Goldfinger
Bande festsetzen würde, so daß keiner entkommen konnte . . . Würden sie Bonds Bedingungen annehmen oder es nicht wagen, das Risiko einzugehen? Hatten sie über den Atlantik mit M gesprochen? Hatte M darauf bestanden, daß man Bond noch irgendwie heraushauen müsse? Hatte er ihn aufgegeben? Es galt auch, sich der beiden »Japaner« zu versichern, um den Wortlaut der Kode-Botschaft aus ihnen herauszuprügeln, auf die Goldfinger am Tage vor der Operation warten würde!
Ging es so vor sich, oder herrschte ein großer Wirrwarr? War Leiter vielleicht gerade irgendwo unterwegs? »Wer ist oo7? Was soll das heißen! Irgendein verrückter Lümmel. He, Smith, gehen Sie bitte der Sache nach! Fahren Sie zu dem Lagerhaus und sehen Sie sich um! Tut mir leid, Mister, aber mit den fünf Tausendern ist es nichts. Da haben Sie das Geld für die Rückfahrt. Fürchte, Sie sind reingefallen.«
Oder, noch ärger, war gar nichts geschehen? Stand das Flugzeug ohne Wartung auf dem Flugplatz herum? Tag und Nacht quälten Bond solche Gedanken, während er seine Arbeit verrichtete, die Stunden vorübertickten und die tödliche Maschinerie weiterlief.
Der Stichtag kam heran und verflog in letzter, fieberhafter Geschäftigkeit. Endlich, abends, kam eine Notiz von Goldfinger: Erste Phase der Operation erfolgreich. Verladen wie geplant um Mitternacht. Kopien aller Karten, Zeitpläne und Einsatzbefehle mitbringen. G.
In geschlossener Gruppe, mit Bond und Tilly Masterton in der Mitte - er in weißem Ärztemantel, sie in Schwesterntracht -, begab sich Goldfingers Abteilung rasch durch die fast leere Halle des Pennsylvania-Bahnhofs zu dem wartenden Sonderzug. Alle, auch Goldfinger, trugen die übliche weiße Kleidung und die Armbinde des Sanitätskorps. Der schwach erhellte Bahnsteig war voll von den wartenden Gestalten des Gangsteraufgebots. Das gespannte Schweigen paßte durchaus zu einem Katastropheneinsatz. Die Tragbahren und Entgiftungsanzüge, die in die Abteile verladen wurden, erhöhten noch die Dramatik des Bildes. Der Bahnhofsvorstand sprach ruhig mit den vorgesetzten Ärzten in Gestalt von Midnight, Strap, Solo und Ring. Daneben stand Miss Galore mit einem Dutzend blasser Schwestern, die gesenkten Blickes warteten, als stünden sie neben einem offenen Grab. Ohne Schminke, ihre exotischen Frisuren unter Rotkreuzhauben verborgen, wirkten sie, wie sie sollten: pflichtgetreu, barmherzig, der Linderung menschlichen Leidens ergeben.
Sobald der Vorstand Goldfinger und seine Abteilung kommen sah, eilte er ihnen entgegen. »Dr. Gold?« Sein Gesicht war ernst. »Ich fürchte, die Nachrichten, die durchgekommen sind, sind nicht gut! Heute abend wird alles in den Zeitungen stehen. Alle Züge in Louisville aufgehalten, keine Antwort aus Fort Knox. Aber wir werden Sie gut hinbringen. Allmächtiger Gott, Herr Doktor! Was ist dort los? Leute, die aus Louisville herüberkamen, sprachen davon, daß die Russen dort etwas aus der Luft versprühen. Natürlich glaube ich nicht an solches Zeug! Aber was kann es sein? Lebensmittelvergiftung?«
Goldfinger sagte würdevoll-freundlich: »Mein Bester, eben das müssen wir herausfinden, deshalb fahren wir ja hin. Wenn Sie aber meine Ansicht hören wollen, aber bitte, es ist nur eine Vermutung, dann ist es eine Art Schlafkrankheit.«
»So, glauben Sie?« Der Vorstand war beeindruckt. »Also, Herr Doktor, wir sind alle sehr stolz auf Sie und Ihre Leute vom Katastrophendienst.« Er streckte die Hand aus, Goldfinger drückte sie. »Viel Glück, Herr Doktor! Und jetzt werde ich den Zug so rasch wie möglich abfertigen.«
»Alles einsteigen!«
Bond befand sich in einem Pullman mit Tilly Masterton auf der anderen Seite des Mittelgangs und den Koreanern und Deutschen um sie herum. Goldfinger saß vorn im Wagen und unterhielt sich gut gelaunt mit seinen Unterführern. Jetzt kam Miss Pussy Galore vorbei. Sie achtete nicht auf Tilly Mastertons erhobenes Gesicht, sondern sah Bond fragend an. Türen schlugen zu. Pussy Galore blieb stehen, stützte sich auf die Rückenlehne gegenüber Bond und sah auf ihn herab. »Hallo, Süßer. Lang nicht gesehen. Der Onkel läßt Sie nicht viel von der Leine.«
Bond gab zurück: »Hallo, Schöne, die Tracht steht Ihnen gut. Ich fühle mich sehr schwach, wie war’s mit einer kleinen Betreuung?« Die dunkelvioletten Augen blickten ihn prüfend an. Leise sagte sie: »Wissen Sie was, Mr. Bond? Ich hab’ das Gefühl, irgendwas stimmt nicht mit Ihnen. Ich frage mich, was Sie und die Puppe
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