Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
zu verbergen. Die Vorstellung, dass wir mit ein paar Hundert Kämpfern versuchen könnten, ihre Festung zu überrennen, reizt sie offenbar zum Lachen.
    Mir dagegen werden die Knie weich vor Angst. Ich kenne meinen Herrn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er diese Drohung ernst meint.
    »Und jetzt geht!«, befiehlt Cortés den Indianern und deutet über den Rio Grijalva nach Potonchan hinüber.
    Diese Worte muss Aguilar nicht einmal mehr übersetzen. Die Indianer schieben ihr Kanu in den Fluss zurück, springen hinein und sind im nächsten Moment von der Dunkelheit über dem Fluss verschluckt.
    »Die stinkenden Wilden halten uns doch zum Narren!«, ruft Portocarrero aus. Obwohl er seine Stimme zu dämpfen versucht, klingt es, als ob Eisenkugeln über eine steinerne Fläche rollen würden. »Nachher werfen sie uns dann noch mal fünf Truthahnkeulen hin und, wenn du Glück hast, drei Goldkrümel als Gewürz!«
    Cortés macht eine dämpfende Handbewegung. »Du hast schon recht, Alonso«, sagt er. »Es wird Zeit, dass wir ihnen ein wenig Beine machen.«
    Er bedeutet Aguilar durch einen Wink, dass er sich entfernen soll. Als sein Blick auf mich fällt, bin ich schon darauf gefasst, dass er mich gleichfalls wegschicken wird. Doch zu meinem Erstaunen winkt unser Herr mich näher zu sich heran.
    »Orteguilla«, sagt er mit jenem stillen Lächeln, das nur seine Lippen kräuselt, »es ist gut, dass du schon auf bist. Du wirst Sandovalund etliche seiner Männer begleiten. Dorthin, wo ihr mit Alvarados und Avilas Truppen zusammentreffen werdet.«
    Ich vergesse beinahe zu atmen – vor Freude über diese Auszeichnung, aber fast mehr noch vor Schreck. »Bitte hört mich an, Herr«, wende ich ein und die Stimme droht mir zu versagen. »Ich bin Euch überaus dankbar, dass Ihr solches Vertrauen in mich setzt. Aber Ihr wisst ja, ich besitze keine Rüstung, und mein Schwert ist auf der Santa Maria geblieben.«
    Doch Cortés hat sich schon abgewendet. »Sandoval wird dir alles erklären«, sagt er noch, dann geht er mit raschen Schritten zu den Hütten zurück und lässt mich mit Portocarrero und Sandoval allein.
    »Eine Rüstung, Junge?«, ruft der »Dröhnende« aus und schlägt mir auf die Schulter, dass ich beinahe zusammenbreche. »Sei froh, dass du keine eisernen Hosen hast! Und außerdem: Wie soll man mit so einem scheppernden Panzer über die verdammte Mauer klettern?«
    »Über die Mauer?«, wiederhole ich, und im gleichen Moment wird mir klar, auf welche Weise sie den Indianern »Beine machen« wollen. »Ihr wollt heimlich in die Indianerstadt eindringen, Don Gonzalo?«, frage ich Sandoval.
    Der »Tollkühne« legt mir eine Hand um die Schultern und zieht mich mit sich, weiter flussaufwärts am Ufer entlang. »Ob heimlich oder unheimlich, muss sich zeigen«, sagt er leise lachend, wendet sich kurz zu Portocarrero um und hebt grüßend die Hand. »Hab keine Bange, Junge«, fährt er fort, »ich passe schon auf dich auf. Und du sollst auch nicht als Kämpfer mitgehen – Männer, die das Schwert zu führen verstehen, habe ich genug. Cortés will, dass du dich dort so aufmerksam umsiehst, wie nur du das vermagst.«
    Einige Dutzend Schritte jenseits unseres Lagers warten zwei der großen Karavellen-Beiboote am Ufer. Mindestens dreißig Männer sitzen darin, und kaum sind wir eingestiegen, legen dieBoote auch schon ab. Die Ruder knarren, das Flusswasser gurgelt, sonst ist kaum ein Geräusch zu hören. Im Osten färbt sich der Himmel bleigrau.
    »Du weißt ja«, sagt mir Sandoval leise ins Ohr, »dass Alvarado einen Pfad suchen soll, auf dem man von hinten in die Stadt gelangen kann. Unterwegs hat er noch etwas anderes gefunden, das aber vielleicht fast genauso gut ist: eine Stelle, an der die Stadtmauer eingefallen ist. Dahinter sind nur Ruinen – keine bewohnte Hütte weit und breit. Dort gehen wir hinein – du wirst schon sehen.«
    Dort gehen wir hinein … Die Worte hallen in meinem Innern nach. Ich will den »Tollkühnen« fragen, was um Himmels willen wir machen sollen, wenn wir da drinnen von Indianern bemerkt werden. Sie haben doch angekündigt, jeden von uns zu töten, den sie in ihrer Stadt aufgreifen! In höchstens einer halben Stunde ist es hell, und was dann? Aber ich getraue mich nicht, die Stille mit meinen ängstlichen Fragen zu durchbrechen.
    Kaum fünf Minuten später legen wir am rechten Flussufer an. Wir springen auf die schlammige Böschung hinaus und jeweils acht unserer Männer schieben und ziehen

Weitere Kostenlose Bücher