fielen sich Rosen und Mönch in die Arme.
»Ich bin nicht mehr dazu gekommen, dir zu danken, Theo.«
»Hermann hat mir deinen Dank ausgerichtet. Das ist doch selbstverständlich.«
Rosen klopfte
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