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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Rechen. Motorgeräusche ließen vermuten, daß irgendwo außer Sichtweite Zweige gestutzt wurden. Die Luft roch nach Mulch und Eukalyptus. Es war weder jemand von der Durchsuchungsmannschaft zu sehen, noch stand ein uniformierter Polizist vor der Haustür. Im Grunde war also der Alltag wieder eingekehrt.
    Christie mußte zum Fenster hinausgesehen haben, womöglich in der Hoffnung, daß Donovan käme. Noch bevor ich ausgestiegen war, stand sie schon auf der Veranda. Nun kam sie die Stufen herunter und eilte auf mich zu. Sie trug ein weißes T-Shirt und einen dunkelblauen Wickelrock und hatte die Arme wie zum Schutz vor der Brust verschränkt. Der Glanz ihrer dunklen Haare war zu einer stumpfen Patina verblaßt wie billiges Bohnerwachs auf einem Hartholzboden. Ihr Gesicht zeigte wenig von ihren Gefühlen, bis auf eine dünne Falte, die zwischen ihren Augen erschienen war. »Ich habe den Wagen kommen hören und gedacht, es könnte Bennet oder Donovan sein. Mein Gott, ich bin ja so froh, Sie zu sehen. Allein werde ich hier langsam wahnsinnig.«
    »Haben Sie Donovan immer noch nicht erreicht?«
    »Ich habe ihm eine Nachricht im Büro hinterlassen und gesagt, daß es dringend ist. Ich wollte aber seiner Sekretärin nicht unsere ganzen Geschichten erzählen. Ich habe die ganze Zeit neben dem Telefon gesessen, aber bis jetzt kein Wort von ihm gehört. Und wer weiß, wo Bennet ist. Was ist mit Lonnie Kingman? Haben Sie ihn gesprochen?«
    Ich berichtete ihr von Lonnies Plänen. »Hat die Polizei die Versiegelung des Zimmers aufgehoben?«
    »Noch nicht. Ich wollte sie danach fragen, als sie heute morgen aufgetaucht sind. Ich dachte, sie kämen, um hier irgend etwas zu erledigen. Fotos machen oder Möbelstücke ausmessen oder sonst etwas. Ich hätte nie gedacht, daß sie gekommen wären, um jemanden zu verhaften. Ich wünschte, Sie hätten Jack sehen können. Er ist fast gestorben vor Angst.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Und Sie? Wie halten Sie sich aufrecht?«
    »Ich bin total zappelig. Und fassen Sie mal meine Finger an. Sie sind eiskalt. Ich ertappe mich dabei, wie ich hin und her laufe und immer wieder Selbstgespräche führe. Es ist alles so unwirklich. Wir mögen ja Probleme haben, aber wir bringen uns nicht gegenseitig um. Das ist doch lächerlich. Ich begreife überhaupt nicht, was los ist. Es war alles in Ordnung, und jetzt das.« Sie schien zu erschauern, nicht von der Kälte, sondern aus Anspannung und Angst. In Anbetracht von Jacks Verhaftung hatte sie offenkundig all ihre früheren Probleme verdrängt.
    Ich folgte ihr ins Haus. Die Eingangshalle wirkte frostig, und erneut mußte ich mich über ihre Schäbigkeit wundern. Ein Wandleuchter hing schief. Im Deckenlüster fehlten einige der flammenförmigen Birnen, während andere sich zur Seite neigten wie krumme Zähne. Die Wandbehänge, die Szenen von Grausamkeit und Ausschweifung darstellten, waren zwar echt, aber ausgebleicht und zerschlissen. Ich merkte, wie mein Blick unwiderstehlich von der Treppe angezogen wurde, doch der Treppenabsatz oben war leer, und ich vernahm kein ungewöhnliches Geräusch, das mir die Haare zu Berge hätte stehen lassen. Angesichts der Ereignisse der vergangenen Tage war das Haus merkwürdig still. Diese Leute schienen keine Freunde zu haben, die mit Hilfsangeboten herbeieilten. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß irgend jemand gekommen wäre oder angerufen hätte, um zu fragen, ob er oder sie irgend etwas tun könnte. Vielleicht luden die Maleks nicht gerade zu solchen Vertraulichkeiten ein. Was auch immer der Grund dafür war, es hatte jedenfalls den Anschein, als müßten sie ohne den Trost von Freunden auskommen.
    Christie redete immer noch und berichtete von Jacks Verhaftung. Mir ist aufgefallen, daß Menschen dazu neigen, unaufhörlich zu schwatzen, wenn sie verstört sind. »Als ich Detective Robb vor der Tür stehen sah, dachte ich, sie wollten uns lediglich etwas Neues mitteilen, und dann haben sie gefragt, ob Jack zu Hause sei, und ich habe mir immer noch nichts dabei gedacht. Ich weiß nicht einmal, was als nächstes passieren soll.«
    Wir gingen in die Bibliothek, wo ich mich in einen Clubsessel sinken ließ, während Christie unruhig auf und ab ging. Ich sagte: »Das wird wohl davon abhängen, was man ihm vorwirft und ob eine Freilassung gegen Kaution möglich ist. Wenn er erst einmal registriert ist, hat der Bezirksstaatsanwalt vierundzwanzig Stunden Zeit, seinen Fall zu bearbeiten. Jack muß innerhalb von

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