Goldgrube
selbst einfallen lassen und Jack zeigen können, wie man es anstellen mußte.«
»Ich finde das beleidigend. Es ist nichts als Spekulation. Es besagt überhaupt nichts.«
Ich ging darauf nicht ein, obwohl er recht hatte. »Alles war ruhig, bis Guy wieder nach Hause kam.«
»Was sollte das für eine Rolle spielen?«
»Früher hat Guy immer die Schuld für die Sünden aller anderen auf sich genommen, also liegt doch auf der Hand, daß sich alle sicher fühlten, bis er wieder aufgetaucht ist.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Vielleicht war das Motiv für den Mord an Guy überhaupt nicht Geld«, sagte ich. »Vielleicht hat Jack nur versucht, sich selbst zu schützen.«
»Wovor? Ich begreife das nicht. Es steht rein gar nichts auf dem Spiel. Der Diebstahl hat vor siebzehn Jahren stattgefunden. Die gesetzliche Verjährungsfrist ist abgelaufen. Es ist keine Straftat mehr offen. Selbst wenn Ihre Vermutung zutrifft, ist Jack derjenige, der am Schluß mit dem Kopf in der Schlinge steckt. Sie haben gesagt, Sie seien hier, um ihm zu helfen, aber es fällt doch alles auf ihn zurück.«
»Wissen Sie was? Ich sage Ihnen die Wahrheit. Es kümmert mich einen Scheißdreck, was auf ihn zurückfällt. Wenn er schuldig ist, dann sei’s drum. Das ist nicht mein Problem.«
»Tja, das ist aber reizend. Soll ich den Telefonhörer abnehmen und Lonnie Kingman anrufen? Er wird von Ihrer Einstellung begeistert sein, genau wie Jack. Soweit ich weiß, zahlt er doch wohl Ihre Rechnungen.«
»Tun Sie das ruhig. Lonnie kann mich jederzeit feuern, wenn ihm nicht paßt, was ich mache.«
20
Ich hielt an einer Telefonzelle und rief bei Lonnie an, der mir den Gefallen tat zu lachen, als er den Bericht von meiner Unterhaltung mit Paul Trasatti hörte. »Vergiß es. Der Typ ist ein Arschloch. Er hat mich gerade am Telefon belabert, herumgejammert und sich über Belästigung beschwert. So ein Idiot.«
»Warum macht er sich solche Sorgen um Jack?«
»Vergiß Jack fürs erste. Um den kümmere ich mich. Sprich lieber mal mit Bennet. Ich habe ihn nicht erreicht. Allerdings habe ich läuten hören, daß er sich mit einem Anwalt berät, für den Fall, daß das scharfe Auge des Gesetzes sich als nächstes auf ihn richten sollte. Soweit ich gehört habe, hat er immer noch kein Alibi.«
»Tja, das ist aber interessant.«
»Ja, langsam werden die Leute nervös. Das ist ein gutes Zeichen«, sagte er. Er gab mir die Adresse von Bennets Restaurant, das in der Innenstadt in einer Seitenstraße der State Street lag. In der Umgebung befand sich ein Reifengeschäft, ein Minimarkt, ein Videoverleih und ein Billardsalon, in dem überhöhter Bierkonsum allein schon genügend Anlaß für Schlägereien bot. Parkplätze schienen nicht gerade reichlich zur Verfügung zu stehen, und man konnte sich nur schwer vorstellen, wo die Kundschaft für ein Restaurant herkommen sollte.
Offensichtlich war das Ladenlokal früher ein Einzelhandelsgeschäft gewesen, Teil einer Kette, die Konkurs angemeldet hatte. Das alte Schild hing noch draußen, aber das Innere war völlig leergeräumt worden. Die Räume waren höhlenartig und finster, und der Fußboden bestand aus nacktem Beton. Heizungsrohre und Strahlträger lagen offen da, ebenso wie sämtliche elektrischen Leitungen. Im hinteren Teil war ein Büro eingerichtet worden: Schreibtisch, Aktenschränke und Büromaschinen, die in einem grob gezimmerten Kabuff standen. Die Rückwand war allerdings massiv, und durch eine schmale Türöffnung konnte ich eine Toilette und ein kleines Waschbecken mit darüberhängendem Medizinschränkchen sehen. Es würde eine Menge Geld kosten, den Ausbau zu vollenden und das Lokal zum Laufen zu bringen. Kein Wunder, daß Bennet so scharf darauf gewesen war, das zweite Testament aufzutreiben. Wenn Guys Anteil zwischen seinen Brüdern aufgeteilt würde, wäre jeder von ihnen um mehr als eine Million reicher, was Bennet eindeutig gebrauchen konnte.
Zur Rechten befand sich ein riesiges Metalltor, das hochgerollt war und den Blick auf ein von Unkraut bewachsenes, unbebautes Grundstück freigab. Draußen herrschte grelles Sonnenlicht, das auf den zerbrochenen Flaschen glitzerte. Es war keine Menschenseele zu sehen, aber das Haus stand nach allen Seiten offen, und ich überlegte, ob wohl bald Bennet oder ein Bauarbeiter auftauchen würde. Während ich wartete, spazierte ich in den Büroraum und setzte mich an Bennets Schreibtisch. Der Schreibtischstuhl war wackelig, und ich malte mir aus, daß er
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