Goldfasan
dem anderen auf einem Schreibtisch stapelte. »Hier irgendwo … Meine Brille. Ich habe sie verlegt. Einen Moment. Wenn Sie vielleicht solange …«
Saborski klopfte dem Mann jovial auf die Schulter. »Lassen Sie. Nehmen Sie ruhig wieder draußen Platz. Ich suche mir die Nummer selbst heraus.«
»Das ist eigentlich gegen die Vorschriften«, wagte Hoppert einen zaghaften Einwand.
»Keine Angst. Das mit den Vorschriften lassen Sie meine Sorge sein. Ich werde schon keine Aktenordner stehlen.«
Der Alte riskierte ein verhaltenes Lachen.
»Sehen Sie.«
Kaum hatte der Wachtmeister Saborskis Aufforderung Folge geleistet und das Büro verlassen, zeigte der Kriminalrat auf einen weiteren Ordner, dessen Rücken die Datumsangabe April 1943 trug. Von Schmeding nickte wortlos und griff zu dem Verzeichnis, während Saborski den anderen durchblätterte.
»Alles klar«, flüsterte von Schmeding nach wenigen Sekunden und auch Saborski fand schnell, was er suchte. Beide Männer traten wieder auf den Flur.
»Ich habe die Verzeichnisnummer. Lassen Sie uns bitte eintreten.«
Der Wachmeister erhob sich, schlurfte zu einer zweiflügeligen Stahltür und öffnete. Saborski und von Schmeding betraten den Raum, der dahinter lag. Der alte Polizist folgte ihnen.
»Wollen Sie etwa Ihren Posten verlassen?«, tadelte Saborski.
»Ja, aber …«
»In Ihren Vorschriften steht mit Sicherheit nicht, dass Sie einen Vorgesetzten nicht allein in die Kammer lassen dürfen, oder?«
»Nein, das nicht.«
»Stattdessen steht garantiert dort, dass Sie die anderen Lagerräume im Auge zu behalten haben. Richtig?«
»Ja. Und ich muss in einem solchen Fall eine Ablöse anfordern, damit diese den Schreibtisch besetzen kann.«
»Wir haben nach fünf Uhr. Quasi schon Feierabend. Woher wollen Sie um diese Zeit eine Ablöse bekommen? Und selbst wenn, das dauert ewig, bis die hier ist.« Saborski hob seine Stimme gerade so weit, dass der Alte merkte, dass der Kriminalrat ungehalten zu werden drohte. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir holen schnell das Asservat, zeigen es Ihnen, Sie tragen die Entnahme in das Verzeichnis ein und schon sind wir wieder weg. Und den Vorschriften ist Genüge getan. Einverstanden?«
»Ja … Nein … Aber …«
»Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann«, meinte Saborski und schob den Wachtmeister zurück in den Flur. »Und jetzt passen Sie auf die anderen Archive auf.«
»Zu Befehl.«
Saborski schob das Türblatt in den Rahmen. »Ich bleibe sicherheitshalber hier stehen.« Er nickte von Schmeding zu.
Dieser ging zügig die Schrankreihen entlang, fand an einem Regal schnell die Nummer, die er dem Asservatenverzeichnis von 1943 entnommen hatte, und steckte die Walther in sein leeres Pistolenhalfter.
»Jetzt noch die Gipsabdrücke«, stellte Saborski fest. »G 23a. Wahrscheinlich eine Schublade.«
Die befand sich nicht weit entfernt.
»Und nun machen Sie etwas Unordnung. Aber notieren Sie sich zumindest einige der Nummern.«
Von Schmeding griff wahllos zu verschiedenen Asservaten und tauschte deren Plätze, ließ hier etwas in den hinteren Regalreihen verschwinden, verstaute da etwas in einem Kasten, was dort nicht hineingehörte. Einige kleinere Beweisstücke steckte er ein. Dabei schrieb er sich sorgfältig die Nummern der jeweiligen Asservate auf.
»Das reicht«, ordnete Saborski an.
Sie verabschiedeten sich von dem Wachtmeister und verließen das Untergeschoss.
»So. Gehen Sie schon zum Wagen. Ich werde den Laden jetzt ein wenig aufmischen.«
Mit diesen Worten entließ Saborski von Schmeding und machte sich auf, dem Vorgesetzten des Wachtmeisters einen unangemeldeten Besuch abzustatten.
Der Beamte zog sich gerade seinen Mantel an, als der Kriminalrat sein Büro stürmte.
»Was ist das hier für eine unverantwortliche Sauerei?!«, brüllte Saborski. »Haben Sie Ihren Laden nicht im Griff, oder was?«
»Herr Saborski, ich …«
»Für Sie immer noch Sturmbannführer. Was ist da in Ihrer Asservatenkammer los?«
»Ich verstehe nicht …«
»Was haben Sie für einen vergreisten Idioten dort sitzen?«
»Aber …«
»Nichts aber! Lassen Sie mich ausreden, Mann. Ich war eben dort unten, um Gipsabdrücke von Schuhspuren zu sichten. Wir benötigen diese Abdrücke als Beweis. Und was finde ich in Ihrer Asservatenkammer? Falsch eingeordnete Beweisstücke, unzutreffende Verzeichnisse und ein Beamter, der völlig überfordert ist und ständig gegen die Vorschriften verstößt. Er hat meinen Mitarbeiter und
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