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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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den Singles-Markt an.«
    »So was wie ein Abschlepp-Schuppen?«
    »Aber mit Klasse«, sagte er. »Hier im Ort gibt es nicht viel Nachtleben. Wir wollen an den Wochenenden Tanzmusik bieten. Ich glaube, damit stoßen wir in eine Marktlücke. Dazu einen Koch aus New Orleans und alle lokalen Bands, die gerade angesagt sind. Wir müßten eigentlich Publikum bis aus San Luis Obispo anziehen.«
    »Klingt heiß«, sagte ich. Mittlerweile waren wir am Büro angekommen, und ich bemerkte, wie er einen Blick auf den Anrufbeantworter warf. Ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, da ich überlegte, wie ich das Gespräch am Laufen halten könnte. »Irgendwelche Probleme mit dem Parken?«
    »Überhaupt nicht«, antwortete er. »Wir pflastern das Grundstück nebenan. Momentan stehen wir noch in Verhandlungen. Dort ist Platz für dreißig Autos und auf der Straße für weitere zehn.«
    »Klingt gut«, sagte ich. Er wußte auf alles eine Antwort. Glatt wie ein Aal, dachte ich.
    »Ich reserviere Ihnen Freikarten für die große Eröffnung. Tanzen Sie gern?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Keine Sorge. Wir bringen Sie in Fahrt, und dann können Sie sich austoben. Ihre ganzen Hemmungen vergessen und richtig loslegen«, sagte er. Er schnippte mit den Fingern und ging in die Knie, was ungemein hip aussehen sollte.
    Was ich im Leben am allerwenigsten leiden kann, ist, wenn mich ein Typ dazu auffordert, »mich auszutoben« und »richtig loszulegen«, Das Lächeln, das ich ihm schenkte, war hauchdünn. »Ich hoffe, bis dahin ist diese Geschichte mit Jack geklärt.«
    »Allerdings«, sagte er gelassen, und seine Miene wurde entsprechend nüchtern. »Wie sieht es denn inzwischen aus?«
    »Er kann nicht nachweisen, wo er sich aufgehalten hat, und das ist ungünstig«, sagte ich. »Die Cops behaupten, sie hätten einen blutigen Abdruck seines Schuhs auf dem Teppich in Guys Zimmer gefunden. Ich will Sie nicht mit Einzelheiten langweilen. Lonnie bat mich, Sie zu fragen, wo Sie waren.«
    »An dem Abend, als der Mord geschah? Da bin ich in L. A. durch die Clubs gezogen.«
    »Sie sind nach Los Angeles und wieder zurück gefahren?«
    »Das mache ich oft. Ist doch keine Affäre. Anderthalb Stunden jede Strecke«, sagt er. »An diesem Abend war ich eine ganze Weile unterwegs.«
    »Hatten Sie eine Verabredung?«
    »Es war streng geschäftlich. Ich versuche, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was ankommt und was nicht, und teste Speisekarten. Und dann höre ich mir natürlich ein paar Bands aus L. A. an.«
    »Ich nehme an, Sie haben Kreditkartenquittungen, die das belegen.«
    Sein Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, daß ich ihn in diesem Punkt unvorbereitet getroffen hatte. »Ein paar vielleicht. Ich muß mal nachsehen, was ich habe. Ich habe hauptsächlich in bar bezahlt. Das ist einfacher.«
    »Wann sind Sie nach Hause gekommen?«
    »Gegen drei«, antwortete er. »Möchten Sie mit nach hinten kommen? Ich habe Bier kalt gestellt. Wir könnten etwas trinken.«
    »Danke. Es ist noch ein bißchen früh.«
    »Wo müssen Sie denn hin?«
    »Zurück ins Büro. Ich habe einen Termin«, sagte ich.

    Auf dem Rückweg ins Büro hielt ich an einem Feinkostgeschäft und besorgte Limonade und Sandwiches. Dietz hatte gesagt, er käme, sobald er mit seinen Recherchen fertig sei. Ich stellte die Getränke in den kleinen Kühlschrank in meinem Büro und warf meine Handtasche auf den Fußboden neben den Stuhl. Dann stellte ich die Tüte mit den Sandwiches auf den Aktenschrank und holte mir den Aktendeckel mit den Zeitungsausschnitten. Ich setzte mich auf meinen Drehstuhl und breitete meine Karteikarten, die maschinengeschriebenen Briefe und das Muster, das ich gerade auf Bennets Schreibmaschine getippt hatte, ordentlich nebeneinander aus. Solange eindeutige Lösungen fehlen, sollte man wenigstens einen systematischen Eindruck machen.
    Ich schaltete die Schreibtischlampe an und holte mein Vergrößerungsglas hervor. Der Schrifttyp war nicht der gleiche. Ich war enttäuscht, aber es überraschte mich nicht. Ich nahm Guys letzten Brief aus meiner Tasche und las ihn noch einmal durch. Abgesehen von seiner Einladung nach Disneyland, die ich sofort angenommen hätte, wurde mir klar, daß das, was ich vor mir hatte, im Prinzip ein eigenhändiges Testament war. Der Brief war komplett von Hand geschrieben, und im Postskriptum hatte er ausgeführt, was mit seinem Anteil vom Nachlaß seines Vaters geschehen sollte. Ich kannte zwar nicht sämtliche erforderlichen Voraussetzungen

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