Goldfieber
sagte ich, »diese alten Käuze haben nicht viel Fleisch auf dem Speiseplan stehen. Das ist zu teuer. Ein Bussard im Topf zaubert möglicherweise ein Lächeln auf all ihre Gesichter.«
Ich konnte das kleine Mistvieh nur aus den Augenwinkeln sehen, aber ich schwöre, dass es mich verhöhnte. Irgendwoher und irgendwie hatte der Vogel den Eindruck, er wäre unverwundbar.
Vermutlich war das mein Fehler.
»He, du da!«
Ich seufzte, blieb stehen und drehte mich um. »Ja, Victor?«
»Warum hast du nicht gesagt, dass du ein Bauchredner bist? Ein Kerl mit einer guten, anzüglichen Nummer wäre ein echter Verkaufsschlager auf dieser Müllhalde hier.«
»Darüber denke ich mal nach.« Das war vielleicht ein guter Karrierewechsel. Ich habe noch nie einen Bauchredner mit einem Arm in der Schlinge oder mit bandagiertem Kopf gesehen. »Mal sehen, was Shale davon hält.« Ich komme einfach nicht an Leuten vorbei, ohne dass sie glauben, ich würde diesem Dodo einen Haufen Unsinn in den Schnabel legen.
Warum konnte sein großes Schweigen nicht einfach anhalten?
Hatte vielleicht einer der armseligen Götter immer noch einen Rochus auf mich?
64. Kapitel
Shale schien zu schlafen. Vielleicht war er ja auch einfach nur tot. Seine Brust bewegte sich jedenfalls nicht. Möglicherweise lag er auch im Winterschlaf. Vielleicht erklärte das, warum er nicht älter wurde. Ich habe gehört, dass man nicht altert, wenn man Winterschlaf hält.
Er lag schon so lange an derselben Stelle, dass ihn der Olivenbaum nicht mehr vor der Sonne schützte. Er war vollkommen verrunzelt, von Leberflecken übersät, und wenn man alle seine weißen Haare aneinander gebunden hätte, würden sie vielleicht seine Knöchel erreichen. Seine Kleidung war zwar verschlissen, aber sauber. Medford Shale hatte einen Sauberkeitsfimmel.
»Shale glaubt, dass du ein untalentierter kleiner Quälgeist bist und dass in Wirklichkeit diese Stockente redet und jemandem Worte in den Mund legt.« Shales verdorrte Lippen bewegten sich kaum. Vielleicht benutzte ihn ja auch jemand aus dem großen Jenseits als Bauchrednerpuppe. »Hast du schon eine Frau gefunden?«
»Schön, dass es dir gut geht, Onkel Medford. Nein. Ich spiele immer noch auf freiem Feld.«
Jeder andere alte Knacker in dem Laden hätte mir zugezwinkert, mich angestoßen und eine Junge-du-bist-zu-beneiden-Nummer abgezogen. Aber Medford Shale fuhr mich an: »Bist du vielleicht eine Tucke? So was gibt's in unserer Familie nicht. Was zum Teufel fällt dir ein, hier derart gekleidet aufzutauchen?«
Kein Verwandter von Shale tat jemals etwas, was ihm nicht gegen den Strich gegangen wäre. Die Vernünftigeren besuchten ihn einfach nie. Im Allgemeinen schloss das auch diejenigen unserer Familie ein, die ein Fell wie Trolle hatten.
»Ist dein Leben so angefüllt, dass du nicht mal eine Minute hast, um die letzten Jahre deines Onkels zu versüßen?«
»Stimmt genau, Onkel. Wenn ich mich entscheiden müsste, ob ich dem Gras beim Wachsen zusehen oder dir Miesepeter zuhören müsste, wäre das keine faire Alternative.« Das hatte ich ihm schon immer sagen wollen. Als ich noch ein Kind war, hat meine Mutter mich daran gehindert. Später hielt mich der Respekt zurück. Obwohl ich eigentlich finde, dass Respekt auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. Shale ist viel zu selbstverliebt, um etwas anderes als sich zu respektieren. Und im Augenblick, mit einigen frischen Beulen von Riesen-Fäusten auf den anderen Verwundungen, die ich letzter Zeit eingesammelt hatte, war ich selbst gereizt.
»Das ist keine Art, mit…«
»Wenn du ordentlich behandelt werden willst, musst du auch die anderen ordentlich behandeln. Wenn ich mich anschnauzen und runtermachen lassen will, brauche ich nicht erst hierher zu kommen.«
Shale sah mich erstaunt an. Er setze sich rüstiger auf, als man es von einem Kerl, der dreimal so alt war wie ich, erwarten sollte. »Dieser Papagei weiß anscheinend nicht mehr genau, was er dir in den Mund legen soll. Keiner meiner Verwandten würde so mit mir reden.«
»Na gut. Ich bin kein Verwandter. Und der Bussard kräht einfach nur. Er sagt, wenn du es einfacher haben willst, hilf mir. Ich weiß, wo ich diese Sirup-Kekse bekomme, die du so gerne magst.« Ich ließ ihn einen kleinen Blick auf das Bündel werfen.
Medford Shale war nicht dumm. Er war einer dieser Charaktere, die sich nur um sich selbst kümmern. Ich habe schon als Kleinkind gelernt, mit ihm klarzukommen, noch bevor Tante Alisa starb und er sich
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