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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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ich werde mit meinen Männern an Eurer Seite kämpfen.«
    Montezuma sieht Cortés entgeistert an. »Texcoco angreifen? Das ist vollkommen unmöglich!«, ruft er aus. »Texcoco ist der Hort unserer Kultur. Jedermann bewundert und verehrt die Texcoca für ihre Dichtkunst, Weisheit und verfeinerte Lebensart. Wer es wagt, Texcoco anzugreifen, macht sich damit selbst zum verachteten Außenseiter, dem jeder ins Gesicht spucken darf!«
    Portocarrero verdreht die Augen. Er will eben anfangen loszupoltern, als ihn Cortés mit einer Handbewegung zum Schweigen bringt.
    »Ihr habt recht, edler Freund«, lenkt er ein. »Einen Angriff auf die Wiege Eurer Zivilisation sollten wir möglichst vermeiden. Aber das lässt sich nur dann bewerkstelligen, wenn uns Fürst Coquatzin alles offenbart, was er über die Verschwörung weiß.«
    Der Herrscher von Tollocan schaut Cortés unsicher an. »Ich habe Euch alles gesagt!«, beteuert er.
    »Das ist wahr – jedenfalls im Großen und Ganzen«, stimmt ihm unser Herr zu. »Nur eines habt Ihr noch nicht erwähnt, sicher bloß aus Vergesslichkeit. An welchem Ort und zu welcher Stunde soll die nächste Zusammenkunft der Verschwörer stattfinden?«
    Von Coquatzins Gesicht kann ich ablesen, was in ihm vorgeht. Natürlich hat auch er von der grausamen Strafe gehört, die jene fünfzehn aztekischen Offiziere erleiden mussten – für ein ungleich kleineres Vergehen! Einen Moment lang starrt er noch vor sich auf den Boden. »In drei Tagen«, sagt er dann, »in demselben Landhaus wie beim ersten Mal.«
    Cortés kniet vor Coquatzin nieder und beugt seinen Oberkörper vor, als wollte er den Boden küssen. Überrumpelt wirft sich der Fürst von Tollocan gleichfalls zu Boden.
    »Ich danke Euch von Herzen, Don Coquatzin, für Eure Treue zu König Montezuma«, sagt Cortés. »Geht in drei Tagen wie vereinbart zu dem Treffen der Verschwörer und lasst Euch nichts anmerken! Ich versichere Euch, dass Euch nichts Arges geschehen wird.«
    Damit entlässt er den Fürsten von Tollocan und kurz darauf ziehen auch er selbst und seine drei Vertrauten sich zurück. Mir schärft Cortés vorher noch ein, dass ich Montezuma in den nächsten Tagen nicht aus den Augen lassen soll. »Falls er irgendwelche ungewöhnlichen Besucher empfängt, gib mir sofort Bescheid!«
    Ich verspreche ihm, alles auszuführen, wie er es wünscht. »Wie werdet Ihr nun vorgehen, Herr?«, frage ich.
    Cortés wendet sich ab und geht zur Tür. »Was du nicht weißt«, sagt er über die Schulter zu mir, »kannst du auch nicht versehentlich ausplaudern!«
- 7 -
    Was genau sich am 12. Januar im 1520. Jahr des Herrn in jenem Landhaus abgespielt hat, weiß ich nicht – und bei Gott, ich will es auch nicht wissen. Weder Cortés, der die »Aktion« persönlich leitete, noch Tapia oder Alvarado wollten anschließend darüber sprechen. Ihre Männer hatten sie zu eisernem Schweigen verpflichtet und selbst Diego brachte so gut wie nichts aus ihnen heraus. Dabei fragte er jeden, der dabei war, ob das Landhausbewacht gewesen sei und ob die Verschwörer sich gewehrt oder sofort die Waffen gestreckt hätten.
    Als die königlichen Gefangenen hier im Palast eintrafen, waren sie jedenfalls in einem elenden Zustand. Von ihren kostbaren Gewändern waren nur ein paar Fetzen übrig. Ihre Gesichter waren grau, ihre Augen fast so starr wie Glasmurmeln. Sie schleppten sich mühsam voran, so als ob jedes bisschen Lebenskraft aus ihnen herausgeprügelt worden wäre.
    Der Herrscher von Itzapalapa – dem Fürstentum am Südufer, dessen Bauwerke teilweise auf Pfählen stehen – kroch auf allen vieren aus seiner Sänfte und die Treppe hinauf. Der Fürst von Coyoacan – eines der bezaubernden Städtchen, an denen wir bei unserem Einmarsch nach Tenochtitlan staunend vorbeigezogen sind – verzerrte bei jedem Atemzug schmerzlich das Gesicht. König Cacama hatten sie gar nicht erst mitgebracht: Er war mit Alvarado »weitergereist«, um ihm »die Goldvorräte von Texcoco zu übergeben«. Das erklärte mir jedenfalls Tapia, um im nächsten Atemzug hinzuzufügen: »Bitte frage mich nichts, mein Retter! Cacamas Bruder Conacochtzin wird der neue König von Texcoco. Er und die anderen werden tun, was man von ihnen erwartet. Dafür dürfen sie weiterleben und weiterhin Fürsten spielen.«
    Doch vorerst durften sie nicht einmal so tun, als ob sie noch die Herrscher ihrer Völker und Städte wären. Cortés ließ sie, mit Ketten und Eisenbändern gefesselt, in den Thronsaal bringen. Er

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