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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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von Einzelkindern. Es war niemand mehr übrig.«
    »Was ist mit den Kopien der Dokumente passiert?«
    »Die Fälschungen wurden zerstört.«
    »Und die Originale?«
    »Die hat kein Mensch jemals wiedergesehen. Also, ich jedenfalls nicht. Sie sind in all den Jahren, seit ich im Geschäft bin, nie zum Verkauf angeboten worden.«
    »Wissen Sie, was das für Dokumente waren?«
    »Ich habe eine detaillierte Liste. Mein Vater hat akribisch Buch geführt. Möchten Sie sie sehen?«
    »Gerne.«
    Trasatti stand auf und ging an einen Einbauschrank hinüber. Ich konnte einen kurzen Blick auf einen Wandsafe und vier graue Aktenschränke aus Metall werfen. Darüber stand auf Borden eine Reihe altmodischer Karteikästen. »Irgendwann gebe ich das alles mal in den Computer ein.« Er schien genau zu wissen, wo er nachsehen mußte, und ich fragte mich, ob er das in jüngster Zeit schon einmal getan hatte. Er holte eine Karte heraus, musterte sie kurz und schloß die Schublade wieder. Er ließ den Schrank offenstehen und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Im Vorübergehen reichte er mir die Karteikarte. Die Katze war mittlerweile eingeschlafen und lag über meinen Knien wie ein Siebenkilosack heißer Sand.
    Es waren sechs Dokumente aufgelistet: eine gerahmte Mitgliedsbescheinigung der Society of Boston und ein Privatbrief, beides unterzeichnet von George Washington und auf 11 500 beziehungsweise 9 500 Dollar taxiert; eine gerichtliche Verfügung mit der Unterschrift von Abraham Lincoln, datiert im Dezember 1847 und auf 6500 Dollar geschätzt; ein Dokument aus Kriegstagen, unterschrieben von John Hancock und auf 5 500 Dollar geschätzt; ein zehnseitiger Auszug aus einem Original-Manuskript von Arthur Conan Doyle, taxiert auf 7 500 Dollar und ein von John Adams unterzeichneter Brief im Schätzwert von 9 000 Dollar.
    »Ich bin beeindruckt«, sagte ich. »Ich hatte keine Ahnung von seltenen Dokumenten, aber die hier scheinen ja sagenhaft zu sein.«
    »Sind sie auch. Die Preise, die Sie vor sich haben, sind zwanzig Jahre alt. Heute wären sie noch mehr wert.«
    »Wie ist denn Patty Maddisons Vater an solche Stücke gekommen?«
    »Das weiß niemand so genau. Er war ein Amateursammler. Ein paar hat er auf einer Auktion ersteigert, und die anderen — wer weiß? Er könnte sie genausogut gestohlen haben. Mein Vater hatte von ihnen gehört, aber Francis — Mr. Maddison — ließ sie ihn nie begutachten.«
    »Seine Witwe muß völlig verstört gewesen sein, daß sie sie einfach so herausgegeben hat.«
    Trasatti sagte nichts dazu.
    »Wie hat Guy von den Briefen erfahren?« wollte ich wissen.
    »Vermutlich hat Patty ihm davon erzählt.«
    »Warum sollte sie das tun?«
    »Was weiß ich? Aus Angeberei. Sie war plemplem. Sie hat alle möglichen merkwürdigen Dinge getan.«
    Ich sah, wie er einen Blick auf seine Uhr warf. »Haben Sie einen Termin?« fragte ich.
    »Es wäre mir wirklich recht, wenn wir jetzt zum Schluß kommen können. Ich muß mich an die Arbeit machen.«
    »Noch fünf Minuten, dann bin ich weg.«
    Trasatti rutschte unruhig hin und her, bedeutete mir aber weiterzureden.
    »Lassen Sie mich raten. Nichts davon kam ans Licht, bevor Guy sich davongemacht hatte, stimmt’s?«
    Trasatti sah mich unverwandt an, ohne mir beizupflichten.
    Ich war gezwungen weiterzumachen und fühlte mich wie Perry Mason bei einer Auseinandersetzung im Gerichtssaal, nur daß es bei mir nicht so gut lief, wie es bei ihm immer der Fall war. »Vielleicht war ja Jack derjenige, der Patty geschwängert hat. Ich habe gehört, Jack sei der Rammler gewesen. Guy zufolge hat er alles gebumst, was sich bewegt hat.«
    »Ich sage Ihnen doch, daß er auf dem College war. Er war nicht einmal hier«, wandte Trasatti ein.
    »Er war zur Beerdigung seiner Mutter und dann noch einmal in den Frühjahrsferien hier. Das war im März, oder nicht?«
    »Das weiß ich wirklich nicht mehr.«
    »Soweit ich weiß, hatte sich Guy damals schon aus dem Staub gemacht. Jack fühlte sich verraten. Er war am Boden zerstört, weil Guy ohne ihn verschwunden war, und so hat er sich vielleicht bei Patty getröstet. Zu diesem Zeitpunkt muß sie genauso anlehnungsbedürftig gewesen sein wie er.«
    Trasatti verzog nach wie vor keine Miene und hielt die Hände gefaltet auf dem Scheibtisch. »Sie werden mich nie so weit bringen, dazu einen Kommentar abzugeben.«
    »Jack hätte die Briefe gefälscht haben können. Sie beide waren befreundet. Ihr Vater war Gutachter. Sie hätten sich diesen Plan auch

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