Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
wird, der gerade so gelebt und gesündigt hat wie er selbst? Wie könnt Ihr erwarten, Don Hernando, dass ich einen Gott verehre, dessen Botschaft von Lügnern und Betrügern verkündet wird?«
    Cortés erhob sich vom Thron und begann, im Saal auf und ab zu gehen. Sein Gesicht war grau und von kalter Wut verzerrt. »Seid Ihr fertig mit Eurer Aufzählung von Irrtümern und Verdrehungen?«, fragte er und blieb vor Montezuma stehen, die Brust gewölbt und das Kinn hervorgereckt.
    »Noch nicht ganz.« Der Aztekenherrscher richtete seine Augen auf mich. »Auch du warst nicht ehrlich zu mir, aber ich vergebe dir, Orteguilla«, sagte er. »Du hast nur getan, was dein Herr dir befohlen hat. Obwohl es mich kränkt, dass auch du mich für dumm und blind zu halten scheinst: Natürlich weiß ich seit Langem, dass du eine kleine Geliebte hast, die sich als tlaxcaltekische Sklavin ausgibt – und dass es in Wirklichkeit das Mädchen Carapitzli ist, das damals zu den Ringelblumen-Verschwörerinnen gehörte! Anfangs glaubte ich«, wandte er sich wieder an Cortés, »dass Ihr den alten Xochiquetal-Kult wiederbeleben und die Kleine als Hohepriesterin einsetzen wolltet. Aber auch dass Ihr der wiedergekehrte Quetzalcoatl wäret, stellte sich schließlich als Lüge heraus – und so ist von all Eurer scheinbaren Herrlichkeit nicht viel übrig geblieben, mein falscher Bruder. Meine Zauberer vermochten gegen Euch nichts auszurichten, und Eure Waffen sind den unseren überlegen, aber das ist auch schon alles. Wenn euresgleichen letzten Endes den Sieg davontragen sollten, dann allein aus diesem Grund: weil ihr im Morden besser seid als wir.«
    Montezuma erhob sich gleichfalls vom Thron seines Vaters, legte seine Hände wie zum Gebet aufeinander und streckte sie Cortés entgegen. »Und nun schlagt mich in Fesseln oder tötet mich oder was immer Ihr glaubt, mit mir beginnen zu müssen. An Eurem Schicksal wird es nichts mehr ändern, mein falscher Bruder – Narváez ist mit Tausend Bewaffneten auf dem Weg hierher.«
- 2 -
    Nach diesen schockierenden Eröffnungen beriet sich Cortés lange mit seinen Vertrauten und einigen weiteren Hauptleuten aus seinem engeren Kreis. Sie beschlossen, als Erstes einen zuverlässigen Kundschafter ins Tiefland zu schicken, um herauszufinden, was dort unten tatsächlich vorging. Tapia wurde ausgewählt und der »Würdevolle« legte die ganze Strecke bis Vera Cruz in dreieinhalb Tagen zurück. Tagsüber marschierte er, nachts ließ er sich in einer Hängematte von tlaxcaltekischen Dienern tragen. Als er nach neun Tagen wieder in Tenochtitlan eintraf, war er so erschöpft, dass er nur gerade noch Bericht erstatten konnte, ehe er für zwei Tage und Nächte im Schlaf versank.
    Was er in Erfahrung gebracht hatte, war so beunruhigend, dass bei uns niemand mehr an Schlaf auch nur denken konnte. Narváez hatte sich tatsächlich mit seinem gewaltigen Heer in Bewegung gesetzt und näherte sich von Süden her dem Land der Totonaken. Als Tapia in Vera Cruz eingetroffen war, hatte Sandoval erst wenige Tage vorher durch totonakische Späher von der Ankunft der Flotte erfahren, die Gouverneur Velazquez ausgesandt hatte. Narváez’ Streitmacht war offenbar bestens ausgerüstet – mit zahlreichen Feldgeschützen, wenigstens dreißig Pferden und einer ganzen Garnison von Armbrustschützen.
    Sie beratschlagten lange, was sie gegen Narváez unternehmen könnten. »Wir müssen uns irgendwie mit ihm verständigen«, sagte Alvarado – und ich erschrak, als ich die Angst in seinemGesicht sah. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass der »Durchtriebene« sich so kleinmütig zeigen könnte. Und doch war es so, das spürte ich – und er war keineswegs der Einzige, der den Mut verlor.
    »Ich kenne Narváez«, sagte unser Herr. »Die einzige Sprache, die er versteht, ist das Schwert.« Er saß auf dem Thron, das Kinn vorgereckt. Auf Marinas Rat hin hatte er den Aztekenherrscher nicht bei den anderen Vasallenfürsten im Palastkeller eingekerkert, sondern in Montezumas Privatgemächern im dritten Obergeschoss gefangen gesetzt. Doch er hatte angeordnet, dass Montezumas Diener und Ratgeber nicht mehr zu ihm vorgelassen werden durften, so wenig wie seine Priester und Offiziere – vor allem nicht sein Bruder Cuitláhuac. »Und ich kenne auch einige von Pànfilos sogenannten Hauptleuten«, fuhr er fort. »Diese Männer haben wenig Kampferfahrung und sehr viel Hunger auf Gold.«
    Er befahl, ein Pferd mit Säcken voll kleiner

Weitere Kostenlose Bücher