Goldgrube
geweigert hätte, für den Schaden aufzukommen.«
»Allerdings. Die Briefe waren an die fünfzigtausend Dollar wert. Damals hatte Dad gar nicht soviel Geld, und er hätte es auch nicht bezahlt.«
»Was ist mit den Briefen passiert? Hat Guy sie verkauft?«
»Das muß er wohl, denn soweit ich weiß, sind sie nie wieder aufgetaucht. Paul Trasatti kann Ihnen mehr darüber sagen. Sein Vater war der Gutachter, der nach dem Austausch hinzugezogen wurde.«
»Dann war er es also, der Mrs. Maddison die schlechte Nachricht überbrachte?«
»Genau.«
»Und was ist mit ihr passiert?«
»Sie war seit jeher eine 'Säuferin und hatte auch schon seit Jahren Tabletten geschluckt. Sie hat es nicht mehr lang gemacht. Vom Alkohol und den Zigaretten war sie fünf Jahre später tot.«
»Und Patty?«
»Das war schlimm. Im Mai desselben Jahres — also zwei Monate, nachdem Guy verschwunden war — stellte sich heraus, daß Patty schwanger war. Sie war erst siebzehn und wollte nicht, daß es irgend jemand erfährt. Sie hatte eine Menge psychische Probleme, und ich glaube, sie fürchtete, man werde sie in eine Anstalt bringen, was vermutlich auch geschehen wäre. Auf jeden Fall hat sie illegal abtreiben lassen und ist an einer Sepsis gestorben.«
»Was?«
»Sie haben mich schon richtig verstanden. Sie hatte eine sogenannte Flinterzimmerabtreibung — was verbreiteter war, als Sie glauben — bei irgendeinem Kurpfuscher in San Diego. Sie bekam Blutvergiftung und ist daran gestorben.«
»Sie machen wohl Witze.«
»Es ist die Wahrheit«, sagte er. »Wir haben Guy nicht grundlos die Hölle heiß gemacht. Ich weiß, daß wir in Ihren Augen nur ein Haufen feindseliger Blödmänner sind, aber mit dieser Geschichte haben wir leben müssen, und das war nicht leicht.«
»Warum wurde das bis jetzt nie erwähnt?«
»In welchem Zusammenhang denn? Die Sache kam nie aufs Tapet. Wir wußten alle, was geschehen war. Wir haben es unter uns besprochen, aber wir laufen nicht herum und waschen unsere dreckige Wäsche vor anderen Leuten. Meinen Sie, es macht uns Spaß zuzugeben, daß er daran beteiligt war?«
Ich grübelte darüber nach und starrte auf den vorbeifliegenden Straßenrand hinaus. »Es fällt mir wirklich schwer, das zu glauben.«
»Das wundert mich nicht. Sie möchten eben nicht glauben, daß Guy zu so etwas imstande war.«
»Stimmt, das möchte ich nicht«, sagte ich. »Guy hat mir erzählt, daß Patty in ihn vernarrt war. Er rechnete es sich als seine einzige gute Tat an, daß er sie nicht verführt hat, als er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Warum sollte er das behaupten?«
»Er wollte Sie eben beeindrucken. Liegt doch auf der Hand«, sagte er.
»Aber es gab keinen Anlaß dazu. Es war eine beiläufige Bemerkung, ein Thema, das er selbst angeschnitten hatte. Er hat es nicht weiter ausgeführt. Was sollte mich daran beeindrucken?«
»Guy war ein Lügner. Er konnte es nicht lassen.«
»Er mag ja damals ein Lügner gewesen sein, aber warum sollte er so viele Jahre später bezüglich dieses Mädchens eine Lüge erzählen? Ich kannte sie nicht. Ich habe ihn nicht um diese Auskunft bedrängt. Warum sollte er sich die Mühe machen, zu lügen, wenn er gar nichts davon hatte?«
»Hören Sie, ich weiß, daß Sie ihn mochten. Die meisten Frauen mochten ihn. Zu Beginn tut er euch leid. Ihr möchtet ihn beschützen. Ihr wollt nicht einsehen, daß er total verkorkst war. Genau diesen Scheiß hat er allen weisgemacht.«
»Das ist es nicht«, widersprach ich gekränkt. »Er hat sich einer intensiven Gewissensprüfung unterzogen. Er hat sein Leben Gott gewidmet. Es gab überhaupt keinen Grund dafür, ein Lügenmärchen über Patty Maddison zu erfinden.«
»Er war schwer damit beschäftigt, die Geschichte umzuschreiben. Das tun wir doch alle. Man bereut seine Sünden, und dann fängt man in der Erinnerung an, seine Vergangenheit zu bereinigen. Schon bald ist man davon überzeugt, daß man nicht annähernd so schlimm war, wie alle sagen. Die Bösen sind immer die anderen, aber man selbst hatte einen guten Grund für alles, was man getan hat. Natürlich ist das nichts als Schwachsinn, aber wer von uns erträgt es schon, sich selbst ins Gesicht zu sehen? Wir beschönigen. Das ist die menschliche Natur.«
»Sie sprechen von Guy Malek, wie er früher war. Nicht von dem, den ich kennengelernt habe. Ich kann nur sagen, daß es mir schwerfällt, mir vorzustellen, daß Guy das getan hat.«
»Sie kannten ihn nicht mal eine Woche und haben alles
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