Goldgrube
achtundvierzig Stunden — Sonn- und Feiertage natürlich ausgenommen — zur Anklage vernommen werden. Heute haben wir was, Donnerstag? Sie werden ihn vermutlich heute oder morgen dem Haftrichter vorführen.«
»Zur Anklage vernommen werden? Was soll das heißen? Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der schon einmal verhaftet wurde, und erst recht nicht unter Mordverdacht.«
»Die Vernehmung zur Anklage ist der Vorgang, bei dem ihm offiziell erklärt wird, was man ihm zur Last legt. Sie bringen ihn ins Gericht und identifizieren ihn als die Person, die im Haftbefehl genannt ist. Dann erläutert man ihm, welche Beschuldigungen gegen ihn erhoben werden, und zum Schluß fragen sie ihn, ob er sich schuldig oder nicht schuldig bekennt oder die Aussage verweigert.«
»Und was dann?«
»Das ist Lonnies Sache. Wenn er die Beweislage für schwach hält, verlangt er eine Voruntersuchung ohne weiteren Aufschub. Das heißt, daß sie Jack innerhalb von zehn Gerichtstagen — also zwei Wochen — zu einer Voruntersuchung holen müssen. Dabei sind der Staatsanwalt, der Angeklagte und sein Rechtsbeistand, der Gerichtsschreiber und der Leiter der polizeilichen Ermittlungen und so weiter anwesend. Die Zeugen werden vereidigt und ihre Aussagen zu Protokoll genommen. Am Ende stellt sich entweder heraus, daß gar kein Verbrechen begangen wurde oder es keinen hinlänglichen Grund zu der Annahme gibt, den Angeklagten für den Schuldigen zu halten, und dann wird er auf freien Fuß gesetzt. Wenn sich jedoch ausreichend Beweise dafür finden, daß das Verbrechen begangen wurde und genug darauf hinweist, daß der Angeklagte schuldig ist, bleibt er in Haft. Dann wird beim Superior Court formell Anklage gegen ihn erhoben, er reicht eine Klageerwiderung ein, und die Sache kommt zur Verhandlung. Meistens kommt noch eine ganze Menge Mist dazwischen, aber im großen und ganzen läuft es so ab.«
Sie unterbrach ihre rastlose Wanderung und wandte sich um, um mich entsetzt anzusehen. »Und Jack bleibt die ganze Zeit im Gefängnis ?«
»In einem Mordfall darf er nicht gegen Kaution freikommen.«
»O mein Gott.«
»Christie, ich bin selbst schon im Gefängnis gewesen. Es ist nicht das Ende der Welt. Die Gesellschaft ist zwar nicht so toll, und das Essen ist, was den Fettgehalt angeht, unter aller Kritik — he, kein Wunder, daß es mir geschmeckt hat«, fügte ich nebenbei hinzu.
»Es ist nicht witzig.«
»Wer macht denn Witze? Das ist die Wahrheit«, entgegnete ich. »Es gibt Schlimmeres. Jack mag es nicht gefallen, aber er wird’s überleben.«
Sie streckte den Arm aus und legte eine Hand auf den Kaminsims, um sich zu stützen. »Tut mir leid. Tut mir ehrlich leid. Ich wollte Sie nicht anschnauzen.«
»Setzen Sie sich lieber hin.«
Sie befolgte meinen Vorschlag und hockte sich auf die Kante des Sessels neben meinem. »Sie sind sicher aus einem bestimmten Grund gekommen. Ich habe nicht einmal gefragt, aus welchem.«
»Lonnie hoffte, Sie wüßten, wer an diesem Abend im Club war. Wir brauchen jemanden, der Jacks Anwesenheit auf der Golfer-Party bezeugen kann.«
»Das dürfte nicht allzu schwierig sein. Ich nehme an, die Polizei ist bereits dabei, die Leute vom Country Club zu befragen. Ich weiß nicht, was dabei herausgekommen ist. Heute morgen habe ich zwei Anrufe bekommen, darunter einen von Paul Trasatti, der meinte, er müsse mit Jack sprechen, und zwar möglichst rasch.«
»Waren sie am Dienstag abend zusammen?«
»Ja. Jack hat ihn abgeholt und ist mit ihm in den Club gefahren. Ich bin sicher, sie saßen am selben Tisch. Paul kann Ihnen die Namen der anderen acht Personen sagen, die mit ihnen am selben Tisch waren. Das ist alles so verrückt. Wie können sie im Ernst annehmen, daß Jack ein Verbrechen begangen hat? An diesem Abend müssen Unmengen von Leuten dort gewesen sein.«
»Was hat Paul für eine Nummer?«
»Ich weiß es nicht. Aber sie muß im Telefonbuch stehen. Ich gehe mal nachsehen.«
»Nur keine Umstände. Das kann ich gleich selbst tun. Wenn er Jacks Alibi erst einmal bestätigt, sind wir schon wesentlich weiter.«
Christie verzog das Gesicht. »>Alibi<. Mein Gott, ich hasse dieses Wort. >Alibi< legt doch den Schluß nahe, daß man schuldig ist und ein Märchen zusammengebastelt hat, um seinen Arsch zu retten.«
»Kann ich Ihr Telefon benutzen?«
»Es wäre mir lieber, Sie würden warten, bis Donovan oder Bennet anrufen. Ich möchte die Leitung freihalten, bis sie sich melden. Ich hoffe, es macht Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher