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Goldfinger

Titel: Goldfinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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diesem ttema je erschienen war. Bond hoffte, das Buch nach seiner Fertigstellung und mit Ms Einverständnis der kleinen Zahl von Secret-Service-Diensthandbüchern einzugliedern.
    Bond hatte sich die Originale beziehungsweise die Archivübersetzungen zusammengeborgt. Meist waren es Beutestücke von feindlichen Agenten, einige stammten von Schwesterorganisationen wie der amerikanischen OSS und CIA sowie vom französischen Deuxième. Das Buch, das er gerade studierte, war ein besonders wertvolles Stück, der übersetzte Titel lautete »Verteidigung«, bestimmt für die Agenten von SMERSH, der sowjetischen Mordorganisation.
    Heute nacht war er bis zu Kapitel zwei gekommen: »Mitnahme- und Gewahrsamsgriffe.« Nun nahm er sich die Abschnitte »Handgelenksmitnahme«, »Armfesselmitnahme«, »Unterarmfessel«, »Kopffessel« und »Druckpunkte am Hals« vor.
    Nach einer halben Stunde hatte er genug, trat ans Fenster und sah hinaus. Die plumpe Ausdrucksweise der Russen war ekelhaft. Er empfand ebensolchen Abscheu wie vor zehn Tagen in Miami Airport. Was war mit ihm los? Hielt er es nicht mehr durch? Machte er schlapp, oder war er nur überdreht? Eine Weile sah er den unterm Mond dahinjagenden Wolken zu. Wieder am Schreibtisch, entschied er, daß er von all den Arten körperlicher Gewaltanwendung ebenso genug hatte wie ein Psychoanalytiker von den Komplexen seiner Patienten.
    Nochmals las er die widerliche Stelle: »Mit einer Betrunkenen wird man leicht fertig, wenn man ihre Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und umdreht. Sie wird dem Zug gehorchen und mitkommen.«
    Bond steckte sich eine Zigarette an, starrte ins Licht und wünschte einen Anruf herbei, um auf andere Gedanken zu kommen. Noch fünf Stunden bis zum NeunUhr-Bericht beim Leiter des Stabes oder bei M, falls der so früh da sein sollte. Irgend etwas ließ ihm keine Ruhe mehr. Was war es nur? Daumen, Zeigefinger
    - Goldfinger! Mal sehen, ob das Archiv irgend etwas über ihn hatte!
    Er hob den grünen Hörer ab, wählte »Archiv« und gab seinen Wunsch durch.
    »Im Moment sagt mir der Name nichts. Ich rufe zurück.«
    Bond legte auf.
    Die Bahnfahrt war herrlich gewesen. Erst die Sandwiches und der Champagner, dann die Liebe: lang und ausgiebig auf dem schmalen Lager, zum Rhythmus der gewaltigen, meilenfressenden Diesel. Hungrig nach körperlicher Liebe, hatte sie in jener Nacht noch zweimal zart und schweigend nach ihm verlangt und tags darauf zweimal den Rollvorhang herabgezogen, seine Hand genommen und um Liebe gebettelt. Noch jetzt hatte Bond das helle Läuten der vorübersausenden Bahnübergänge im Ohr, das tiefe Geheul des Signalhorns weit vorne, den verworrenen Lärm, der vom Bahnsteig hereindrang.
    Goldfinger habe seine Niederlage ruhig hingenommen, hatte Jill berichtet; er lasse Bond durch sie lediglich bestellen, daß er innerhalb einer Woche in England sein und dann in Sandwich gern die vereinbarte Golfpartie austragen würde. Sonst nichts, weder Drohungen noch Flüche. Jill erwarte er mit dem nächsten Zug zurück, und sie werde fahren. Bond wollte es nicht zulassen, doch sie hatte keine Angst. Was konnte Goldfinger ihr schon anhaben? Und die Stellung war gut.
    Bond schenkte ihr die zehntausend Dollar, die der freudestammelnde Du Pont ihm aufgezwungen hatte. Sie wollte nicht annehmen, doch er hatte sie überredet, das Geld für den Notfall zurückzulegen. Dann hatte er sie zur Bahn gebracht, noch einmal heftig geküßt und war gegangen. Es war nicht Liebe gewesen. Sünde? Bond mußte lächeln. Wie hieß es bei Augustinus? »Herr, gib mir Keuschheit. Doch gib sie nicht sofort.«
    Der grüne Apparat klingelte. »Wir haben da drei Goldfingers, Sir, zwei davon tot. Der dritte ist ein russischer Agent in Genf. Betreibt einen Friseursalon und steckt den Kunden die Nachrichten in die Manteltasche. Verlor bei Stalingrad ein Bein. Ist er das, Sir? Es steht noch eine Menge über ihn da.«
    »Danke, aber der kann’s nicht sein.«
    »Wir könnten morgen früh noch im CID-Archiv nachsehen lassen. Haben Sie ein Foto von ihm, Sir?«
    Bond erinnerte sich an seine Leica. Er hatte den Film noch nicht einmal entwickeln lassen. »Ist der Identicast-Raum frei?« fragte er. So würde es schneller gehen.
    »Ja, Sir. Ich kann den Apparat für Sie bedienen.«
    »Danke, ich komme gleich hinunter.«
    Nachdem er der Vermittlung Bescheid gegeben hatte, fuhr Bond ins Archiv hinunter. Der Bau war erfüllt vom Gesumm der Nacht: gedämpftes Maschineschreiben, ein an- und

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