Goldfieber
haben!«
»Euer Bruder!«, wiederholt Cortés. »Merkt Ihr nicht, dass er Euch zu schaden versucht? Wahrscheinlich säße er gerne selbst auf Eurem Thron!«
Montezuma beobachtet ihn mit bebenden Lippen. »Bei allen Göttern, worauf wollt Ihr hinaus?«
»Ich hatte so sehr gehofft, mein Freund«, gibt Cortés zurück, »dass Ihr mich als Euren Bruder ansehen würdet!«
Da erhebt sich Montezuma von seinem Thron und streckt unserem Herrn seine Hände entgegen. »Für mich seid Ihr mein Bruder!«, ruft er aus. »Es ist mein heißester Herzenswunsch!«
Cortés ergreift seine Hände und zieht den Herrscher nahe an sich heran. »Dann kommt mit mir in meinen Palast, mein Bruder!«, sagt er in eindringlichem Tonfall. »Ich bin bereit, Euch zu vergeben, doch meine Hauptleute bestehen darauf, dass Ihr uns begleitet.« Er deutet mit dem Kopf zu seinen drei Vertrauten und Tapia. »Sie werden Euch auf der Stelle töten«, fügt er hinzu, »wenn Ihr um Hilfe ruft oder Euch in irgendeiner Weise sträubt.«
Montezuma ist nun vollkommen fassungslos. Abwechselnd starrt er Cortés und Marina an, Portocarrero und die anderen Hauptleute, deren Hände auf dem Knauf ihrer Waffen ruhen. Schließlich löst er sich aus Cortés’ Griff und sinkt auf seinen Thron zurück.
»Ich bin der König!«, murmelt er. »Ich bin nicht dazu geschaffen, in den Kerker zu gehen.« Seine Augen sind weit aufgerissen,seine Nasenflügel beben. Er wendet sich zu seinen Ratgebern um, doch die alten Männer wirken allesamt wie versteinert.
»Wer redet denn vom Kerker?«, antwortet ihm Cortés. »Begleitet mich, und ich schwöre Euch bei allem, was mir heilig ist, dass Euch kein Leid geschehen wird.«
Montezuma schüttelt bekümmert sein blau gefiedertes Haupt. »Die Götter werden Euch zürnen, wenn Ihr mich, den König, gefangen nehmt! Ihr würdet den Himmel kränken, die Mächtigen der Ober- und der Unterwelt!« Einige Augenblicke brütet er vor sich hin. »Ich weiß einen Ausweg!«, ruft er dann und schaut Cortés fast triumphierend an. »Ich übergebe Euch drei meiner Söhne! Nehmt sie in Gewahrsam – so vermeidet Ihr die Kränkung der Götter und die Beschmutzung der Königswürde!«
Cortés wendet sich um. »Was sagt ihr dazu?«, fragt er seine Hauptleute.
Wie sie es vorher abgesprochen haben, schütteln alle vier gleichzeitig den Kopf. »Kommt nicht infrage!«, sagt Alvarado. »Auch wenn er dein brüderlicher Freund ist, Hernán – wir bestehen darauf, dass er mitkommt. Wenn du ihn nicht davon überzeugen kannst, werde ich ihn hier auf seinem Thron hinrichten.«
Unser Herr ringt die Hände. »Ihr seid hart und herzlos!«, ruft er seinen Vertrauten zu. »Vielleicht hat sich ja doch alles so zugetragen, wie es Cuitláhuac dargestellt hat?«
»Um das herauszufinden«, gibt Alvarado prompt zurück, »müssen wir zuerst Boten zur Küste hinunterschicken. Und bis dahin muss Don Montezuma auf jeden Fall unser Gast sein.«
»So müsste es gehen«, murmelt Cortés und schaut scheinbar nachdenklich vor sich hin. »Meint Ihr nicht auch, mein Freund?«, wendet er sich an Montezuma. »Am besten schickt Ihr unverzüglich einige Gesandte los. Und bis sie zurück sind, führt Ihr einfach von meinem Palast aus Eure Regierungsgeschäfte weiter! Niemand wird etwas Besonderes daran finden – warum auch? Ihr werdet einfach erklären, dass Ihr Euren Amtssitz für ein paarWochen in den alten Königspalast verlegt, um unsere Freundschaft zu festigen. Was sagt Ihr nun, mein edler Bruder?«
Cortés ergreift erneut beide Hände des Herrschers und zieht ihn von seinem Thron hoch. Er schaut ihn so durchbohrend an, wie nur er das kann, und da gibt sich Montezuma schließlich geschlagen.
»Um Euch zu zeigen, dass ich guten Willens bin«, sagt er mit leiser Stimme, »werde ich mit Euch gehen. Und ihr«, wendet er sich an seine Ratgeber, »folgt mir hinüber in den Palast meines Vaters!«
Die Ältesten wechseln Blicke. Ihre Lippen sind zusammengekniffen, ihre Augen schmale Schlitze. Ich kann den meisten von ihnen ansehen, dass sie diesem Befehl nicht folgen werden.
Eine halbe Stunde später hat Montezuma drei Gesandte nach Cempoallan losgeschickt, begleitet von Sandoval und seinen kampferprobtesten Soldaten. Der Aztekenherrscher tritt zusammen mit unserem Herrn aus dem Thronsaal in den Vorraum. Er weist seine Wächter an, auf ihrem Posten zu bleiben, und geht mit Cortés die Treppe hinunter in die Halle. Dort warten schon seine fürstlichen Träger mit der blau
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