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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Goldstücke zu beladen und vier Bataillone von jeweils fünfzig Mann zusammenzustellen. Auch zwei Kanonen und die Hälfte unserer tlaxcaltekischen Verbündeten würde er mitnehmen. Außerdem würde er einen Boten nach Vera Cruz schicken, damit Sandoval mit seinen waffenfähigen Männern fünfundzwanzig Meilen vor Cempoallan zu ihm stieß.
    Unter dem Kommando von Alvarado sollten die restlichen knapp Hundert unserer Männer hier im Palast bleiben und unsere Stellung verteidigen. »Mit einem Keller voll königlicher Faustpfänder müsstest sogar du das schaffen, Pedro«, scherzte unser Herr. »Aber schau nicht so düster, sonst untergräbst du die Moral. Sieh dir nur Orteguilla an!«, fügte er hinzu und zeigte anklagend auf mich. »Er macht ein Gesicht, als ob gleich die Sonne vom Himmel fallen würde!«
    Er trat zu mir und ergriff mein Handgelenk. »Sage uns, du Ergründer der Herzen«, befahl er mir, »wird es mir gelingen, Narváezzu besiegen – auch wenn er viermal so viele Soldaten unter Waffen hat wie ich?«
    Ich reckte mein Kinn vor und starrte durch ihn hindurch. »Ihr werdet ihn besiegen, Herr«, antwortete ich. Aber was danach kommt, könnt auch Ihr nicht abwenden, setzte ich in Gedanken hinzu.
    Unser Herr ließ mein Handgelenk los. »Du bleibst hier bei Alvarado!«, befahl er mir. »Kümmere dich um Montezuma, achte darauf, dass er keinerlei Boten aussendet oder empfängt!« Er legte mir seinen Arm um die Schultern und zog mich ein paar Schritte beiseite. »Und pass auf«, fügt er mit gedämpfter Stimme hinzu, »dass Don Pedro nichts Unbedachtes anstellt!«
    Ich schluckte und nickte. Wie um Himmels willen sollte ich den »Durchtriebenen« daran hindern zu tun, wonach ihm gerade der Sinn stand? »Ja, Herr«, murmelte ich, »ich werde alles so ausführen, wie Ihr es wünscht.«
    Am 3. Mai brach unser Herr mit seiner Streitmacht auf. Sie zogen über den breiten Dammweg in Richtung Süden und vom First der Großen Pyramide aus sah ich den lang gezogenen Heerwurm noch bis zur Höhe von Coyoacan in der Sonne schimmern. Dann verlor ich sie aus den Augen – Cortés und Fray Bartolomé, Diego, den »Würdevollen« und viele andere, die mir trotz allem ans Herz gewachsen waren. Auch Marina zog mit ihnen fort, ebenso die beiden Franciscos, die unser Herr gegen Alvarados Rat eingeweiht hatte: Gerade weil sie Velazquez so lange die Treue gehalten hatten, würde es Narváez’ Männer beeindrucken, dass Morla und Montejo nun fest auf seiner Seite standen. Das hatte zumindest Cortés verkündet, und wie jedes seiner Worte hatte es mich mit Zuversicht erfüllt, solange unser Herr noch bei uns war. Doch kaum war er aus der Stadt, da begann auch in mir die Angst emporzukriechen.
    Fast zwei Wochen sind seitdem vergangen und Alvarado hat noch immer keine Nachricht von Cortés. Zumindest hat er dasnoch gestern Mittag behauptet, als wir alle beim Essen beisammensaßen. Da fragte ich ihn, ob er Neuigkeiten von der Küste habe, und Alvarado schüttelte den Kopf und starrte dann nur noch schweigend vor sich auf den Tisch.
    Wie seit Tagen dröhnten die Trommeln vom Platz zu uns herein. Dazu die Axt- und Hammerschläge, mit denen sie da draußen die Pfähle anspitzten und in kreisrunde Aussparungen im Boden trieben. Auch auf der Pyramide hatten die Götzenpriester mit ihren Muscheltrompeten wieder das Regiment übernommen. Schon vor Wochen hatte Montezuma unseren Herrn gefragt, ob sie für das große Huitzilopochtli-Fest das Bildnis ihres wilden Kriegsgötzen noch einmal auf der Pyramide aufstellen dürften – nur für diesen einen Tag. Doch Cortés hatte abgelehnt und Montezuma überdies daran erinnert, dass er keinerlei Menschenopfer dulden werde.
    »Vielleicht habt Ihr ja doch Nachricht von unserem Herrn, Don Pedro«, beharrte ich unklugerweise, »und wollt uns nur nicht beunruhigen?«
    Alvarado hob ruckartig seinen Kopf und starrte mich an. In seinem Gesicht konnte ich keine Spur seiner alten Verschlagenheit mehr entdecken, nur noch dumpfe Angst und dunklen Zorn. »Du bezichtigst mich der Lüge, Junge?«, fuhr er mich an. »Wärst du ein Mann, ich würde dir mit dem Schwert dein Schandmaul stopfen!«
    Alle starrten mich an. Was sollte ich nur tun? Cortés hatte mir befohlen, auf Alvarado mäßigend einzuwirken – und ich spürte nur zu genau, dass der »Durchtriebene« drauf und dran war, etwas ganz und gar Unbedachtes zu tun. Also konnte ich auch nicht einfach klein beigeben – selbst auf die Gefahr hin, dass er mich

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